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Hieroglyphen ohne Geheimnisse  
  Die Schriftzeichen des alten Ägypten haben Generationen von Forschern und Reisenden fasziniert. Im Rahmen der Reihe "University meets Public" gibt Konrad Antonicek Einblicke in die Entschlüsselung dieser dekorativen Schrift.  
Sprachfamilie
Die Sprache des Alten Ägypten gehört zur semitohamitischen Sprachfamilie; weitere Angehörige dieser Familie sind Berberisch sowie die tschadischen, kuschitischen, omotischen und semitischen Sprachen.
Sprachstufen
Im Zuge seiner Geschichte durchlief das Ägyptische verschiedene Sprachstufen, vom "Altägyptischen", der frühesten greifbaren Entwicklungsstufe, bis hin zum "Koptischen", der Sprache der römischen Kaiserzeit, die durch eine eigene Schrift und viele griechische Lehnwörter gekennzeichnet ist.

Neben der "informellen" Umgangssprache verwendeten die Ägypter eine altertümliche "formelle" Sprache (basierend auf dem "Mittelägyptischen" der Periode des "Mittleren Reiches") zur Beschriftung ihrer monumentalen Denkmäler, so daß die Kenntnis dieser einen Sprachstufe die Lesung fast aller hieroglyphischen Inschriften der pharaonischen Zeit möglich macht.
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Prachtschrift und Gebrauchsschrift
Neben den Hieroglyphen, der dekorativen Prachtschrift, die für die Monumentalinschriften verwendet wurde, kannten die ägyptischen Schreiber das Hieratische, eine kursive Gebrauchsschrift, die in den Dokumenten des Alltags (Papyri, Ostraka, etc.) zur Anwendung kam; in der "Spätzeit" gesellte sich hierzu noch das "Demotische" und in der Koptenzeit die schon angeführte "koptische" Schrift.
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Verschiedene Arten von Zeichen
Die hieroglyphische Schrift umfaßt in klassischer Zeit circa 600 Zeichen (in der griechisch-römischen Periode waren dann sogar etwa 1000 Zeichen in Verwendung). Geschrieben werden nur die Konsonanten eines Wortes, es gibt keine Zeichen für Vokale; der Lautbestand umfaßt 24 Phoneme. Es gibt verschiedene Arten von Zeichen (wobei ein und dieselbe Hieroglyphe für alle Arten verwendet werden kann): - Wortzeichen: charakterisiert durch einen senkrechten Strich unter oder neben dem Zeichen.
Determinative und Lautzeichen
- Determinative: das sind Zeichen, die ungelesen am Ende eines Wortes stehen und dasselbe in eine bestimmte Bedeutungsgruppe einreihen (z. Bsp. eine Sonne für Wörter wie "Sonne", "Tag", "Nacht", etc.).

- Lautzeichen: hier gibt es 24 Zeichen für einen Konsonanten
(entsprechend den oben erwähnten 24 Phonemen) und eine Reihe von Hieroglyphen für zwei oder drei Konsonanten.
Schrift und Dekoration
Drei Schriftrichtungen sind möglich, nämlich von rechts nach links, von links nach rechts oder von oben nach unten, wobei die Regel gilt, dass Zeichen, die Lebewesen darstellen, gegen die Leserichtung blicken.

Diese Möglichkeiten können aus dekorativen Gründen miteinander kombiniert werden, beispielsweise um an einer Türlaibung eine symmetrische Beschriftung zu gewährleisten. Eine Eigenart der hieroglyphischen Schrift sind die lautlichen Komplemente, das heißt, dass die hinteren Konsonanten eines Mehrkonsonantenzeichens mit Hilfe von Einkonsonantenzeichen wiederholt werden (so wird das Wort "nfr" - "schön" üblicherweise nfr-f-r geschrieben).
Zwei Geschlechter
Das Ägyptische kennt zwei Geschlechter, männlich und weiblich, wobei letzteres durch ein "t" am Wortende angezeigt wird. Der Plural wird üblicherweise durch 3 Striche hinter dem Wort angezeigt; eine weitere Möglichkeit ist die dreifache Schreibung des Wortes, Wortzeichens oder Determinativs. Neben dem Plural gibt es auch einen Dual (also die Zweizahl), der entsprechend dem Plural entweder durch 2 schräge Striche
oder Zweifachsetzung geschrieben wird.
Das Haus des Mannes
Eine Genetivverbindung wird durch direkte Hintereinanderschreibung von zwei Wörtern ("Haus" - "Mann": "das Haus des Mannes") od. mittels des Genetivadjektivs "n" zwischen den beiden Wörtern ("Haus" - "n" - "Mann":
das Haus des Mannes") erreicht. Auch der Dativ wird durch ein "n" angedeutet (so kann "Haus" - "n" - "Mann" also auch "das Haus für den Mann" bedeuten).

Das Prädikat eines Satzes kann eine Präposition ("Mann" - "im" - "Haus": "der Mann ist im Haus"), ein Substantiv bzw. Pronomen ("Haus" - "dieses": "dieses ist ein Haus" bzw. "ich" - "dieses": "das bin ich"), ein Adjektiv ("schön" - "Haus": "das Haus ist schön") oder aber ein Verbum sein. Hat ein verbales Prädikat ein nominales Subjekt, steht letzteres hinter dem Verbum ("sagen" - "Mann": "der Mann sagt").

Ein pronominales Prädikat wird durch ein Suffixpronomen (das ist ein Pronomen, das als Endung an das Verbum direkt angehängt wird) ausgedrückt ("sagen" - "er": "er sagt").
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Konrad Antonicek, Institut für Ägyptologie der Universität Wien.
Die Vortragreihe "Hieroglyphen ohne Geheimnis" findet an mehreren Abenden in der Volkshochschule Floridsdorf/Zweigstelle Groß-Jedlersdorf statt.
->   University meets Public - Homepage und Programm
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01.01.2010