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Männer können ihren Hormonspiegel gezielt steuern  
  Ob auch Männer einen monatlichen Hormonzyklus aufweisen, hat eine Wiener Verhaltensbiologin anhand von Testosteron, dem wichtigsten männlichen Sexualhormon, untersucht. Ihre Erkenntnisse sind eindeutig - zumindest, wenn es um die Fortpflanzung geht: Will ein Mann Vater werden, setzt er sein Testosteron ganz gezielt und zyklisch auf die Partnerin abgestimmt ein. Damit ist ein Zusammenhang zwischen "Vernunft und Trieb" bewiesen.  
"Es ist egal, ob ich Speichel, Kot oder Urin analysiere", erklärt die Wiener Verhaltensbiologin Katharina Hirschenhauser. "Anhand dieser Körperflüssigkeiten lässt sich einfach der Testosteronspiegel des jeweiligen Individuums gut bestimmen."
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"Monthly Patterns of Testosterone and Behavior"
Die Studie "Monthly Patterns of Testosterone and Behavior in Prospective Fathers" von Katharina Hirschenhauser, Didone Frigerio, Karl Grammer und Magnus Magunsson, ist erschienen im Fachmagazin "Hormones and behavior", Bd. 42, Nr. 2, September 2002, Seiten 172-181 (doi :10.1006/hbeh.2002.1815).
->   Hormones and Behaviour
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Wie beeinflussen Strategien den Hormonhaushalt?
Hirschenhauser beschäftigt sich seit zehn Jahren mit dem Hormonhaushalt von Fisch, Gans oder Mensch und erforscht die Wechselwirkungen zwischen den Substanzen und der Umwelt.

"Mich interessiert, in wie weit bestimmte Verhaltensstrategien - wie beispielsweise bei der Paarung - den Haushalt des Sexualhormons Testosteron beeinflussen, egal ob bei Mensch oder Tier", so die Forscherin. "Dass Hormone umgekehrt unseren Alltag mitbestimmen, ist ja bereits erforscht."
Männer können den Hormonspiegel steuern
Gemeinsam mit ihrem Team am Institut für Angewandte Psychologie in Lissabon und Kollegen aus Österreich, Italien und Island konnte die Wissenschaftlerin erstmals nachweisen, dass Männer das Potenzial besitzen, ihren Testosteronspiegel auf den weiblichen Zyklus abzustimmen, wenn sie sich mit der Partnerin die Zeugung eines Kindes vorstellen können.
Libido und Spermienproduktion steigen
Wünscht sich also ein Mann ein Kind, setzt er sein Testosteron gezielt ein und erhöht dessen Spiegel häufiger. Mit interessanten Folgen: Die männliche Libido steigt und damit in weiterer Folge die Spermienproduktion.
Haben auch Männer einen monatlichen Zyklus?
Untersuchungen rund um das wichtigste männliche Sexualhormon und seine Funktionen gibt es genug: Eine der jüngsten Erkenntnisse bestätigt beispielsweise, dass der Testosteronspiegel bei Männern knapp nach der Geburt ihres Kindes stark absinkt. Der Grund: Ein niedriger Testosteronspiegel bedeutet weniger Aggressionspotenzial beim frischgebackenen Papi.

Ursprung der Untersuchung war allerdings ein anderer Grund: "Meine Kollegen Didone Frigerio von der Konrad Lorenz Forschungsstelle in Grünau, Karl Grammer vom Ludwig-Boltzmann-Institut für Stadtethologie und Magnus Magnusson vom Labor für Humanverhaltensforschung in Reykjavik und ich wollten herausfinden, ob Männer einen ähnlichen monatlichen Hormonzyklus wie Frauen aufweisen", erklärt Hirschenhauser.
Unterschiede zwischen Single und verheiratet?
"Weiters interessierte uns, ob es zwischen dem Testosteron, dem Sexualverhalten und dem Alltag ein zusammenhängendes Muster gibt, das mit der jeweiligen Lebenssituation des Mannes korreliert." Anders ausgedrückt: Hat ein Single einen anderen Testosteronspiegel als ein verheirateter Mann?
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Details zur Studie: 23 männliche Probanden
Für die mit Hilfe zweier privater Sponsoren finanzierte Studie - einzig öffentliche Unterstützung kam aus Mitteln der Wissenschaftsförderung der Stadt Wien - erklärten sich 27 Männer aus Österreich und Italien im Alter von durchschnittlich 33 Jahren bereit, drei Monate lang täglich mittels einer Speichelprobe ihren Hormonspiegel messen zu lassen. Zudem machten sie in einem Fragebogen jeden Tag ausführliche Angaben zu ihrem Sexualleben und ihrem Alltag. Die Fragebögen und die an der Wiener Universität für Veterinärmedizin analysierten Speichelproben wurden dann auf ihre Zusammenhänge untersucht.
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Spezielles Computerprogramm findet Muster
Wertvolles Instrument zur Untersuchung der von den Probanden entnommenen Speichelproben war das Computerprogramm THEME: "Die von dem isländischen Verhaltensforscher Magnusson entwickelte Software findet aus einer Kette von beliebigen Ereignissen innerhalb eines bestimmten Zeitraums versteckte Muster heraus", erklärt Hirschenhauser.

"In unserem Fall erkannte das Programm bei 75 Prozent der Versuchspersonen eine wiederkehrenden Zusammenhang zwischen sexueller Aktivität und einem Peak - sprich: einem Höhepunkt - im Testosteronspiegel", so die Wissenschaftlerin weiter.
Verknüpfung mit Testbogen-Daten
Dieses Ergebnis wurde mit den Daten aus einem einmalig ausgefüllten Testbogen zur Lebenssituation - gefragt wurde nach Alter, Familienstand und erstmals nach dem Kinderwunsch - verglichen.

Das Resultat: "Bei fix gebundenen Männern mit Kinderwunsch taucht dieses Muster signifikant häufiger auf - durchschnittlich dreimal innerhalb des untersuchten Zeitraums", resümiert Hirschenhauser.
Keine geeignete Verhütungsmethode
Als Verhütungsmethode ist diese Erkenntnis aber nicht geeignet: Zwar stellt sich beim Single oder deklariert kinderwunschlos glücklichen Mann kein Hormonrhythmus mit der Frau ein. "Aber zeugungsfähig und -bereit ist er unter gegebenen Umständen dennoch", führt die Verhaltensbiologin aus.

Eva-Maria Gruber, Universum Magazin
->   Universum Magazin
->   Institut für Angewandte Psychologie in Lissabon
Mehr zu diesem Thema in science.ORF.at:
->   Verheiratete Väter: Weniger Testosteron im Blut
 
 
 
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01.01.2010