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Streit um Pneumokokken-Kinder-Impfaktion  
  Um die Pneumokokken-Kinder-Impfaktion ist ein Streit zwischen Gesundheitsministerium und den Sozialversicherungen entbrannt. Denn trotz Aufnahme in den Impfplan 2003 haben die Sozialversicherungen noch keine Finanzierungszusage gegeben.  
Verzögerungstaktik
Bereits letzten Sommer hat der oberste Sanitätsrat die Gratisimpfung für Kinder unter zwei Jahren beschlossen und in den Impfplan 2003 aufgenommen. Bis heute hat der Hauptverband der Sozialversicherungen aber keine Finanzierungszusage gegeben.

Das Ministerium wirft den Sozialversicherungen nun vor, die Impfaktion zu verzögern. Auf Kosten der betroffenen Kinder.
Einer von vielen Fällen
Der letzte Fall war diese Woche im Krankenhaus Sankt Pölten: Ein fünfjähriges Kind ist aus dem Koma erwacht, nachdem es mit Pneumokokken-Bakterien infiziert worden war. Es wird lebenslange schwere Schäden davontragen.

Einer von vielen Fällen, den man hätte vermeiden können, wenn die Sozialversicherungen zeitgerecht gehandelt hätten, kritisiert der Sektionsleiter Hubert Hrabcik vom Gesundheitsministerium. Denn der Hauptverband habe bereits Ende Oktober vorigen Jahres vom Gesundheitsministerium die Aufforderung bekommen, die Schutzimpfung umzusetzen. Bis heute habe man keine Antwort, so Hrabcik im ORF-Radio. Diese Verzögerung sei unverantwortlich.
Ministerium muss handeln
Josef Probst vom Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger spielt nun den Ball zurück ans Gesundheitsministerium. Die Versicherungen würden die Impfaktion unterstützen. Es seien nur noch die nötigen Koordinationschritte seitens des Ministeriums zu setzen.

"Zu tun ist noch, die Pneumokokken-Impfung in das österreichische Kinder-Impfkonzept von Bund, Ländern und Sozialversicherungen einzubauen. Das heißt, es ist noch eine Koordination des Gesundheitsministeriums zu tun, um zu garantieren, dass Bund, Länder und Sozialversicherungen die Kosten übernehmen. Wir gehen davon aus, dass wir unseren Sechstel-Anteil an den Kosten für diesen Impfstoff tragen werden", meint Probst.
Lösung in Sicht
Von einer Aufnahme der Pneumokokken-Impfung in das Kinderimpfkonzept sei bisher nie die Rede gewesen, sondern von einer Sonderregelung, sagt Hrabcik vom Gesundheitsministerium.

Das sei aber eine entscheidende Wende und das Ministerium werde das sofort aufgreifen. In wenigen Wochen könne die Impfaktion dann starten.
Kosten werden übernommen
Das bedeutet, dass die Eltern die Impfungen ihrer Kinder im dritten, fünften und achzehnten Lebensmonat bezahlt bekommen. Noch müssen sie diese Kosten von jeweils 1.300 Euro selbst tragen.

Eine Finanzierungsfrage sei es von Seiten des Ministeriums, das zwei Drittel der Kosten trägt, nicht.
Leidtragende sind die Kinder
Es sei höchste Zeit, die Impfung umzusetzen und nicht länger zu verzögern, sagt der Sankt Pöltener Kinderarzt und Mitglied des Impfausschusses des obersten Sanitätsrats Karl Zwiauer.

Die Stellungnahme des Obersten Sanitätsrates, Kleinkinder zu impfen, sei längst klar und basiere auf eindeutigen Kosten-Nutzen-Rechnungen und Studien, die belegen, dass 80 Prozent aller schweren Erkrankungen verhindert werden können.

Außerdem gebe es ausreichende Gründe, diese Impfung endlich in Österreich zu etablieren. Denn die Leidtragenden seien die Kinder.
Beispiel: St. Pölten
In den letzten drei Monaten habe man nach Angaben Zwiauers allein im Krankenhaus Sankt Pölten um das Leben von fünf Kindern gekämpft.

"Die wirklich problematischen Erkrankungen sind die invasiven. Das sind jene, die den gesamten Organismus betreffen. Das sind Blutvergiftungen und Gehirnhautentzündungen, die katastrophal enden. Trotz bester Behandlungsmöglichkeiten müssen wir immer wieder erleben, dass Kinder Langzeitschäden haben. Das sind Hörausfälle, Schwerhörigkeit, Entwicklungsstörungen, geistige und körperliche Behinderungen. Weniger schwere Folgen der Pneumokokken-Infektion sind Lungenentzündungen und Mittelohrentzündungen. Aber auch diese sind langwierig und schmerzhaft", erklärt Zwiauer.
Infektionen ausrotten
Ziel der Impfaktion ist es, die Pneumokokken-Infektionen auszurotten.

Das Beispiel Haemophilis Influenzae B zeigt, dass es geht. Diese Impfaktion wurde vor zehn Jahren gestartet. Seither erkranken um 95 Prozent weniger Kinder daran. Der Staat erspart sich dadurch jährlich 9 Millionen Euro an Kosten für Therapie und Folgeschäden.

Auch durch die Pneumokokken-Impfung könnte nicht nur viel Leid, sondern auch viel Geld gespart werden. Denn die Kosten für die Behandlung betragen das Vierfache der Impfaktion.

Edith Bachkönig, Ö1-Wissenschaft
->   Science.ORF.at: Impfplan 2003 empfiehlt Pneumokokken-Schutz
->   Mehr über Pneumokokken in science.ORF.at
 
 
 
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01.01.2010