News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Medizin und Gesundheit 
 
Mangel an Vitamin D kann zu Herzschwäche führen  
  Deutsche Forscher haben einen Zusammenhang zwischen Vitamin D-Mangel und dem Risiko von Herzschwäche festgestellt. Als Gegenmittel empfehlen sie Lebertran und Sonnenlicht.  
In der nach eigenen Angaben weltweit ersten Studie wurde diese Vitamin D-These überprüft und für wahr befunden.

Die Resultate veröffentlichte das Wissenschaftlerteam um Armin Zittermann vom Institut für Ernährungswissenschaften der Universität Bonn in der Zeitschrift des "American College of Cardiology" (Vol. 41 Nr. 1, 2003).
Die Studie ist unter dem Titel " Low vitamin D status: a contributing factor in the pathogenesis of congestive heart failure?" in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift des American College of Cardiology (Bd. 41 Nr. 1/2003) erschienen.
->   Original-Abstract (Cardiosource)
15 Millionen Menschen leiden unter Herzinsuffizienz
"Die Zahlen sind dramatisch: 15 Millionen Menschen weltweit leiden unter einer Herzinsuffizienz (...) Jeder hundertste Euro, den die Krankenkassen zahlen, wandert in Diagnose, Therapie oder Prävention der chronischen Herzschwäche. Dennoch ist die Prognose schlecht: Jeder zweite Patient - egal, ob jung oder alt - stirbt innerhalb der ersten fünf Jahre, nachdem die Erkrankung diagnostiziert wurde", hieß es jetzt in einer Aussendung der Universität Bonn.
Herzinsuffizienz: Beeinträchtigte Pumpleistung
Die Herzinsuffizienz - die chronische Herzschwäche ist gefährlich. Oft tritt die Erkrankung nach einem Herzinfarkt oder in Folge von Jahrzehnte lang nicht ausreichend behandeltem Bluthochdruck auf. Der Pumpmuskel möchte das Defizit an eigener Leistung kompensieren - und rutscht nur noch tiefer in die Misere.

Das Ergebnis: Das Herz kann nur noch ungenügend Blut durch den Körper pumpen, um Organe und Muskulatur ausreichend zu versorgen. Die Patienten ermüden nach der geringsten Anstrengung, der Puls jagt, die Luft wird knapp. Nierenversagen und Ödeme (Beine) sind die Folge. Am Ende droht im Grunde der Erstickungstod.
Ausschüttung des Hormons ANP
Doch die Natur brachte die deutschen Wissenschaftler auf eine heiße Spur: Das Herz reagiert auf seine Pumpschwäche mit der Ausschüttung des Hormons ANP (Atrial Natriuretic Peptide). Dieses fördert die Flüssigkeitsausscheidung und damit das Herz. Ein erhöhter ANP-Spiegel im Blut wird mittlerweile auch als Diagnose-Faktor für das Vorliegen einer Herzschwäche verwendet.
->   Mehr über ANP (Universität Münster)
Vitamin D hemmt ANP
Der Clou laut einer Aussendung der Universität Bonn: "Seit einigen Jahren ist bekannt, dass das Vitamin D in Zellkulturen die Produktion des 'Entwässerungshormons' ANP hemmt. Hühner entwickeln unter Vitamin D-Mangel eine Herzschwäche, die wieder verschwindet, sobald Vitamin D mit dem Futter verabreicht wird. Und in Herzmuskelzellen der Ratte konnten Wissenschafter zahlreiche 'Andockstellen' (Rezeptoren, Anm.) für Vitamin D finden. So lag die Vermutung nahe, dass der Inhaltsstoff von Aal, Lachs und Hering (sprichwörtlich im "Lebertran") auch bei der Entstehung der menschlichen Herzinsuffizienz eine Rolle spielen könnte.
Weltweit erste Studie ging These nach
In Kooperation mit Spezialisten vom bekannten deutschen Herzzentrum Bad Oeynhausen ging Zimmermann nun der Vitamin D-These in Sachen Herzinsuffizienz nach.

Insgesamt nahmen an der weltweit ersten derartigen Studie 54 Patienten mit Herzschwäche und 34 gesunde Kontrollpersonen teil. Die Wissenschaftler bestimmten die Konzentration von zwei verschiedenen Vitamin D-Varianten im Blut der Probanden. Das Ergebnis: Bei Personen mit Herzinsuffizienz waren die Werte um bis zu 50 Prozent niedriger als in der Kontrollgruppe.
Korrelationen von ANP, Vitamin D und Krankheit
Die ANP-Menge (Atrial Natriuretic Peptide - "Entwässerungshormon", Anm.) war bei den Patienten dagegen auf mehr als das Zweifache erhöht. Der Schweregrad der Erkrankung korrelierte mit dem Ausmaß des Vitamin D-Mangels.

"All das sind starke Hinweise darauf, dass eine unzureichende Versorgung mit Vitamin D bei der Entstehung der chronischen Herzschwäche eine Rolle spielen könnte", meinte Zittermann. Derzeit führen die Forscher eine Anschlussstudie durch, in der sie Herzpatienten Vitamin D verabreichen und kontrollieren, ob sich ihr Zustand bessert.
Natürliche Behandlung ...
Aus den Erkenntnissen ließe sich möglicherweise sogar eine "natürliche" Behandlung der Herzschwäche entwickeln. Die Produktion des Vitamins, das eine wichtige Rolle bei der Regulierung des für das Organ wichtigen Kalzium-Spiegels im Körper spielt, lässt sich nämlich leicht beeinflussen. Der Ernährungswissenschafter: "75 bis 90 Prozent entstehen bei UVB-Bestrahlung in der Haut. Den Rest nehmen wir über die Nahrung auf."
... durch mehr Sonnenlicht?
Wer aber tagein, tagaus ein Schattendasein im Büro friste und in der Freizeit hauptsächlich vor dem Fernseher oder am Computer sitze, bilde zu wenig Vitamin D. In den Wintermonaten reiche die Intensität der UVB-Strahlung im Sonnenlicht nicht aus - zumindest nicht in gemäßigten Breiten. "In Industrieländern ist Vitamin D-Mangel ein häufiges Phänomen", resümierte Zittermann.
...
Gefahr für ältere Menschen
Unter Vitamin D-Mangel leiden v.a. ältere Menschen. Mit der Zeit verliere der Körper nämlich die Fähigkeit, die wertvolle Substanz selbst zu synthetisieren, so Zimmermann. Ein 80-Jähriger stellt bei gleicher UVB-Einstrahlung nur noch ein Viertel der Menge wie ein 20-Jähriger her. "Interessanterweise leiden fast alle Senioren auch unter zumindest leichter Herzinsuffizienz", erklärte Zittermann. Und da Menschen mit Herzschwäche auch wahrscheinlich seltener ins Freie kämen, könnte ein Teufelskreis in Gang gesetzt werden.
...
Intensives Sonnenbaden nicht ratsam
Die deutschen Wissenschaftler raten trotzdem davon ab, die Haut nun vermehrt durch intensives Sonnenbaden zu malträtieren. "Dazu ist UV-Strahlung einfach zu gefährlich", erklärte Zittermann und fügte hinzu: "Außerdem steht der letzte Beweis für einen Zusammenhang noch aus."

Nicht schaden könne aber der regelmäßige Genuss Vitamin D-reicher Kost. In nennenswerten Mengen ist die Substanz aber nur in Fisch enthalten - zwei bis drei Fischmahlzeiten pro Woche seien empfehlenswert.
->   Institut für Ernährungswissenschaften, Universität Bonn
->   Herzzentrum Bad Oeynhausen
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Medizin und Gesundheit 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010