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Ö1-Radiodoktor über das "erste Klonbaby"  
  Die Geburt des vermeintlich ersten Klon-Babys hat zuletzt für heftige Diskussionen gesorgt. Wer mit Experten über die Problematik reden möchte, hatte dazu am Montag im "Ö1-Radiodoktor" Gelegenheit.  
Eine Reihe ungelöster Probleme
Ist das Wettrennen um das erste Klonbaby entschieden? Mit der Bekanntgabe der Geburt des ersten geklonten Babys scheint die Chemikerin Brigitte Boisselier und das Unternehmen Clonaid den italienischen Fortpflanzungsspezialisten Severino Antinori geschlagen zu haben. Bisher blieb die Ufo-gläubige Boisselier jedoch einen Beweis für die Existenz des Klonbabys, in Form einer vergleichenden DNA-Probe, schuldig.

Trotzdem hat die Ankündigung eine hitzige Debatte in wissenschaftlichen Kreisen und einen Sturm der Entrüstung in der Gesellschaft ausgelöst. Denn abgesehen von ethisch-moralischen Fragen und Problemen sind auch längst nicht alle medizinischen und gesundheitlichen Schwierigkeiten, die auf einen geklonten Menschen zukommen können, abzusehen.
Chance zur Diskussion
Als "Chance zur Diskussion" sieht Johannes Huber, Reproduktionswissenschaftler und Gynäkologe am Wiener AKH sowie Vorsitzender der Bioethikkommission der Bundesregierung, die - teils widersprüchlichen - Ankündigungen über bevorstehende Geburten von Klon-Babys. "Europa kann jetzt beweisen, dass es nicht nur immer um Geld geht, sondern dass es auch eine Verpflichtung zu einer Werteordnung gibt", sagt Huber.

Huber war ebenso wie der Reproduktionsmediziner Markus Hengstschläger Gast im "Ö1-Radiodoktor" vom 13. Jänner 2003.
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Der Vorgang des Klonens
Einer Körperzelle des zu klonenden Individuums wird der Zellkern entnommen. Dieser wird sodann einer zuvor entkernten, befruchteten Eizelle eingesetzt. Der so geschaffene Embryo wird dann ausgetragen. Da sich im Zellkern fast das gesamte Erbmaterial befindet, wird aus der Eizelle - in die Gebärmutter einer Frau eingepflanzt - ein Lebewesen, das zum größten Teil mit jenem genetisch identisch ist, von dem der Spenderzellkern stammt.
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Fragwürdige Angaben?
Nach Angaben von Boisselier, die das Clonaid-Labor der Raelianer leitet, seien zehn Frauen geklonte Embryonen implantiert worden. Fünf von ihnen hätten Fehlgeburten erlitten, die anderen fünf Frauen seien wohlauf, einige von ihnen hätten ihre Kinder schon zur Welt gebracht.

Gerade diese Angaben sind es, die Reproduktionsmediziner wie Markus Hengstschläger von der Universitätsklinik für Frauenheilkunde an der Existenz des ersten Klonbabys stark zweifeln lassen. "Das wäre eine 100prozentige Implantationsrate und eine Erfolgsrate von 50 Prozent - das ist unglaubwürdig. Auch die Erfolgsrate ist mehr als unglaubwürdig. Die durchschnittliche Erfolgsrate beim Klonen liegt bei 0,5-1,5 Prozent. Und es gibt keinen Anlass zu glauben, dass das Klonen beim Menschen besser gehen sollte als bei anderen Säugetieren", meint Hengstschläger.
Und wenn die Angaben stimmen?
Sollte es sich jedoch wirklich um ein geklontes Kind handeln, dann ist die Befürchtung nicht von der Hand zu weisen, dass die Gesellschaft von wissenschaftlichen Entwicklungen gerade überrollt wird, ohne darauf vorbereitet zu sein.

Ethische und moralische Grenzziehungen könnten zu spät kommen und der freie Markt könnte in Zukunft die einzige Instanz sein, die für eine Regulierung des Einsatzes der Klontechnologie in eminent wichtigen Bereichen zuständig ist.
Klonen: Grauzone in Österreich
Klonen zu Fortpflanzungszwecken ist in Österreich nicht wirklich verboten. Im Fortpflanzungsmedizingesetz (FMG) ist das Wort "Klon" gar nicht erwähnt, die Bioethik-Konvention des Europarates, deren Zusatzprotokoll Klonen untersagt, hat Österreich noch nicht unterzeichnet.

"Es ist eine gesetzliche Grauzone", meint auch Johannes Huber, Gynäkologe und Vorsitzender der Bioethikkommission.

Walter Gerischer-Landrock, Ö1-Radiodoktor
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Die Ö1-Sendung zum Artikel
Der Vorsitzende der Bioethikkommission der Bundesregierung Johannes Huber und der Reproduktionsmediziner Markus Hengstschläger waren am Montag, 13. 01. 2003, bei "Radiodoktor" Wolfgang Enenkel zu Gast.

Eine kostenlose Infomappe zur Sendung kann bestellt werden unter: ORF Redaktion Radiodoktor, Postfach 1000, Kennwort Klonbaby, 1040 Wien oder E-Mail: radiodoktor@orf.at
->   Radio Österreich 1
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->   Österreichisches Fortpflanzungsmedizingesetz
->   science.ORF.at: Europarat: Klonen von Menschen verboten
->   Mehr über Klonen in science.ORF.at
 
 
 
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01.01.2010