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Virus zur Gen-Therapie  
  In fünf Jahren schon wollen Wissenschaftler ein künstliches Virus herstellen können. Dieser soll zur Gen-Manipulation neuer Pflanzen und Tiere beitragen oder zur Gen-Therapie gegen bestimmte Krankheiten dienen.  
Zeitplan: Fünf Jahre
Innerhalb der nächsten fünf Jahre könnte das erste völlig künstliche Virus schon Wirklichkeit werden. So zu hören von Clyde Hutchinson, Genetiker an der Universität von North Carolina, auf der weltgrößten Wissenschaftlertagung der American Association for the Advancement of Sience (AAAS) in San Francisco.

Die Forschergruppe um Hutchinson arbeitet als Teil des so genannten Minimal Genome Project am Institute for Genomic Research (TIGR) bei Washington.
Minimal Genome Project
Grundsätzlich sucht man dort nach der kleinstmöglichen Menge von Genen, die nötig ist, um einen einfachen Organismus am Leben zu erhalten. Eben dieses Projekt könnte irgendwann die nötigen Erkenntnisse liefern, um eine künstliche Lebensform zu erschaffen. Das wäre sehr wahrscheinlich ein Bakterium oder - noch einfacher - ein Virus.
->   Minimal Genome Project
Nur das Beste im Sinn...
Als Verwendungsmöglichkeit nennt der Wissenschaftler zum Beispiel das Aufspalten von Chemikalien im Falle einer Umweltkatastrophe. Es sei auch denkbar, mit Hilfe eines Virus nützliche Medikamentenbestandteile herzustellen, Organismen gentechnisch zu manipulieren oder Viren zur Gen-Therapie gegen bestimmte Krankheiten einzusetzen.

Bisher sei nicht bekannt, dass ein solches Verfahren bereits erfolgreich gewesen wäre, so Hutchinson.
Horrorvision Biowaffen
Man fühlt sich an Filme wie "Outbreak" oder "Twelve Monkeys" erinnert. Die Befürchtungen der Öffentlichkeit sind klar: Sollte eine solche Technologie missbraucht werden, dann drohen der Menschheit Biowaffen, gegen die es vielleicht keinen Schutz gibt.
Übertriebene Befürchtungen?
Auf der Konferenz wurde allerdings betont, dass das Thema "Synthetisches Virus" nicht überdramatisiert werden solle. Jonathan Moreno von der University of Virginia - Autor von Werken über Biowaffen - sagte, dass Schurkenstaaten oder kriminelle Gruppierungen sicher schon Zugang zu genügend Technologien der Zerstörung hätten.
Beispiel Milzbrand
"Ein synthetisches Virus erregt natürlich Besorgnis. Doch die Frage ist, ob wir überhaupt etwas schlimmeres entwickeln können als das in der Natur bereits Vorhandene. So wie auch schon versucht wurde, Milzbrand für Biowaffen zu nützen", so Moreno.

Der Begriff Mizbrand (auch engl. Anthrax) bezeichnet eine Erkrankung, die hauptsächlich bei Tieren auftritt. Namensgebend war die Beobachtung, dass bei erkrankten Tieren die Milz stark vergrößert und dunkel verfärbt ist. Eine Übertragung des Milzbrandes auf den Menschen ist möglich - und äußerst gefährlich: Lungen- und Darmmilzbrand führen ohne oder bei verspäteter Therapie meist innerhalb von 2-3 Tagen zum Tod.
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Schottische Insel noch heute verseucht
Im 2. Weltkrieg experimentierte das britische Militär mit dem Milzbranderreger Bazillus anthracis. Als Folge davon ist noch heute die schottische Insel Guida so verseucht, dass das Betreten lebensgefährlich und strikt verboten ist. Inzwischen besitzen allerdings eine Reihe von Staaten Kampfmittel auf Anthrax-Basis. Diese könnten in einem Krieg mit Hilfe von Granaten oder Raketen eingesetzt werden. In den USA werden daher Soldaten bereits gegen den Milzbranderreger geimpft.
->   Mehr Informationen bei britannica.com
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Die Axt: Zum Holfzällen - oder zum Töten
Daniel McGee von der Baylor Universität argumentierte am Beispiel der Axt: "Wir stellen Werkzeuge her. Die erste Axt könnte für landwirtschaftliche Zwecke verwendet worden sein - oder auch zum Töten! Zwar ist die Reichweite eines Virus größer, das moralische Dilemma ist jedoch das gleiche."

Über ein synthetisches Virus müsse man sich überdies nur sorgen machen, wenn es aus schlechten Motiven geschaffen würde, fügte Hutchinson hinzu.
Noch lange bis zum künstlichen Virus
Bis zur Produktion eines künstlichen Virus wird es allerdings noch dauern: Es sei immens schwierig, lange Abschnitte von Nukleinsäure (DNA und RNA) zu synthetisieren, sagte der Forscher.

Dass man dennoch ausgerechnet ein Virus erschaffen will, liegt vor allem an dessen - relativ gesehen - einfacher Struktur: Die kleinsten Viren haben nur wenige Tausend Basenpaare in ihrer DNA und sind von einer vergleichsweise einfachen Proteinhülle umgeben.
->   AAAS
 
 
 
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01.01.2010