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ORF ON Science :  News :  Umwelt und Klima 
 
Was bringt der Handel mit CO2-Emissionen?  
  Ab 2005 wird der Emissionshandel mit Treibhausgasen zwischen Unternehmen in der EU starten. Großen Anlagen in energieintensiven Branchen werden Emissionslizenzen zugeteilt. Umweltminister Wilhelm Molterer will rasch die gesetzlichen Voraussetzungen für den Emissionshandel in Österreich schaffen. Doch was bringt der Handel mit den CO2-Emissionen tatsächlich?  
Die Europäische Umweltagentur der EU hat vor kurzem eine Studie zum Stand der Klimaschutzmaßnahmen veröffentlicht. Österreich liegt bei der Erfüllung der Kyoto-Verpflichtung auf einer Rangliste von 15 Ländern auf Platz 11 - weil zu wenig relevante Klimaschutzmaßnahmen umgesetzt wurden.
Stand mittlerweile: 18 Prozent sind zu reduzieren
Mit dem Kioto-Protokoll hat sich Österreich verpflichtet, die Treibhausgasemissionen bis 2008 um 13 Prozent zu senken. Als Vergleich dient immer das Jahr 1990. Da die Emissionen aber unaufhörlich steigen, muss Österreich mittlerweile schon um 18 Prozent reduzieren.

Umweltminister Wilhelm Molterer will auf einen Maßnahmen-Mix vor allem im Bereich Altbausanierung, Verkehr und auf die neuen "flexiblen Instrumente" setzen - darunter auch der Handel mit Treibhausgas-Emissionen bzw. Emissionsrechten.
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Umweltminister plant Einstieg in den Emissionshandel
Eine "Klimaschutzoffensive" durch den Handel mit Treibhausgas-Emissionen plant Umweltminister Wilhelm Molterer, wie er vergangene Woche in einer Pressekonferenz sagte: Gemeinsam mit der Industrie soll Österreich auf diese Weise seinen Verpflichtungen im Rahmen des Kyoto-Protokoll nachkommen. Dazu sei ein "Maßnahmen-Mix" geplant, der Impulse im Förderwesen, aber auch Veränderungen beim Steuersystem, in der Wohnbauförderung und der Verkehrspolitik vorsieht, so Molterer. Besonders Augenmerk liegt offenbar auf dem Handel mit Emissionsrechten.
->   Mehr dazu in science.ORF.at: Artikel vom 29. Jänner 2003
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Drei "flexible Instrumente"
Es sind drei flexible Instrumente, die Österreich anwenden kann, um das Ziel zu erreichen. Da ist zum einen der Handel mit Emissionen. Auf Länderebene.

Länder wie Russland, die aus wirtschaftlichen Gründen weit weniger Co2 ausstoßen als 1990, können "hot air" - wie es heißt - verkaufen. Dasselbe gilt für Konzerne. Wer mehr ausstoßen will, als ihm seine Lizenz erlaubt, der muss eben Rechte von anderen ankaufen.
Bringt Handel eine Verringerung?
Die Klimaexpertin Helga Kromp-Kolb von der Universität für Bodenkultur in Wien meint dazu: "Wenn man das von naturwissenschaftlicher Seite - nämlich der Menge von CO2, die emittiert wird - betrachtet, dann ist dies das schwächste Instrument, weil es direkt zu keiner Verringerung führt. Sondern nur, was der eine nicht emittiert, darf der andere emittieren."
Verbesserung durch "Joint Implementation"
Zweite Möglichkeit im Rahmen der "flexiblen Instrumente": Die österreichische Industrie liefert eine Biomasseanlage für eine Fabrik in Bulgarien. Der Bund unterstützt das Unternehmen und lässt sich die dort eingesparten Emissionen für die Klimabilanz anrechnen.

Diese "Joint Implementation" kann zu Verbesserungen führen, wenn die Kriterien streng genug sind, meint Kromp-Kolb. "Es sollte nicht dazu führen, dass veraltete Technologien, Technologien, die bei uns überholt sind, wo anders eingeführt werden."
Zusammenarbeit mit Kandidatenländern fixiert
Die Vorarbeiten für den Ankauf von Emissionsreduktionseinheiten sind bereits angelaufen. 2002 wurden mit Tschechien, Bulgarien, der Slowakei und Rumänien bilaterale Verträge abgeschlossen. Mit Ungarn wird noch verhandelt.

Diese Verträge sollen sichern, dass die Rechte für die eingesparten Emissionen dann auch tatsächlich an Österreich weitergegeben werden können. In Österreich muss das Umweltförderungsgesetz allerdings noch geändert werden, bevor die Zusammenarbeit starten kann.
WWF-Experte: Klimaschutz im Inland nötig
Stefan Moidl, der Klimaexperte von der Umweltschutzorganisation WWF warnt davor, das als die alleinige Lösung zu sehen. Die Finanzierung von Klimaschutzprojekten im Ausland durch Österreich könne einen Beitrag zur Klimaschutzbilanz Österreichs liefern.

"Aber man muss sich bewusst sein, dass das immer nur ein geringer Anteil sein kann. Selbst wenn es zehn oder 20 Prozent sind, bleibt trotzdem die weitaus überwiegende Notwendigkeit nach nationalen Klimaschutzmaßnahmen in Österreich", so Moidl.
"Clean Development"-Mechanismen
Bei diesen 20 Prozent rechnet er auch die "Clean Development"-Mechanismen ein. Dabei handelt es sich um das dritte Instrument. Ein Beispiel: wenn eine österreichische Firma eine umweltfreundliche Anlage zum Beispiel in Indonesien errichtet. Ein Land, das laut Kyoto-Protokoll keine Reduktionsverpflichtung hat.

Hier ist strittig, ob dieses Engagement zur von den Industrieländern angepeilten Verringerung von 5,2 Prozent überhaupt dazugerechnet werden kann.
Emissionshandel: Viele Punkte sind noch offen
Noch sind viele Punkte für den Emissionshandel offen. Wie viel wird für eine neue Anlage berechnet, welche Unternehmen bekommen Zertifikate und dürfen internationale Konzerne auch intern Emissionen gegenrechnen? Welche Emissionen werden einbezogen?

Das sind einige der nicht geklärten Fragen. Der Ansatz, dass man Geld aus den eingesparten Emissionen machen kann, bringt die Klimadiskussion nun jedenfalls endgültig auf eine andere Ebene. Jetzt diskutieren die Konzernchefs, und nicht mehr nur Politiker und Umweltschützer.

Ulrike Schmitzer; Ö1-Wissenschaft
->   Die Universität für Bodenkultur (BOKU) Wien
->   WWF Österreich
->   Alle Beiträge zu Umwelt und Klima in science.ORF.at
 
 
 
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01.01.2010