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Dokumentation einer "Jahrhundert-Katastrophe"  
  Ein halbes Jahr nach dem Hochwasser ziehen Wissenschaftler Bilanz über die Folgen und die Lehren aus dieser "Jahrhundert-Katastrophe". Die "Plattform Hochwasser" an der Wiener Universität für Bodenkultur hat am Donnerstag eine bundesweite Dokumentation des Hochwassers im August 2002 veröffentlicht.  
18 Institute und Abteilungen der Wiener Universität für Bodenkultur haben sich zur "Plattform Hochwasser" zusammengeschlossen und Daten über das Hochwasser zusammengetragen - von diversen Bundesämtern, den Ländern, der Zentralanstalt für Meteorologie, der Technischen Universität Wien, der Feuerwehr und den Kraftwerksgesellschaften.
Vom Wetter bis zum Katastrophenmanagement
Auf 180 Seiten wurden unterschiedliche Gesichtspunkte der Katastrophe berücksichtigt: zum Beispiel Wetter, Bodenzustand und Raumnutzung vorher, Schäden und Katastrophenmanagement.
Ein Ziel: Risikobewusstsein schaffen
Ein Anliegen der Wissenschaftler: das Bewusstsein der Bevölkerung wecken, dass so etwas wieder passieren kann. Prognosemodelle können die Bedrohung veranschaulichen.

Die Bevölkerung soll sich informieren können, welche Gebiete gefährdet sind, meint Helmut Habersack vom Institut für Wasserwirtschaft der Universität für Bodenkultur. Dazu gibt es Prognosemodelle: Sie zeigen die - mögliche - Flut in 3-D und animiert am Computer-Bildschirm.
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Die animierte Prognose am Computer
Computermodelle veranschaulichen, wie sich intensiver Regen auf einen Fluss auswirkt oder wie weit die Flut reichen kann, wenn ein Damm bricht. "Man sieht am Bildschirm zum Beispiel wie sich die Flutwelle entwickelt, wenn ein Damm bricht. Wie sich die Flutwelle in relativ kurzer Zeit über die Häuser und Siedlungen ergießt. Mit diesen Visualisierungen ist es auch möglich zu erkennen, welche Häuser sehr stark gefährdet sind oder welche praktisch nicht gefährdet sind", beschreibt Habersack ein Modell.
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Rechenmodelle im Auftrag des Landes
Animierte Hochwasser-Prognosemodelle können Land bzw. Gemeinden bei Zivilingenieurbüros im Auftrag geben. Das Modell für eine Region kostet mehrere hunderttausend Euro, so Habersack.
Frühwarnung soll verbessert werden
In der Hochwasser-Dokumentation der "Plattform Hochwasser" steht zu lesen, dass die Frühwarnung verbessert werden könnte und sollte. Hochwasser-Prognosemodelle könnten durch die aktuelle Wettervorhersage besser ergänzt werden.

Die Zusammenarbeit zwischen der Zentralanstalt für Meteorologie und den Landeswarnzentralen werde bereits überarbeitet, so der Bericht.
Wetterprognose, Niederschläge, Überflutungsberechnung
"In Summe ist es ein Paket aus verschiedenen Systemen, die für den Katastrophenschutz zusammenarbeiten müssen", erklärt Habersack. "Das beginnt bei der Wetterprognose, durch die wir möglichst lange im Voraus wissen sollten, welche Niederschläge zu erwarten sind. Daran angeschlossen kann der Niederschlag umgerechnet werden auf den Abfluss und die Hochwasserwelle."

Die dritte Stufe sei die Überflutungsberechnung: welche Häuser mit welchem Wasserstand von der Hochwasserwelle betroffen sind. Daran angeschlossen sollten die Katastrophen- und Alarmpläne sein, meint der BOKU-Experte.
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Schadensbilanz 2002 für Österreich: Einige Details
- Neun Tote
- 30.000 Schadensanträge auf beschädigte Häuser in Nieder- und Oberösterreich
- 1.5 Millionen Liter ausgetretenes Mineralöl
- 250 kaputte Brücken in Oberösterreich
- 15.000 Festmeter beschädigtes Holz
- Fünf Mülldeponien und zehn Altlasten liegen laut dem Bericht innerhalb der vom Hochwasser beeinflussten Gebiete - mit einer Umweltbeeinträchtigung könne gerechnet werden, zum Beispiel durch Blei oder Arsen.
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Anregungen der Wissenschaftler
In der Hochwasser-Dokumentation werden auch Anregungen gegeben: etwa beim Brückenbau dem Fluss ausreichend Platz zu lassen; vorausschauend eine Trinkwasser-Notversorgung für Katastrophenfälle planen; Abwasseranlagen auf ihre Hochwasser-Sicherheit überprüfen; Öltanks hochwassersicher aufstellen.
Der Schaden in Beträgen
Den Schaden des Hochwassers im vergangenen Sommer hat das Wirtschaftsforschungsinstitut (WIFO) auf 2,3 Milliarden Euro geschätzt, wobei hier langfristige Schäden, Verdiensteinbußen, Produktions- oder Ernteausfälle nicht eingerechnet sind.

In der Landwirtschaft schätzt das WIFO die Schadenssumme auf 66,6 Millionen Euro plus 40 Millionen durch Ertragsausfälle (Getreide, Erbsen und Frühkartoffel waren im August bereits geerntet). 32.000 Hektar landwirtschaftlich genutzter Fläche vor allem nördlich des Alpenhauptkammes wurden beeinträchtigt.
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Die Schadenssumme: Weitere Beispiele
- Die Forstwirtschaft wurde laut Bericht um 13 Millionen Euro geschädigt (vor allem Oberösterreich).
- Die Bundeswasserbauverwaltung meldete Schäden von 45 Millionen Euro (Großteil in Nieder- und Oberösterreich). Hauptursache für die Schäden in diesem Zuständigkeitsbereich waren Dammbrüche und Uferanrisse.
- Die Wasserstraßendirektion meldete Schäden in der Höhe von 5,1 Millionen Euro an Schifffahrtsrinnen, durch Verlandungen in Hafeneinfahrten, durch Probleme mit Ufersicherungen, an Längs- und Querbauwerken, Leitwerken, Dämmen und Treppelwegen.
- Die Wildbach- und Lawinenverbauung kostete das Hochwasser 18 Millionen Euro (Überbeanspruchung des Materials durch Wasser, Geschiebe und Wildholz, Hanganbrüche und Rutschungen).
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"Schadenszentren" Niederösterreich und Oberösterreich
Das Hochwasser traf vor allem die Bundesländer Nieder- und Oberösterreich. In Niederösterreich waren hauptsächlich die Gebiete im Waldviertel und entlang der Donau betroffen. Das "Schadenszentrum" lag im Unterlauf und Mündungsbereich des Kamps. In Oberösterreich traf es besonders das Machland und das Eferdinger Becken.

In der Steiermark gab es ein lokales Hochwasserereignis mit Schwerpunkt im Bezirk Liezen, in Tirol ein kleinräumiges Ereignis mit Zentrum in St. Johann in Tirol.
Ein Jahrhundert- und Jahrtausendereignis
Laut Experten war das Hochwasser des vergangenen Jahres in einigen Gebieten ein Ereignis, das - statistisch - nur alle 500 Jahre vorkommt; in anderen Regionen war es ein Ereignis, das gar nur alle 2.000 Jahre vorkommt.
->   Universität für Bodenkultur Wien
->   science.ORF.at: Hochwasser war Jahrtausendereignis
->   Alles zum Thema Hochwasser im science.ORF.at-Archiv
 
 
 
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01.01.2010