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ÖAW-Präsident Welzig: "Es geht ums Überleben"  
  "Es geht ums Überleben" - so drastisch formuliert der Präsident der Akademie der Wissenschaften (ÖAW), Werner Welzig, die Lage seiner Institution. Ohne ausreichende Finanzierung und Planungssicherheit müssten einige Institute zusperren.  
Fünf Prozent weniger Geld im Budgetprovisorium
Die Budgetansätze der ÖAW sind seit 2000 nominell gleich geblieben. Im Budgetprovisorium 2003 ist aber eine fünfprozentige Reduktion der Mittel vorgesehen.

"Das kann man gar nicht dramatisch genug darstellen", betonte Welzig bei einer Pressekonferenz am Dienstag.
Schließung von Instituten?
In den vergangenen Jahren seien sowohl die Kosten für Personal als auch für Sachmittel gestiegen. Wenn die Politik nun nicht ordentlich dotiere, werde man jene Einrichtungen, die man vor wenigen Monaten aufgebaut habe, wieder schließen, so Welzig.
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In Gefahr: Iranistik und Weltraumforschung
Als Beispiel nannte er das Institut für Iranistik. Ein weiterer Kandidat für eine Schließung sei auch das vor Jahrzehnten aufgebaute Institut für Weltraumforschung in Graz - "dann werden wir eben ein Kleinverein", so Welzig. Allerdings sei damit der Forschungsträger ÖAW zerstört, meinte Welzig. Es habe keinen Sinn, die Einrichtungen ohne entsprechende finanzielle Ausstattung nur "dahin vegetieren" zu lassen: "Wenn man sagt, Weltraumforschung brauchen wir nicht, dann halt nicht", so der ÖAW-Präsident. Für ein Ja oder Nein sei die Politik aber zu feig.
->   Institut für Weltraumforschung
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Sondermittel "stopften zuletzt Löcher" ...
Die von der Regierung Schüssel I bereitgestellten Sondermittel für die Forschung wären punktuell wichtig gewesen, räumte Welzig ein. Allerdings seien diese zum Teil nur zum Löcher-Stopfen wie die Entrichtung des Beitrags für das Europäische Forschungszentrum CERN verwendet worden.
... 2003 ist aber "Durchhänger-Jahr"
Die von der Regierung Schüssel II für die kommende Legislaturperiode versprochenen 600 Millionen an neuen Sondermitteln kämen - wenn überhaupt - erst 2004: "2003 hängen wir durch."
Sondermittel: Für Aufbau oder Erhaltung?
Vor allem sei auch die Grundsatzfrage nicht geklärt, wofür die Sondermittel eigentlich da seien, so Welzig: Zum einmaligen Aufbau einer Einrichtung oder zur Erhaltung über mehrere Jahre hinweg. Selbst wenn die Sondermittel ausgeschüttet würden, seien diese nicht Teil der angekündigten Budget-Aufstockung zur Erreichung der Forschungsquote von 2,5 Prozent bis 2006: "Damit wird erst der Ist-Zustand gehalten."
Welzig: Lob und Kritik an Regierung
Einerseits begrüße man die versprochene Anhebung der Forschungsquote, das "Ja zum innovativen Forschungsstandort Österreich" und Aussagen, wonach eine "aktive Europa-Politik ein Herzstück dieser Regierung" sei.

Allerdings wandte er ein, dass die Erreichung einer Forschungsquote von 2,5 Prozent des BIP um ein Jahr auf 2006 verschoben worden sei.

Weiters fehle der im Regierungsprogramm noch enthaltene "für die ÖAW entscheidende Satz" in der Regierungserklärung, wonach "Planungs- und Finanzierungssicherheit für die außeruniversitäre Forschung sicherzustellen (Übernahme in Regelbudgets)" sei.
Sehr "zukunftsorientierte" Regierungserklärung
Außerdem hält Welzig die Regierungserklärung für in einem gewissen Sinn "sehr zukunftsorientiert".

Versprochen würden Maßnahmen "nicht nur für morgen und übermorgen" - "forschungspolitische Entscheidungen sind heute zu fällen, wenn sie 2010 wirksam werden sollen", forderte der ÖAW-Chef. Auskunft über die tatsächlichen Absichten der Regierung werde erst das Budget für 2003 geben.
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Bildungsministerin Elisabeth Gehrer (ÖVP) hatte am vergangenen Donnerstag im Nationalrat die Fortsetzung des bisher eingeschlagenen Weges angekündigt. Ein Schwerpunkt: die Qualitätssicherung in Schulen und Universitäten.
->   Regierungserklärung: Gehrer will Weg fortsetzen (6.3.)
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Reguläre Dotierung reicht kaum für "Grundbedürfnisse"
Die Notwendigkeit der Erhöhung der regulären Dotierung der ÖAW betonte die Abteilungsleiterin am Institut für Biomedizinische Alternsforschung der ÖAW in Innsbruck, Beatrix Grubeck-Loebenstein.

Mit dem regulären Budget könne man nicht einmal die "Grundbedürfnisse" wie die Gehälter bezahlen - im Laufe eines Jahres hoffe man daher immer wieder auf Sonderzuwendungen, und erst im August oder September habe man Klarheit darüber, ob man ausgeglichen bilanzieren könne.

Ähnliche Probleme habe man am Institut für Weltraumforschung in Graz, betonte dessen Direktor Hans Sünkel.
->   Institut für Biomedizinische Alternsforschung
Klärung der Standortfragen
Nach wie vor nicht geklärt sei auch die Standortfrage im Uni- bzw. Forschungsbereich, so Welzig und Sünkel. Die zentrale Frage sei, wo die Unis ihre Standorte hätten und wo diese durch außeruniversitäre Einrichtungen ergänzt werden sollten.

Das wäre aber von der Regierung im Zuge der Uni-Reform nicht angepackt worden - "und ich nehme das bis heute nicht wahr", so Welzig.
Forschungspolitik vs. Landeshauptleute?
Vielmehr habe man diese Frage "umschwiegen", meinte Sünkel. Bei dieser Grundsatzfrage - wie von der Regierung geplant - die Hochschulen autonom über Standortbereinigungen entscheiden zu lassen, hält Welzig nach wie vor für sinnlos.

"Die Gründung der Institute war eine politische Entscheidung, und jetzt sollen die Unis das selbst auflösen?" Die Regierung müsse sich überlegen, was in zehn Jahren gebraucht werde, bei der Durchsetzung würde man sich auch mit Landeshauptleuten anlegen müssen. "Aber dazu bedarf es einer Forschungspolitik", so Welzig.
Gemeinsame Uni-ÖAW-Berufungen für Top-Forscher
Zur Gewinnung von Top-Wissenschaftlern für die österreichische Forschung schlägt Sünkel gemeinsame Berufungen von Universitäten und ÖAW vor.

So könne man etwa überlegen, einen ÖAW-Professor mit einer kleinen Lehrverpflichtung an einer Uni auszustatten oder umgekehrt einschlägigen Universitätsinstituten eine Mitnutzung von hochtechnologischen Einrichtungen an Akademie-Instituten einzuräumen.
->   Österreichische Akademie der Wissenschaften
Mehr zur aktuellen Forschungspolitik in science.ORF.at:
->   Neo-Präsident plädiert für Unabhängigkeit des FWF (6.3)
->   Geisteswissenschaften oder ''Vom Nutzen des Unnützen'' (4.3.)
->   Gehrer: Forschungsressorts bleiben, Uni-Räte auch (3.3.)
->   Die Forschungs-Vorhaben der Regierung (28.2.)
 
 
 
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01.01.2010