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Lepra-Bakterien als Mini-Ausgabe der Tbc-Erreger  
  Ein Schrecken der Menschheit wird seiner Geheimnisse beraubt: Bei den Lepra-Bakterien handelt es sich offenbar um eine Mini-Ausgabe der mit ihnen verwandten Tbc-Erreger.  
Im Zuge der Evolution dürfte Mycobacterium leprae einen Gutteil seiner Erbsubstanz verloren haben, berichten Wissenschafter in der neuesten Ausgabe der britischen Wissenschaftszeitschrift "Nature" (Vol 409/22.Februar).
Lepra-Erreger geben Rätsel auf
Die Lepra-Erreger geben den Wissenschaftlern seit ihrer Entdeckung im Jahr 1873 Rätsel auf. Zwar waren sie die ersten Keime, die direkt mit einer Erkrankung in Verbindung gebracht werden konnten, doch in der Kultur züchten ließen sie sich nicht.

Bis heute muss man zu Tricks greifen, um die Bakterien für Untersuchungen zu "produzieren". Das macht auch die Diagnose schwierig. Ein Grund dafür: Mit einer durchschnittlichen Teilungsrate von ein Mal pro 14 Tagen ist Mycobacterium leprae der am langsamsten wachsende Keim.
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Weitere Eigenheiten sind bemerkenswert: Wie andere Mykobakterien (M. tuberculosis, M. avium etc.) nisten sich die Krankheitserreger in Fresszellen (Makrophagen) ein und entgehen dort leicht der Immunabwehr. Daneben infiziert M. leprae jene Zellen, welche die Isolierschicht der Nervenzell-Fortsätze außerhalb von Gehirn und Rückenmark produzieren. Das verursacht eine Immunantwort. Die Zellen werden vernichtet, es kommt zu neurologischen Schäden.
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Erbsubstanz der Lepra-Erreger sequenziert
Jetzt allerdings haben die Wissenschafter jede Menge Informationen über die Eigenheiten der Lepra-Erreger. Ein Team vom Sanger-Zentrum, dem Genom-Forschungszentrum des britischen Wellcome Trusts, des Pasteur-Instituts in Paris und von US-Veterinärmedizinern haben die Erbsubstanz von M. leprae sequenziert und mit jener der Tuberkulose-Erreger verglichen.

Das erstaunlichste Ergebnis: Die Lepra-Erreger sind jene Bakterien, die offenbar im Vergleich zu "Verwandten" die meisten Gene verloren haben.
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So besteht die DNA von Mycobacterium leprae nur aus 3,3 Millionen Basenpaaren, jene der "Tuberkel" hingegen aus 4,4 Millionen Basen. Während 90,8 Prozent der Ersubstanz der Tuberkulose-Erreger zur Herstellung von Eiweißstoffen dienen, sind es bei M. leprae nur knapp 50 Prozent. Die Tuberkulose-Keime haben auch mit 3.959 Genen mehr als doppelt so viele wie die Lepra-Verursacher (1.604).
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Neue Möglichkeiten zur Diagnose und Therapie?
Zwar hat man ähnliche Veränderungen auch schon im Vergleich der Typhus-Erreger (Rickettsia) mit den Chlamydien bemerkt (Rickettsia-Keime haben ein kleineres Genom), doch das Ausmaß der Verkleinerung des Genoms im Laufe der Entwicklung bei M. leprae schlägt laut den Wissenschaftlern Alles bisher Bekannte.

Jetzt hoffen die Forscher auf neue Möglichkeiten, die Lepra schneller zu diagnostizieren und besser zu behandeln.
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Lepra
Lepra, auch als Aussatz bezeichnet, ist eine chronische Infektionskrankheit, die die Haut und Schleimhäute zerstört und Nervenzellen befällt. Heutzutage leidet etwa 1 Million Menschen weltweit an Lepra. Jedes Jahr gibt es etwa 700.000 Fälle von Neuerkrankungen. Durch den Befall der Nervenzellen wird als erstes der Tastsinn der Betroffenen eingeschränkt, was oft Verbrennungen und Verletzungen zur Folge hat. Unbehandelt kann Lepra zur Erblindung führen, was natürlich zusammen mit dem eingeschränkten Tastsinn katastrophale Folgen hat. Lepra ist heutzutage durch eine Kombinationstherapie aus mehreren Antibiotika heilbar.
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01.01.2010