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Gendiagnostik und Datenschutz: Fallbeispiele
Albert Karsai, dialog<>gentechnik
 
  Die genetischen Diagnosemöglichkeiten sind momentan den Therapiemöglichkeiten weit voraus. Obwohl durch eine rechtzeitige Diagnose mancher Krankheiten möglicherweise deren Ausbruch verhindert werden kann, so stehen der Gendiagnostik auch ernsthafte ethische Bedenken gegenüber: Wer bestimmt, was eine Krankheit ist und behandelt gehört? Behält der Einzelne die Entscheidungsfreiheit darüber, ob er/sie sich einem genetischen Test unterziehen möchte? Und was passiert mit den Daten, die sich aus einem solchen Test ergeben? Hier einige Fallbeispiele:  
Cystische Fibrose
Ein Paar hat bereits ein Kind mit Cystischer Fibrose. Sie möchten wissen, wie groß das Risiko ist, ein weiteres CF-Kind zu bekommen. Durch die Tests stellt sich heraus, dass der Mann nicht der biologische Vater des erkrankten Kindes ist. Das bedeutet, dass ein weiteres Kind TrägerIn der CF-Mutation sein kann, jedoch selbst nicht krank sein wird. Durch diese Prognose wird dem Paar jedoch indirekt der Vaterschaftstest mitgeteilt.
Kleinwüchsiges Kind erwünscht
Ein Paar von Kleinwüchsigen (Achondroplasie) möchte ein kleinwüchsiges Kind. Sie würden einen Fetus abtreiben, der bei einer Pränataldiagnostik die genetische Veränderung nicht zeigt, also zu Normalgröße heranwachsen würde. Soll ein Test erlaubt werden?
Späte Erkenntnis
Eine EU-finanzierte Studie untersucht genetische Eigenschaften im Zusammenhang mit Krankheiten in Europa. Ziel ist es, Risikofaktoren zu identifizieren, um letztlich bessere Vorsorgemaßnahmen ergreifen zu können.

Gesucht werden Freiwillige, die Blutproben abgeben und Auskunft zu ihrer Krankengeschichte geben. Die Proben werden vertraulich behandelt und anonymisiert. Sie können angeben, ob und welche Ergebnisse Ihrer genetischen Tests sie erhalten möchten. Würden Sie sich zur Verfügung stellen?

Einige Jahre nach Durchführung der Studie stellt sich heraus, dass eines der Kontrollmerkmale, das als medizinisch nicht auffällig galt, sehr häufig mit einer neuartigen Nervenerkrankung zusammenfällt. Um Therapien dafür zu entwickeln, wäre es hilfreich, für weitere Tests rasch Personen mit diesem Merkmal ausfindig zu machen. Soll auf die ursprünglichen Testpersonen zurückgegriffen werden? Diese hätten damit auch bessere Chancen, die neue Therapie in Anspruch zu nehmen.
Heimliche Tests
Die Burlington Northern Santa Fe Railway Company testete heimlich ihre Angestellten auf eine genetische Varation, die mit Karpaltunnelsyndrom assoziiert ist. Sie musste über 2 Mill. US-Dollar Schadenersatz an die Angestellten zahlen (2002).
Verräterische Untersuchungen
Ein genetischer Test kann bestimmen, ob Sie eine Mutation haben, die mit einem erhöhten Risiko verknüpft ist, an Dickdarmkrebs zu erkranken. Vorsorgemaßnahmen sind möglich und können helfen, die Krankheit zu verhindern oder frühzeitig zu erkennen. Durch die dazu regelmäßigen Untersuchungen kann jedoch die Krankenversicherung aufmerksam werden, ohne das Ergebnis des genetischen Tests zu kennen.
Probleme mit der Versicherung
Ein Mann mit Bluterkrankheit engagiert sich in einer Selbsthilfegruppe für Hämophile und ist für diese öffentlich aktiv. Seine Versicherung verweigert ihm deswegen eine Lebensversicherung.
Genetische Einheit
Eine Gruppe von jüdischen Menschen ist auf ihre direkte Abstammung sehr stolz. Sie grenzen sich als gesellschaftliche Gruppe stark ab und streben eine Vermehrung ausschließlich untereinander an. Sie wollen genetische Tests, um ihre Einheitlichkeit mit modernsten Methoden abzusichern.
Schutz vor Blindheit
Ein Paar bekommt zwei Kinder, die beide im ersten Lebensjahr erblinden. Später stellt sich heraus, dass beide Elternteile heterozygot für Retinopathie sind. Diese seltene Augenkrankheit, die die Kinder homozygot geerbt haben, kann im Frühstadium behandelt werden. Durch eine rechtzeitige genetische Diagnose und Behandlung hätten die beiden Kinder ihr Augenlicht behalten können.
Problem Datenbank
Ein Mann wird eines Verbrechens verdächtigt. Sein Blut wird mittels eines genetischen Tests untersucht. Der Mann stellt sich durch andere kriminaltechnische Methoden als unschuldig heraus. Unabhängig davon hatte der Test zu einem falschen Ergebnis geführt. Die falschen Daten sind jedoch nach wie vor in der nationalen Probendatenbank gespeichert.
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DI Albert Karsai arbeitet an der Koordinationsstelle für Öffentlichkeitsarbeit von "dialog<>gentechnik".
->   dialog<>gentechnik
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01.01.2010