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Kulturanthropologen erforschen Buganda  
  Das Königreich Buganda liegt in Ostafrika, genauer gesagt: in Uganda. Diese Namensähnlichkeit ist kein Zufall, sondern Ausdruck der Kolonialgeschichte des Kontinents. Diesen und anderen Besonderheiten Bugandas sind nun ein Wiener und ein afrikanischer Kulturanthropologe im Rahmen eines vom Wissenschaftsfonds (FWF) geförderten Forschungsprojekts nachgegangen.  
Königreich mit Wurzeln im 14. Jahrhundert
Es ist zirka so groß wie die Schweiz und liegt im südlichen Teil Ugandas, im so genannten ostafrikanischen Zwischenseengebiet: Buganda gilt als eines der bedeutendsten, noch bestehenden präkolonialen Königreiche des afrikanischen Kontinents und hat eine beeindruckende Tradition und Kultur aufzuweisen, deren Wurzeln sich bis in 14. Jahrhundert zurückverfolgen lassen.
Nur Idi Amin unterbrach Königsherrschaft
Von europäischen Reisenden erst Mitte des 19. Jahrhunderts entdeckt, beweist der kleine Staat in seiner gesellschaftlichen, politischen und religiösen Struktur erfolgreich Beständigkeit.

Zur einzigen Unterbrechung der königlichen Herrschaft kam es während der knapp zwanzig Jahre andauernden Unterdrückung durch den Diktator Idi Amin, der 1966 den Königshof stürmte und den damaligen König Mutesa II. ins britische Exil zwang.
Systematische Erfassung sakraler Stätten
Die beiden Kulturanthropologen Gerhard Kubik und Moya Aliya Malamusi haben sich nun an die Dokumentation der mündlichen überlieferten Geschichte Bugandas gemacht. Im Zuge ihres groß angelegten, vom Wissenschaftsfonds (FWF) geförderten Forschungsprojekts über "ostafrikanische Traditionen verbunden mit Königtum und Ritual" erfassten die beiden Wissenschaftler erstmals in einer systematischen Feldforschung sakrale Stätten im Königreich.
Foto- und Videodokumentation
"Mit Hilfe von Video- und Audioaufnahmen sowie einer ausführlichen Fotodokumentation haben wir die mündlich überlieferten Geschichten und Aufführungstraditionen, die mit dem Königtum assoziiert werden, dokumentiert", erklärt Kubik die ersten Ergebnisse der Feldforschung.
Erforschung des "Zwei-Totem-Prinzips"
Foto: Universum-Magazin
Kubik und Malamusi fanden heraus, dass an den Kultstätten vielfach rituelle Gegenstände,
wie Trommeln, Speere oder auch Tongefäße (siehe Bild) mit
sakralem Inhalt aufbewahrt werden.
"Abgesehen davon analysierten wir das einzigartige Clan-System und die Besonderheiten des "Zwei-Totem-Prinzips". Die Bevölkerung von Buganda unterteilt sich nämlich in 52 Clans, in denen jeder Angehörige zwei 'Wappen'-Tiere oder auch 'Wappen '-Pflanzen besitzt." Ebenso erfasst wurden rituelle Handlungen, Opferriten der Ahnen, Heilzeremonien und rituelle Dramen.

"Wesentlich unterstützt wurden wir übrigens von Charles Sekintu, einem der berühmtesten Historiker des Landes, mit dem ich seit 1959 eng befreundet bin", ergänzt der Wissenschaftler. "Ohne seine Hilfe hätten wir wahrscheinlich bei manchen Kultstätten nicht so einfach Zugang gefunden."
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Die Geschichte Bugandas
Seit Ende des 19.Jahrhunderts wird die bewegte Geschichte des Königreichs durch Landeshistoriker dokumentiert: Während der Kongokonferenz 1884, in der Afrika unter den Kolonialstaaten aufteilt wurde, fiel Buganda gemeinsam mit zwei anderen Königtümern und einem staatlosen Raum im nördlichen Zwischenseengebiet unter britisches Protektorat im Tauschhandel mit Deutschland als Gegenwert für Helgoland. Die Briten tauften das Land"Uganda" - die Kisuaheli-Übersetzung für Buganda. 1962 erlangte Uganda die Unabhängigkeit. Vier Jahre später verbot erste Präsident Milton Obote das Königtum. Es kommt zum Sturm auf das Königshaus durch Idi Amin. 1986 stürzt der heutige Präsident Yoweri Musereni den Diktator. Sechs Jahre später wird Ronald Mutebi II. als König von Buganda eingesetzt.
->   Königreich Buganda
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Untersuchung der Geburtsstätte des Königreichs
Die Dokumentation der heiligen Orte Bugandas zeigt deutlich die Bedeutung des Königs ebenso wie die Tradition bestimmter Riten: Unter anderem dokumentierten Kubik und Malamusi den Krönungsort "Naggalabi Buddo", ein riesiges Areal südwestlich von der Hauptstadt Kampala.

Nach mündlichen Erzählungen gilt dieser Ort als die Geburtstätte des Königsreichs im 14.Jahrhundert. Ebenso erfasst ist der Schrein des legendären Kintu, dem Gründer Bugandas. Der Ort gehört zu den wichtigsten sakralen Stätten des Landes.
Weitere Forschungsprojekte
"Besonders überraschend war für uns, dass an den meisten dieser Kultstätten vielfach auch Ritualgegenstände aufbewahrt werden ebenso, wie Musikinstrumente, Speere oder Baumrindentücher", resümiert Kubik.

In den nächsten Monaten untersuchen die Kulturanthropologen weitere Königtümer in Uganda sowie in Tansania und Malawi. Zum Thema "Totemismus" erscheint demnächst ein Buch von Gerhard Kubik im LIT Verlag Berlin.

Eva-Maria Gruber, Universum Magazin
->   Wissenschaftsfonds (FWF)
->   Universum Magazin
 
 
 
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01.01.2010