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Methan: Tickende Zeitbombe auf dem Meeresgrund?  
  Schlammvulkane auf dem Meeresboden sind eine der größten natürlichen Quellen für das Treibhausgas Methan. Inwieweit sie eine Bedrohung für das Weltklima darstellen, ist noch unklar: Kieler Forscher untersuchen, wie groß ihr Einfluss wirklich ist.  
"Wie überall gibt es Moden. Früher waren es die Termiten, die angeblich das ganze Methan in die Atmosphäre geblasen haben, danach waren es Feuchtgebiete, Schelfgebiete, Deponien oder Kühe, die für den Ausstoß verantwortlich gemacht wurden", schildert Jens Greinert vom Forschungszentrum für marine Geowissenschaften GEOMAR in Kiel. "Jetzt sind eben die Schlammvulkane im Blickfeld."
Ein Viertel des Methans vom Meeresgrund
Der Forscher war vor Japan und im Schwarzen Meer mit dem Tauchboot unterwegs und hat dort Schlammvulkane auf dem Meeresboden untersucht. Schlammvulkane sind Vulkane, die statt Lava kalten Schlamm und Methan ausstoßen.

Zur Zeit werden sie als eine der wichtigsten Methanquellen angesehen. Laut neuesten Studien stammen sogar 25 Prozent der Methanaustritte von Schlammvulkanen.
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Von Methanhydrat zu Kohlendioxid
Es sieht aus wie gewöhnliches Eis, fühlt sich kalt und glatt an, aber es brennt. Es ist Eis, das mit einer roten Flamme brennt. Methanhydrat ist eine eisartige, weiße Verbindung von Wasser und Gas. Das Gashydrat ist am Meeresboden stabil, wo hoher Druck herrscht und die Temperaturen um zwei Grad Celsius liegen - zumeist in 500 Metern Tiefe.

An der Wasseroberfläche zerfallen die Methanhydrat-Brocken allerdings schnell. Das "Eis" ist ein brisanter Stoff: Wenn es sich zersetzt, wird Methan frei, das einen fast dreißig Mal so starken Treibhauseffekt wie Kohlendioxid erzeugt. Methan bleibt zehn Jahre lang in der Atmosphäre und selbst dann verschwindet es nicht spurlos. Es verwandelt sich in Kohlendioxid, ein wirkungsvolles Treibhausgas. Methanhydrat hat zudem eine ungewöhnliche chemische Struktur. Wenn nur ein Liter Methaneis schmilzt, werden 164 Liter Methangas daraus - und eine kleine Wasserlacke.
->   Homepage der Gashydrate (Geomar)
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Schlammvulkane im Schwarzen Meer untersucht
Die Forscher von GEOMAR untersuchten bei der Forschungsfahrt "MARGASCH - Marine Gashydrate Schwarzes Meer" im Vorjahr fünf Schlammvulkane im Schwarzen Meer.

Die ersten Gashydrate, die überhaupt im marinen Bereich geborgen wurden, stammen übrigens aus dem Schwarzen Meer. Russische Forscher machten diese Entdeckung im Jahr 1980.
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Bis zu 600 Schlammvulkane an Land
Schlammvulkane haben bis zu 500 Meter hohe Kegel. Durch den Druck der Kontinentalplatten quillt statt Magma kalter Schlamm, Gas und Wasser hervor. An Land gibt es rund 600 Schlammvulkane, die relativ intensiv untersucht sind, die Kegel auf dem Meeresgrund sind noch wenig erforscht.
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Bakterien können Methan nicht mehr abbauen
Es gibt zwischen 200 und 600 Schlammvulkane im Schwarzen Meer, schildert Gerhard Bohrmann, der Leiter der Forschungsfahrt mit dem Schiff "Meteor". Damit sind aber noch lange nicht alle Methanquellen erfasst. Aus Untersuchungen russischer Kollegen ist bekannt, dass es rund 5.000 Stellen allein im Schwarzen Meer gibt, an denen Methan freigesetzt wird.

Das meiste Methan, das aus dem Meeresboden kommt, bauen Bakterien ab. Doch Schlammvulkane sind potenziell Orte, an denen die Organismen nicht mehr mit der Oxidation dieses Methans nachkommen - das Methan kann deshalb in die Atmosphäre gelangen.
Bedrohung für Weltklima unklar
Die Folgen sind allerdings noch unklar. "Ob das eine Bedrohung für das Weltklima ist, wissen wir noch nicht", so der Expeditionsleiter Bohrmann.

Die Kieler Experten haben im Groben verstanden, wie die Mechanismen der Gashydratbildung funktionieren. Jetzt geht es darum, auch die Flüsse und Transportmengen abzuschätzen, um dann global hochrechnen zu können, wie groß der Einfluss von Methan, das auf dem Meeresboden freigesetzt wird, wirklich ist.
Klimamodelle vernachlässigen natürliches Methan
Bisher gibt es weder Langzeituntersuchungen noch Mengenberechnungen. "Wir müssen Klimamodelle mit Zahlen füllen können", so Greinert. "Bisher wurden diese natürliche Methanquellen noch nicht berücksichtigt."

Es wird aber zwei bis drei Jahre dauern, bis sämtliche Daten erfasst und publiziert sind. 2005/2006 wollen die Gashydrat-Forscher wieder ins Schwarze Meer und ins Mittelmeer aufbrechen, um neues Wissen über das brennende Eis zu sammeln.

Ein Beitrag von Ulrike Schmitzer für die Sendung "Dimensionen" am Dienstag, 18 Februar 2003, um 19:05 in Ö1.
->   Radio Österreich 1
Mehr zu diesem Thema in science.ORF.at:
->   Methanhydrat, das brennende Eis aus der Tiefsee
 
 
 
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01.01.2010