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Wie demokratisch sind Nicht-Regierungs-Organisationen?  
  Der Politikwissenschaftler Claus Leggewie befasst sich mit dem Siegeszug der Nicht-Regierungs-Organisationen, kurz NGOs und fragt: Sind NGOs eigentlich demokratisch? Unbestritten ist für ihn die demokratisierende Funktion dieser Organisationen, was nicht heißen muss, dass NGOs auch demokratisch strukturiert sind. In einem aktuellen "Eurozine"-Artikel setzt sich der Politikwissenschaftler mit Wegen in eine "wirklich demokratische" Weltgemeinschaft auseinander.  
Claus Leggewie stellt die Frage nach der demokratischen Legitimiertheit von NGOs, die für sich in Anspruch nehmen, die wahrhaft demokratischen Akteure zu sein. Slogans wie: "This is democracy!" oder "Voi G-8, noi 6.000.000.000!", die sich die Demonstranten von Seattle und Genua auf ihre Transparente schrieben, verdeutlichen diesen Anspruch.
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"Transnationale Bewegungen und demokratische Frage"
Claus Leggewies Artikel "Transnationale Bewegungen und demokratische Frage" ist in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift "Transit" (Nr. 24) erschienen. In der mehrsprachigen Web-Kulturzeitschrift "Eurozine" kann der Artikel im Volltext - auf Englisch und Deutsch - nachgelesen werden.
->   Der vollständige Artikel in "Eurozine"
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Diagnose: "Demokratisierungsparadox"
Leggewie zufolge befinden sich viele NGOs aber in einem "Demokratisierungsparadox". Einerseits ist ihre demokratisierende Wirkung unbestritten, was aber nicht gleichzeitig ihre eigene demokratische Struktur garantiert.
"Abschied vom Staatsbürger", hin zum Weltbürger
Nach der Diskussion unterschiedlicher Demokratiemodelle - auch die österreichische Sozialpartnerschaft wird unter die Lupe genommen - und praktischen Vorschlägen zur Stärkung der Akteure "von unten" kommt Leggewie zu folgendem Ergebnis:

"Um konzeptionell und praktisch weiterzukommen, muss man offenbar Abschied nehmen vom Denkmodell des (auf seinem Gebiet) allzuständigen, durch gewählte Vertreter repräsentierten Staatsbürgers und sich einstellen auf den in besonderen Politikbereichen speziell zuständigen Unions- und Weltbürger."
Die Folgen für die NGOs
Was bedeutet dies aber in Bezug auf die NGOs? Gemeinwohlorientierung und Ausrichtung an universalistischen Normen reichten nicht aus. NGOs sollen nach Leggewie weitere repräsentative Funktionen übernehmen.

Das von ihm als zu "formlos-utopisch" charakterisierte Konzept des Weltbürgers solle durch ein "institutionelles Gerippe" ergänzt werden: NGOs müssten einer sektoral eingegrenzten "Wählerschaft" Rechenschaft ablegen, sich um eine stärkere öffentliche Erörterung ihrer Ziele bemühen und schließlich müssten sie ihre Distanz gegenüber parlamentarischen Entscheidungsgremien aufgeben.

Durch eine solche Kombination könne der Slogan "We are democracy" mit umso mehr Nachdruck versehen werden - und eine wirklich politische Weltgemeinschaft könnte entstehen.
->   "Transit"
->   Weitere Eurozine-Artikel in science.ORF.at
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Informationen zu Claus Leggewie
Professor für Politikwissenschaft an der Justus-Liebig-Universität Gießen seit 1989.

Studium der Sozialwissenschaften und Geschichte in Köln und Paris. Promotion und Habilitation als Hochschulassistent in Göttingen. Gastprofessuren an der Université Paris-Nanterre und am Institut für die Wissenschaften vom Menschen, Wien.

1995 bis 1997 erster Inhaber des Max-Weber-Chair an der New York University. Faculty Fellow am Remarque Institute der New York University (bis März 1998). Im akademischen Jahr 1999/2000 Fellow am Wissenschaftskolleg zu Berlin.

Forschungsschwerpunkte: Vergleichende Regierungslehre und Systemanalyse; Deutsche Innenpolitik und Zeitgeschichte nach 1945; Radikale Rechte in Europa und den USA; Immigration, Multikulturalismus und Globalisierung; Politische Generationen und Zeitgenossenschaft sowie Politische Kommunikation unter besonderer Berücksichtigung des Internet.
->   Die Homepage von Claus Leggewie
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01.01.2010