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Stammzellen "live" im Gehirngewebe beobachtet  
  Die Therapie mit embryonalen Stammzellen hat große Hoffungen für die Behandlung von Schlaganfallpatienten geweckt: In Tierstudien konnte gezeigt werden, dass sich die implantierten Zellen zu neuem Hirngewebe entwickeln können. Was genau dabei im Gehirn vor sich geht, ließ sich bislang jedoch nicht sagen. Deutschen Forschern ist es nun erstmals - mithilfe einer eigens modifizierten Methode - gelungen, die Wanderung solcher embryonaler Stammzellen im Gehirn in vivo zu beobachten.  
Das Forscherteam vom Max-Planck-Institut für neurologische Forschung in Köln hat die in Zusammenarbeit mit der Universität Köln gewonnenen Ergebnisse nun im US-Fachmagazin "Proceedings of the National Academy of Sciences" (PNAS) veröffentlicht.
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"Monitoring of implanted stem cell migration in vivo"
Der Artikel "Monitoring of implanted stem cell migration in vivo: A highly resolved in vivo magnetic resonance imaging investigation of experimental stroke in rat" des Kölner Forscherteams ist erschienen in den PNAS, Bd. 99, Nr. 25, Seiten 16267-16272 (doi: 10.1073/pnas.242435499).
->   Abstract des Originalartikels in den PNAS
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Beobachtung in vivo mit Kernspintomographen
Die Wissenschaftler beobachteten mittels eines hochauflösenden Kernspintomographen embryonale Stammzellen, die in das Gehirn von Ratten eingebrachte wurden. Dabei konnte verfolgt werden, wie sie sich gezielt zum Herd eines Schlaganfalls bewegten und dort zu Nervenzellen ausdifferenzierten.
Markierte Stammzellen im Rattenhirn
Sie lösten dazu bei elf Ratten in der rechten Hirnhemisphäre einen Schlaganfall aus und implantierten ihnen zwei Wochen später die speziell präparierten Stammzellen in die gesunde Hirnhälfte. Zur Kontrolle implantierten sie die markierten Zellen auch in drei gesunde Ratten.

Die verwendeten embryonalen Stammzellen stellten ein grün fluoreszierendes Protein (GFP) her - und wurden zudem mit einem Kernspinresonanz-Kontrastmittel markiert.

Dadurch sei es erstmals möglich gewesen, selbst kleinste Gruppen von 100 oder weniger Stammzellen mit starkem Kontrast gegenüber dem Wirtsgewebe zu beobachten, berichten die Forscher.
Wanderung zu den Schädigungen
Den Ergebnissen zufolge wanderten die Zellen innerhalb von drei Wochen entlang des Corpus Callosum, der die beiden Hirnhälften überbrückt, in die andere Hirnhemisphäre uns sammelten sich dabei besonders stark entlang des so genannten Läsionsweges - also der geschädigten Bereiche im Gehirn - an.

Deshalb vermuten die Forscher, dass die Läsion bzw. ihr Randgebiet chemische Signale - neurotrophe Faktoren, Chemokine oder Cytokine - aussendet, die für die Lenkung der Zellen in das Zielgebiet verantwortlich sind.
Bilder zeigen Migration von Stammzellen
 
Bild: Max-Planck-Institut f¿r neurologische Forschung

Die Bilder von einem Rattenhirn (in vivo) verdeutlichen die Migration von implantierten Stammzellen. Die gelben Pfeile zeigen die primären Implantationsorte. Bereits nach sechs Tagen wandern Zellgruppen (rote Pfeile) auf das Infarktgebiet zu. Nach weiteren zwei Tagen kann eine Ausbreitung der Zellen, als diffus dunkles Gebiet, am Rand der Schädigung beobachtet werden. Wenige Tage später haben sich die embryonalen Stammzellen im gesamten Striatum (siehe einzelner Pfeil) angesammelt. Zu diesem Zeitpunkt sind die primären Implantationsorte deutlich entvölkert, wie an dem abnehmenden Kontrast zu erkennen ist.
Weiterer Signalgeber für zelluläre Funktionsbestimmung?
In der Schlaganfall-Region selbst differenzierten sich die embryonalen Stammzellen vor allem zu Neuronen- und Gliazellen. Nach Meinung der Kölner Hirnforscher ein Hinweis darauf, dass es in der Schlaganfall-Region einen weiteren Signalgeber geben muss, der die spätere Funktion der zuvor noch völlig undifferenzierten Stammzellen bestimmt.
Kontrollgruppe: Stammzellen bewegten sich nicht
Interessant sind auch die Ergebnisse aus der Ratten-Kontrollgruppe: Die Scans der Wissenschaftler zeigen, dass sich die implantierten embryonalen Stammzellen bei den gesunden Ratten nicht bewegten.
Ausblick auf die Zukunft: Einzelne Zelle "live"
Mathias Hoehn, Leiter der Forschergruppe vom Max-Planck-Institut für neurologische Forschung, betont jedoch, dass erst weitere Untersuchungen mit längerer Beobachtungsdauer zeigen werden, ob die Methode tatsächlich zur Erholung der funktionellen Hirnaktivität führt.

Der Neurologe geht davon aus, dass die Weiterentwicklung des Magnetresonanz-Systems sogar die Detektion und Verfolgung einzelner markierter Zellen ermöglichen und so Wissenschaftlern helfen könnte, die Differenzierung von Stammzellen für unterschiedliche therapeutische Zwecke zu kontrollieren und zu steuern.
->   Max-Planck-Institut für neurologische Forschung
->   Das science.ORF.at-Archiv zum Thema Stammzellen
 
 
 
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01.01.2010