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Geklonte Mini-Gentech-Schweine als "Ersatzteillager"  
  Schweine gelten als ideale Kandidaten für Xenotransplantation - also für die Übertragung von Tierorganen auf Menschen. Neben ethischen Bedenken stehen vor allem Abstoßungsreaktionen des Körpers und Übertragung artfremder Viren im Mittelpunkt der Forschung. Biotechnologen berichten nun vom vorläufigen Höhepunkt ihrer Bemühungen: Sie haben erstmals Miniaturschweine geklont, denen die Gene für die Abstoßungsreaktion komplett fehlen.  
Entwicklung einer Herde geplant
Bild: Photodisc
Randall Prather, Reproduktionsbiologe der Universität Missouri-Columbia, gab diese Nachricht im Rahmen des jährlichen Treffens der "International Embryo Transfer Society" (IETS) in Neuseeland bekannt.

Ziel der Forschergruppe, die mit der Novartis-Tochter "Immerge BioTherapeutics" zusammenarbeitet, ist nach eigenen Angaben die Entwicklung einer gesamten Herde von Minischweinen, die als "Ersatzteillager" für menschliche Transplantationswünsche zur Verfügung steht.
->   Treffen der IETS in Neuseeland
Mini-Schweine für Maxi-Effekte
Schweine gelten von allen Tierarten als die idealen Kandidaten für "alternative Organressourcen", weil die physischen Ähnlichkeiten mit Menschen relativ groß sind.

Ein Problem: Organe von gewöhnlich Hausschweinen sind oft zu groß. Die spezielle Linie von Mini-Schweinen, die Prather und sein Team nun vorstellte, wurde mehrere Jahre lang ausschließlich für den Zweck gebildet, einmal für Menschen zur Verfügung zu stehen.
Die Abwehrreaktion des Immunsystems
Ein nicht minder wichtiges Problem: Die Abstoßungsreaktion fremder Organe durch das Immunsystem. Eine zentrale Rolle bei dem Prozess spielt das Gen GGTA1, das einen Zuckerstoff herstellt - die Alpha-1-Galactose, welche die Oberfläche der Zellen mit Zuckermolekülen überzieht.

Sobald das fremde Organ in den menschlichen Körper transplantiert wird, greift das Immunsystem diesen Zuckerstoff als Fremdkörper an. Den nun geklonten Ferkeln fehlen beide Exemplare des GGTA1-Gens.
Erste geklonte Mini-Schweine Anfang 2002
Gleich zwei verschiedenen Forscherteams war es bereits Anfang 2002 erstmals gelungen, jene gentechnisch veränderten Mini-Schweine zu klonen, die für Menschen "verträglich" und damit zur Organtransplantation geeignet sein sollen.

Einerseits einer Gruppe der Firma "PPL Therapeutics", einem Tochterunternehmen des durch das Klonschaf Dolly berühmten Roslin Institute in Schottland. Andererseits einem Team um Prather, das in "Science" berichtete, wie bei den Schweinen ein Exemplar des GGTA1-Gens ausgeschaltet wurde.
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Die Studie von Randall Prather und seinem Team ist unter dem Titel "Production of -1,3-Galactosyltransferase Knockout Pigs by Nuclear Transfer Cloning" ist am 3. Jänner 2002 online im "Science Express" erschienen, in Printform in Science einen Monat danach (Bd. 295, S. 1089-1092).
->   Zur Studie (kostenpflichtig)
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18. November: Geburt des GGTA1-freien Schweins
Danach wurde das genetische Material der neugeborenen Ferkel erneut verändert, um auch die zweite Variante des Gens auszuschalten (Knock-Out). Die Zellen wurden danach erneut geklont, ehe es am 18. November zur Geburt des ersten komplett GGTA1-freien Schweins kam.
Keine Übertragung des Retrovirus "PERV"
Nach Angaben der Firma Immerge besitzen die Schweine noch weitere Eigenschaften, die sie als potenzielle Transplantationskandidaten auszeichnen. So käme es bei ihnen zu keiner Übertragung des so genannten Porcine Endogenous Retrovirus (PERV).

Im Gegensatz zu anderen Viren, die durch Zucht und besondere hygienische Sorgfalt eliminiert werden können, bleibt PERV permanent in die normale Schweine-DNA integriert - und wird von Generation zu Generation weitergegeben.
Streit um Gefahr für Menschen
Bereits im Februar 1997 wiesen britische Forscher nach ("Nature Medicine", Bd. 3, Nr. 3, S. 282, Autor: Robin Weiss), dass sich dieser Schweinevirus in etlichen menschlichen Zellen vermehren konnte, darunter auch den lebenswichtigen B- und T-Zellen des Immunsystems.

Zwei Jahre später versuchte eine andere Studie, diese Sorge zu zerstreuen. Bei der Untersuchung von 160 Patienten stellte sich heraus, dass keiner der Empfänger lebender Schweinezellen mit PERV infiziert worden war ("Science", Bd. 285, S. 1236).
"Minimierung eines theoretischen Risikos"
"Auch wenn das Gesundheitsrisiko, das von PERV ausgeht, nur theoretisch sein mag", folgert Julia Greenstein, die Präsidentin von Immerge, in einer Aussendung, "so könnte der Gebrauch der neuen Mini-Schweine das Risiko dafür minimieren." Eine entsprechende Studie ist im "Journal of Virology" erschienen.
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Die Studie von Greenstein et al. ist unter dem Titel "Porcine Endogenous Retrovirus: Transmission Characteristics of an Inbred Herd of Miniature Swine" im März 2002 im "Journal of Virology" (Bd. 76, S. 3045-3048) erschienen.
->   Die Studie
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->   International Embryo Transfer Society
->   Animal Sciences, University of Missouri-Columbia
->   Journal of Virology
->   Science
->   science.ORF.at: Österreich weiter Spitze bei Organtransplantationen
->   Mehr über Xenotransplantation in science.ORF.at
 
 
 
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01.01.2010