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Studie: Milzbrand-Gift als Therapie gegen Krebs  
  Bislang war das Milzbrand-Bakterium vor allem als mögliches bioterroristisches Werkzeug ein Thema der Wissenschaft, in Zukunft könnte es auch bei der Behandlung von Krebs eine Rolle spielen: US-Wissenschaftler haben eine genetisch modifizierte Version des hochgefährlichen Anthrax-Toxins dazu verwendet, bösartige Tumore in Mäusen zu bekämpfen. Dem Bericht der Forscher zufolge war das Gift dabei so erfolgreich, dass nach nur einer Behandlung die Tumore bereits um bis zu 92 Prozent kleiner waren.  
Die Methode wurde von Wissenschaftlern der US National Institutes of Health entwickelt, die über ihre Ergebnisse in der aktuellen Ausgabe der "Proceedings of the National Academy of Sciences" (PNAS) berichten.
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"Potent antitumor activity of anthrax toxin"
Der Artikel "Potent antitumor activity of a urokinase-activated engineered anthrax toxin" von Shihui Liu, Hannah Aaronson, David J. Mitola, Stephen H. Leppla und Thomas H. Bugge ist als Vorab-Onlinepublikation der PNAS erschienen und wird in einer der kommenden Print-Ausgaben des Wissenschaftsmagazins publiziert (doi: 10.1073/pnas.0236849100).
->   Abstract des Originalartikels in den PNAS
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Ein "Krebs-Protein" als Grundlage
Wie die Wissenschaftler in den PNAS berichten, basiert die Methode auf einem bestimmten Protein: der Urokinase. Dieses Enzym ist an Wachstum sowie Verbreitung von Krebs entscheidend beteiligt, es wird in großen Mengen von Krebszellen produziert.
Milzbrand-Gift greift Zellen mit viel Urokinase an
Die Wirkung von Urokinase kennt die Wissenschaft längst - bislang wurde in unterschiedlichen Studien - und unterschiedlich erfolgreich - versucht, das Protein zu hemmen und auf diese Weise eine Rückbildung der Tumore zu bewirken. Anders jedoch die neue Methode: Sie nimmt den Urokinase-Level einer Zelle als Indikator dafür, ob es sich um eine normale Körperzelle oder um Krebs handelt.

Die Forscher haben die Struktur des Milzbrand-Giftes genetisch so verändert, dass dieses nur Zellen angreift, welche große Mengen an Urokinase erzeugen bzw. aufweisen. Der Studie zufolge zerstörte das Gift auf diese Weise effektiv mehrere Arten von Tumorzellen - ohne dass dabei eine Beschädigung des normalen Gewebes festgestellt werden konnte.
Toxin lässt normales Gewebe unbeschädigt
Die Krebszellen der untersuchten Mäuse begannen nur 12 Stunden nach der ersten Behandlung mit Anthrax zu sterben. Dabei beschädigte das Toxin keinerlei Hautzellen oder etwa Haarfollikel, welche den Tumor umgaben - dies legt nahe, dass das Gift hochselektiv arbeitet und es möglicherweise nicht zu ernsteren Nebenwirkungen kommen kann.
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Milzbrand: Die drei Komponenten des Bakterien-Giftes
Das Milzbrand-Gift besteht aus drei verschiedenen Komponenten, die einzeln für sich genommen nicht giftig sind: Das erste Protein, genannt PA (Protective Antigen), geleitet die beiden anderen Gifte des Anthraxbakteriums in die menschliche oder tierische Zelle. Das zweite, lethaler Faktor (LF) genannte Eiweiß zerstört die weißen Blutkörperchen des befallenen Organismus. Das dritte, genannt EF(oedema factor), führt eine Art "molekulares Täuschungsmanöver" aus und führt so letztlich zum Tod der Zelle.
->   Mehr dazu in science.ORF.at
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Weitere Studien sollen Wirkung beim Menschen klären
Nach Angaben der Forscher werden weitere Forschungen notwendig sein, um festzustellen, ob das genetisch manipulierte Anthrax-Gift eine ähnliche Wirkung auch beim Menschen hat. Zudem muss geklärt werden, dass Urokinase tatsächlich nur von Krebszellen "überproduziert" wird.

Der Leiter des Forschungsteams, Steve Leppla, wird in BBC News Online mit den Worten zitiert, das Gift könne erfolgreich mehrere verschiedene Arten Tumore abtöten. Dieses Faktum lege nahe, dass das Toxin vor allem auch bei Leukämie wirken könne. Dies werde nun getestet.
Neue Methode: "Vielseitig und leicht zu verbessern"
Das präsentierte Design des für Tumorzellen toxischen Milzbrand-Giftes sei extrem vielseitig, schreiben die Autoren auch in der Studie. Es könne leicht durch zusätzliche Modifikationen weiter verbessert werden. Demnach wirkt das Anthrax-Gift etwa gegen Hautkrebs ebenso wie gegen Lunkentumorzellen.
->   Mehr Informationen zu Milzbrand in www.medizin-weltweit.de
->   US National Institutes of Health
Mehr zum Thema Milzbrand in science.ORF.at:
->   Erbgut von Milzbrand-Erreger entschlüsselt
->   Forscher erhellen Wirkungsweise von Milzbrand
 
 
 
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01.01.2010