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Wird Wasser bald zur privaten Dienstleistung?  
  Wasser könnte schon bald ein Wirtschaftsgut wie viele andere und damit in privater Hand sein. Mehrere entwicklungspolitische NGOs haben nun eine Kampagne gestartet, um dieses Szenario zu verhindern.  
Die Welthandelsorganisation WTO bereitet derzeit das GATS vor, das allgemeine Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen: In wenigen Wochen müssen alle Länder melden, welche Dienstleistungs-Bereiche sie für ausländische Investoren öffnen werden.
AGEZ startet "Stop GATS"- Kampagne
Die in der AGEZ (Arbeitsgemeinschaft Entwicklungszusammenarbeit) zusammengeschlossenen 29 entwicklungspolitischen NGOs fürchten, dass dies das Ende des Rechts auf sauberes und vor allem leistbaren Trinkwassers für alle bedeutet. Sie haben deshalb die Kampagne "Stop GATS" gestartet.
Beispiel Uganda: Viele Orte ohne Wasser
Im Südwesten Ugandas gibt es viele Orte in höheren Lagen, die von der Wasserversorgung komplett abgeschnitten sind. Die Österreichische Entwicklungszusammenarbeit hat dort begonnen, Brunnen mit Solarpumpen zu errichten und ein Netzwerk von kleinen Wasserversorgern aufzubauen.
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Erste Privatisierungseuphorie abgewendet
Günther Stachel, der Leiter der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit im Außenministerium, war dort mit der Privatisierungseuphorie konfrontiert. "In Uganda haben wir erfolgreich einen Gegenakzent im Wasserministerium gesetzt und gesagt, die Privatisierung dieser von uns gebauten Versorgungsanlagen wäre störend und würde die Funktionalität beeinträchtigen", so Stachel.

Die Österreichischen Entwicklungshelfer konnten sich in dem Fall auch durchsetzen. "Eine ähnliche Situation wird in Kap Verde auftreten, wo wir gerade mit der Weltbank verhandeln, um ein differenziertes Vorgehen zu erreichen."
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Verdoppelung der Preise nach Privatisierung
Wasser, das als Erdöl des 21. Jahrhunderts gilt, verspricht große Geschäfte. Mit verheerenden Auswirkungen für die Armen. Die Arbeitsgemeinschaft für Entwicklungszusammenarbeit nennt Beispiele:

In Ghana, in Argentinien und Bolivien verdoppelten sich die Wasserpreise nach der Privatisierung. In Südafrika wurde den Haushalten, die ihre Rechnungen nicht bezahlen konnten, der Hahn abgedreht.
Recht auf Grundversorgung kontra Profitmaximierung
Profitmaximierung darf bei der Wasserversorgung nicht den Ausschlag geben, die Menschen haben ein Recht auf eine Grundversorgung, kritisieren die entwicklungspolitischen Organisationen.
Befürchtung: Keine Versorgung am Land
"Ein Unternehmen hat die Aufgabe, Gewinn abzuwerfen. Das kommt häufig in Widerspruch mit dem Ziel der sozialen Versorgung", erklärt dazu Günther Stachel, der Leiter der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit im Außenministerium.

"Die vorhandenen Investitionsmittel von den Gebern fließen primär in den Bereich, der für eine Privatfirma interessant ist, sprich in die großen Städte. Aufs Land, wo aber die meisten Armen leben, geht dann niemand hin."
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Städte im Visier der Konzerne
Die Konzerne haben die Städte im Visier, weil sie dort die meisten Abnehmer haben. Nicht nur die Mittelschicht ist bereit für eine gute Versorgung zu zahlen, auch die Armen, weil sie ohnehin überhöhte Wasserpreise an Wasserhändler zahlen müssen oder weil sie sonst auf verunreinigtes Wasser aus Pumpen oder verschmutzten Kanälen angewiesen sind.

"Wir haben den ganz simplen Wirkungszusammenhang, dass der Großteil der Kinderkrankheiten auf schmutziges Wasser zurückzuführen ist", so Experte Günther Stachel. Die Konzerne wissen: In den Städten wird der Bedarf steigen. Bis 2025 werden 1,7 Milliarden Menschen mehr als heute in Städten leben, die Versorgung muss gesichert werden.
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Privates Geld wird dennoch benötigt
Auf der anderen Seite ist privates Geld nötig. Die Aufwendungen müssen verdoppelt werden, um bis 2015 eine flächendeckende Wasserversorgung zu erreichen. Insgesamt benötigen die Entwicklungsländer jedes Jahr zusätzlich 60 bis 70 Milliarden Dollar für den Wassersektor, beziffert die Weltbank den Investitionsbedarf.
Geplant: Gemeinden als Träger
Auch die Österreicher wollen mit Privaten zusammenarbeiten, die z.B. die Baumaßnahmen durchführen. Als Träger sind jedoch die Gemeinden am besten geeignet, so Stachel. In Verbindung mit Nutzergemeinschaften, die von den Bürgern selbst getragen werden.

Die heimischen Erfahrungen mit diesem Modell sind auch der Grund, warum die Österreicher im Wassersektor derzeit international noch so gefragt sind.

Ulrike Schmitzer, Ö1-Wissenschaft
->   Österreichische Entwicklungszusammenarbeit
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01.01.2010