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Wissenschaftler entdecken "Brustkrebs-Stammzellen"  
  Gängige Brustkrebs-Therapien richten sich gegen alle Tumorzellen gleichermaßen. Laut einer neuen Studie könnte dies allerdings der falsche Ansatz sein: Demnach ist lediglich eine kleine Minderheit an Zellen innerhalb eines Brustkrebs-Tumors dafür verantwortlich, dass sich gefährliche Metastasen bilden. Die Entdeckung soll dabei helfen, ganz gezielte Therapien zu entwickeln, die sich gegen diese "Brustkrebs-Stammzellen" richten.  
Von allen Zellen in einem menschlichen Brustkrebs ist offenbar nur eine kleine Minderheit dazu in der Lage, neue bösartige Tumore zu bilden. Dies berichten Forscher um Michael Clarke vom University of Michigan Comprehensive Cancer Center in den "Proceedings of the National Academy of Sciences" (PNAS).
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"Identification of tumorigenic breast cancer cells"
Der Artikel "Prospective identification of tumorigenic breast cancer cells" von Muhammad Al-Hajj, Max S. Wicha, Sean J. Morrison und Michael F. Clarke ist online als Vorab-Publikation in www.pnas.org erschienen und wird in einer der kommenden Printausgaben des Fachjournals abgedruckt.
->   PNAS
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Eine Art von "Brustkrebs-Stammzellen"
Der Vergleich mit Stammzellen - den so genannten Vorläuferzellen, aus denen sich später alle anderen Zelltypen entwickeln - liegt nahe: Wie Studienleiter Michael Clarke erläutert, haben die den Tumor hervorrufenden Zellen tatsächlich viele Eigenschaften von Stammzellen.

"Sie machen Kopien von sich selbst - ein Prozess, der sich Selbst-Erneuerung nennt - und produzieren alle anderen Zellarten, die in dem ursprünglichen Tumor vorkommen", so der Wissenschaftler in einer Aussendung.
Zelltypen isoliert aus Krebsgewebe
Die Forscher untersuchten im Rahmen ihrer Studie Zellen, die sie aus dem Krebsgewebe von neun Frauen isoliert hatten. Die Frauen litten entweder unter einem primären Brustkrebs-Tumor, oder es hatten sich - als Folge einer anderen Krebserkrankung - Metastasen in der Brust gebildet.

Alle Krebszellen weisen ein einzigartiges Protein-Muster auf ihren Oberflächen-Membranen auf - ähnlich einem "Fingerabdruck".

Mit spezifischen Antikörpern und entsprechender Technologie gelang es den Forschern, die verschiedenen Typen von Krebszellen innerhalb eines Tumors in einzelne Populationen zu isolieren - je nach den Oberflächen-Proteinmarkern.
Ein Phänotyp bei fast allen Erkrankten
Dabei entdeckte das Team eine kleine Gruppe von Zellen, deren Phänotyp bei acht der neun untersuchten Brustkrebsfälle vorkam. Die Zellpopulationen wurden daraufhin Mäusen mit einem fehlerhaften Immunsystem eingespritzt.

Die Folge: Lediglich 100 bis 200 der entdeckten Zellen führten bereits zur Bildung von bösartigen Tumoren in den Mäusen, während Tausende andere isolierter Krebszell-Typen keine neuen Geschwulste verursachten.

Die auf diese Weise entdeckten Krebs-Stammzellen wiesen alle einen bestimmten Protein-Marker auf: CD44. Gleichzeitig hatten sie keinen oder nur eine geringe Menge eines weiteren Markers CD24.
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Brustkrebs: Mehr Erkrankungen, weniger Todesfälle
Brustkrebs ist die häufigste Form einer Krebserkrankung bei Frauen: Schätzungsweise 400.000 Frauen rund um den Globus sterben jährlich an Brustkrebs, 800.000 neue Fälle der Krankheit werden pro Jahr registriert. In Österreich erkranken jedes Jahr rund 5.000 Frauen an so genannten bösartigen Mammakarzinomen - mit steigender Tendenz. Diese Zunahme, insbesondere bei jüngeren Patientinnen, entspricht laut Expertenangaben dem internationalen Trend.

Die gute Nachricht: Trotz mehr Brustkrebserkrankungen sank in Österreich in den vergangenen Jahren die Zahl der Todesfälle. Im Jahr 2001 sind exakt 1.584 der heimtückischen Krankheit erlegen. In Österreich beträgt laut Onkologen der Anteil fortgeschrittener Brustkrebserkrankungen bei der Diagnose nur noch zehn Prozent (weltweit: 70 Prozent). Im Frühstadium erkannt und behandelt, liegt die Heilungsrate bei 80 und mehr Prozent.
->   Medizinische Informationen über Brustkrebs (medicine worldwide)
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Acht von neun Testpersonen zeigt Wert des Modells
Auch wenn neun Testpersonen nicht eben viel sind - für die Forscher ist die Tatsache, dass die betreffenden Zellen bei immerhin acht dieser Frauen vorkamen, bereits sehr bedeutsam:

"Dies ist vielleicht nicht das einzige Expressions-Muster der 'Stammzellen' eines Patienten, doch es demonstriert den Wert des Krebs-Stammzell-Modells", kommentiert Max Wicha, Onkologe und Leiter des Comprehensive Cancer Centers.
Mehrer Generationen von Zellen getestet
Um die Fähigkeit der "Brustkrebs-Stammzellen" zur Bildung eines neuen Tumors zu testen, wiederholten die Mediziner das Experiment mehrere Male: Zunächst wurden 200 Zellen aus dem ursprünglichen Tumor isoliert und einer Maus injiziert. Aus dem in Folge entstehenden Tumor wurden wieder Zellen isoliert, die einer weiteren Maus injiziert wurden usw.

Nach Angaben der Wissenschaftler wurde diese Prozedur - auch "Passage" genannt - insgesamt bis zu vier mal wiederholt. Jedes Mal führte die Injektion der Zellen erneut zur Entstehung eines Brustkrebstumors, dessen Zellverteilung der im ursprünglichen Tumor entsprach.
Auf der Suche nach weiteren Krebs-Stammzellen
Die Mediziner wollen nun auch andere Krebsarten auf solche Stammzellen untersuchen. Primäres Ziel ist die Entwicklung neuer und effektiver Behandlungsmethoden. Dafür wollen die Wissenschaftler nun untersuchen, wie die Krebs-Stammzellen die Metastasen-Bildung steuern.
->   Das Comprehensive Cancer Center der University of Michigan
->   Sämtliche Artikel zum Thema Brustkrebs in science.ORF.at
 
 
 
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01.01.2010