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Bluthochdruck-Behandlung: Renaissance alter Mittel  
  Jahrzehntelang wetteiferten die Pharmakonzerne bei der Entwicklung neuer Medikamente zur Behandlung von Bluthochdruck. In jüngster Zeit kommt es allerdings zu einer Renaissance der ältesten derartigen Mittel.  
Gemeint sind so genannte Diuretika (Entwässerungsmittel) und der Beta-Blocker. Ausschlaggebend dabei sind Zusatznutzen der einzelnen Substanzen für manche Patienten, die unter Hypertonie leiden.

Dies erklärte am Dienstag bei der 36. Wissenschaftlichen Fortbildungswoche der Österreichischen Apothekerkammer in Saalfelden Markus Müller von der Universitätsklinik für Klinische Pharmakologie in Graz.
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Blutdruck: Empfohlene Werte
- Als optimaler Blutdruckwerden weniger als 120 mmHg systolisch (oberer Wert/Pumpphase des Herzens) und weniger als 80 mmHg diastolisch (unterer Wert/Ruhephase des Herzens) angesehen.
- "Normal" sind Werte zwischen 120 bis 129 mmHg systolisch und 80 bis 84 mmHg diastolisch.
- Ein "hochnormaler Blutdruck" liegt vor, wenn die Werte 130 bis 139 mmHg systolisch oder 85 bis 89 mmHg diastolisch betragen

Bluthochdruck/Hypertonie:
- Stadium I: systolisch 140 bis 149 mmHg oder 90 bis 99 mmHg diastolisch
- Stadium II: systolisch 160 bis 179 mmHg oder diastolisch 100 bis 109 mmHg
- Stadium III: systolisch mehr als 180 mmHg oder diastolisch mehr als 110 mmHg
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Behandelt wird "das gesamte Herz-Kreislauf-Risiko"
Insgesamt werden die Medikamente zur Hypertonie-Therapie für den einzelnen Patienten immer mehr nach ihren zusätzlichen Qualitäten über die Blutdrucksenkung hinaus ausgewählt. "Wir behandeln nicht den Blutdruck, wir behandeln das gesamte Herz-Kreislauf-Risiko", lautet die Devise.

Gerade deshalb feiern alte Substanzen derzeit "fröhliche Urständ'": Das gilt laut Müller zum Beispiel für die Diuretika, also entwässernde Mittel: "Diuretika haben einen fixen Platz in der Therapie der Herzinsuffizienz."
Beispiel: Diuretika kontra ACE-Hemmer
Der Grazer Experte verweist auf die so genannte ALLHAT-Studie: "Es nahmen 33.357 Patienten teil. Es waren Personen mit Bluthochdruck und einem anderen Herz-Kreislauf-Risiko-Faktor im Alter über 55 Jahren." Verglichen wurde die Behandlung mit einem ACE-Hemmer oder einem Diuretikum.

Innerhalb von sechs Jahren gab es zwar keinen Unterschied in der Sterblichkeit der Patienten aus den beiden Gruppen, aber es kam bei den Personen, die mit dem Diuretikum behandelt wurden, zu weniger nicht-tödlichen Herz-Kreislauf-Zwischenfällen, weniger Schlaganfällen und weniger Fällen sich ausbildender chronischer Herzschwäche.

Müller: "ALLHAT hat sehr viel an der Einstellung zur Diuretika geändert. Es scheint so, dass sie bei Risikopatienten mit neu diagnostizierter Hypertonie die Mittel der ersten Wahl sind."
Beta-Blocker bei Herzinsuffizienz
Laut Kurt Stoschitzky von der Abteilung für Kardiologe an der Grazer Universitätsklinik erleben auch die älteren Beta-Blocker eine Renaissance.

Der Hintergrund: Noradrenalin und Adrenalin wirken auch auf Herz- und die Blutgefäße. Die Herzarbeit wird erhöht, gleichzeitig werden die Arterien verengt und der Blutdruck steigt.

Das ist der Effekt einer dauernden Stress-Situation. Sie tritt auch im Herzen und im Gefäßsystem von Menschen mit chronischer Schwäche dieses Organs (Herzinsuffizienz) auf.
Beta-Blocker besetzen Adrenalin-Rezeptoren
Die seit Jahrzehnten in der Hypertonie-Behandlung verwendeten Beta-Blocker besetzen die Rezeptoren für Noradrenalin und Adrenalin. Dadurch wird der "Angriff" der körpereigenen Substanzen gehemmt.

Waren bei chronischer Herzschwäche (Herzinsuffizienz) diese Medikamente ehemals verpönt, gelten sie seit wenigen Jahren als besonders wertvoll.

Substanzen "erster Wahl" laut dem Grazer Herzspezialisten: "Wenn keine anderen Indikationen vorliegen, sollten Patienten unter 50 primär einen Beta-Blocker oder einen ACE-Hemmer bekommen. Etwas ältere Patienten über 60 sollte ein Diuretikum oder einen Kalzium-Antagonisten erhalten."
->   Österreichische Apothekerkammer
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01.01.2010