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Forschungsdach: Lob und Kritik für Gehrer-Vorschläge  
  Lob und Kritik erntete der von Bildungsministerin Elisabeth Gehrer (ÖVP) präsentierte Plan einer neuen Dachorganisation für Forschung, Technologie und Innovation (DFTI). Während die Industriellenvereinigung (IV) von einem "mutigen und revolutionären Konzept" sprach, zeigte sich der Forschungsförderungsfonds (FFF) skeptisch. Die SPÖ warf Gehrer ein "zentralistisch-planwirtschaftliches Top-Down-Prinzip" vor.  
IV: "Derzeitige Förderpraxis Fleckerlteppich"
Die derzeitige Förderpraxis gleiche einem Fleckerlteppich, der Bund unterhalte eine unüberschaubare Zahl an verschiedenen Stellen, bemängelte der Generalsekretär der Industriellenvereinigung (IV) Lorenz Fritz am Freitag bei einer Pressekonferenz.

Spätestens mit dem 6. EU-Rahmenprogramm für Forschung sei diese Praxis nicht mehr kompatibel, man benötige "kritische Größen" und internationale Vernetzung um konkurrenzfähig zu bleiben.
"Revolutionäre" Abkehr von Kameralistik
Die angekündigte DFTI bedeute auch eine Abkehr von der Kameralistik und sei deshalb als "revolutionär" zu bezeichnen. Letztendlich sollte die Durchführung möglichst aller Forschungskompetenzen aus den Ministerien herausgelöst und in einer Stelle konzentriert werden.

Das bedeute aber nicht, dass deswegen die Ministerzuständigkeiten bezüglich der Forschung vereinheitlicht werden müssten, so der IV-Generalsekretär. Durchführung einerseits und etwa die Vertretung verschiedener, die Forschung betreffende Themen vor EU-Gremien seien verschiedene Dinge.
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Die Vorschläge von Gehrer
Am Donnerstag (30.1.) hatte Bildungsministerin Elisabeth Gehrer die "Dachorganisation für Wissenschaft, Forschung und Technologie" (DFTI) vorgestellt. Kernaussage: Wissenschaft und Forschung sollen in Österreich zur "Chefsache" werden. Die DFTI soll zwar außerhalb der Bundesverwaltung stehen, aber im Bundeskanzleramt angesiedelt sein, und der Bundeskanzler den Vorsitz im Aufsichtsrat haben.
->   Mehr dazu: Gehrer - Wissenschaft und Forschung wird "Chefsache"
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"Autonomie mit Verantwortung"
Gerhard Riemer, Bereichsleiter Bildung, Innovation und Forschung der IV erhofft sich von der Neuorganisation eine verstärkte "Top-Down-Forschung". Autonomie, etwa der Fonds, bedeute nicht, dass sich die Einrichtungen nicht auch an strategische Gesamtkonzepte ausrichten könnten. Riemer forderte eine "Autonomie mit Verantwortung".

Eine Vorgabe könnte etwa lauten: "Zehn Prozent mehr Biotechnologie", präzisierte Fritz.
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Zusammenlegung von BIT und FFF?
Grundsätzlich bekannte sich der IV-Chef zur Autonomie der Fonds, wobei aber auch Zusammenlegungen - wie etwa des Forschungsförderungsfonds für die gewerbliche Wirtschaft (FFF) und des Büros für Internationale Technologiekooperationen (BIT) - überlegens- und wünschenswert seien.
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Heftige Kritik der SPÖ
Als "demokratiepolitisch verwerflich" bezeichnete SPÖ-Wissenschaftssprecher Erwin Niederwieser die Pläne zur Errichtung einer DFTI. Er warf der Ressortchefin in einer Aussendung am Freitag eine "problematische Kehrtwendung hin zu einem zentralistisch planwirtschaftlichem Top-down-Prinzip" vor.
Bottom-up oder Top-down?
Auf politischem Weg festzulegen, was und mit welchem finanziellen Aufwand geforscht werden solle, möge für die Industrieforschung durchaus sinnvoll sein, räumte der Mandatar ein.

Europäische Überlegungen würden aber in Richtung forcierter Grundlagenforschung gehen, die auf dem Bottom-up-Prinzip beruhe. Dieser Ansatz - Institute tragen interessante Ideen an die Forschungsfonds heran - sei nachweislich erfolgreich. "Universitäre Einrichtungen sollten auch weiterhin Orte sein, wo überlegt wird, was die Gesellschaft braucht", betonte Niederwieser.
FFF skeptisch
Skeptisch äußerte sich der Präsident des Forschungsförderungsfonds für die gewerbliche Wirtschaft (FFF) zu den präsentierten Plänen einer DFTI. FFF-Präsident Gunther Krippner forderte in einer Pressekonferenz am Freitag in Wien für 2003 vor allem mittelfristige Planungssicherheit.

Weiters sprach sich Krippner für eine "Neuordnung der institutionellen Rahmenbedingungen für die Forschungsförderung", wie sie der Nationale Forschungsplan des (RFT) vorsieht. Darin werde der Fonds als "eigenständige Institution, die seine Fördervergabe autonom und unabhängig ausübt" beschrieben.
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Nationalstiftung mit zehn Milliarden Euro
Zustimmung bekundete der FFF-Chef für die in Diskussion stehende Errichtung einer "Nationalstiftung" zur Absicherung der Forschungsfinanzierung. Nach internen Berechnungen müsste diese Stiftung mit zehn Mrd. Euro dotiert sein.
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"Zwei unterschiedliche Konzepte Gehrers"
Eher skeptisch stehe man den Vorschlägen zur Gründung einer Dachorganisation für Wissenschaft, Forschung und Technologie (DFTI) gegenüber. Hier wären in kurzem Zeitabstand vom RFT und von Gehrer zwei unterschiedliche Konzepte zur Neuordnung der Forschungslandschaft präsentiert worden, die unterschiedliche Ansätze hätten.

"Ich kann nur hoffen, dass das zweite Konzept eine Verbesserung des ersten ist", erklärte Krippner auf Journalisten-Anfrage.
Grüne: Für Nationalstiftung und Autonomie der Fonds
"Die Vorstellungen zur Neuordnung der Österreichischen Forschungspolitik von Gehrer enthalten zweifellos Konzepte, wie sie von den Grünen im Herbst letzten Jahres präsentiert wurde", erklärte der Wissenschaftssprecher der Grünen, Kurt Grünewald. Dies betreffe vornehmlich die Schaffung einer österreichischen Nationalstiftung zur Forschungsfinanzierung. Kritischer beurteilt Grünewald die Organisation eines von der Regierung bestellten Dachverbandes.

Entscheidend für die Grundlagenforschung und die angewandte Forschung sei die Unabhängigkeit der beiden größten österreichischen Forschungsfonds (FWF und FFF). Die Vielzahl von weiteren Förderungseinrichtungen könnte durchaus durch deren teilweise Integration in diese Einrichtung reduziert werden.
AK fordert Konzentration in einem Ministerium
Mit einer Konzentration von Forschung und Technologie möchte die Miron Passweg, technologiepolitischer Experte der Arbeiterkammer (AK), die von Bildungsministerium angekündigte Forschungsförderungsreform verbunden wissen. Wenn es nur darum gehe, eine zusätzlich Ebene zwischen Politik und Förderungseinrichtungen einzurichten, könne man einer Dachorganisation für Forschung, Technologie und Innovation nicht zustimmen.
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01.01.2010