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Ärztekammer reagiert auf Regierungsprogramm  
  Selbstbehalte, Medikamentenkosten und e-card: Zu diesen gesundheitspolitischen Themen und Vorhaben der Bundesregierung hat die österreichische Ärztekammer am Mittwoch Stellung genommen.  
Positiv bewertet wird von den Ärztevertretern, dass ein eigenes Gesundheitsministerium samt Gesundheitsstaatssekretariat eingerichtet wurde. Skeptischer ist die Ärzteschaft hinsichtlich der geplanten Selbstbehalte.
Beitragserhöhung vor Selbstbehalten
Vor der Einführung von Selbstbehalten sollte laut Ärztekammer eine Erhöhung der Sozialversicherungsbeiträge stehen. Otto Pjeta, Präsident der österreichischen Ärztekammer, sagte im ORF-Radio:

¿Sie werden von mir nicht hören, dass wir Selbstbehalte ablehnen. Wir haben mit Selbstbehalten natürlich grundsätzlich keine Freude, aber wenn es ein gutes Sozialversicherungssystem für die Zukunft absichert und die Patienten nicht von der Behandlung fernhält sowie das Kostenbewusstsein stärkt, dann ist das etwas ganz Wichtiges.¿
Ärzte wollen Selbstbehalte nicht ¿kassieren¿
Mit der Vereinheitlichung von Selbstbehalten solle sich ein Expertengremium befassen, forderte der Ärztekammer-Präsident. Auf keinen Fall wollen die Ärzte die Selbstbehalte einheben ¿ in der Arztpraxis soll dieses Geld nicht ¿kassiert¿ werden. Die Ärzte befürchten zusätzlichen Aufwand.
Sparpotenzial ¿ Berechnungen der Kammer
Laut Berechnungen der Österreichischen Ärztekammer könnte die Vereinheitlichung bzw. teilweise Anhebung der Krankenversicherungsbeiträge im Jahr 2004 340 Millionen Euro, im Jahr darauf 410 Millionen und im Jahr 2006 480 Millionen Euro bringen.
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Dauerverschreibung ¿widersinnig¿
Das Regierungsprogramm sieht eine Dauerverschreibung von einem Präparat mit bis zu 12 Monaten Gültigkeit vor, zum Beispiel für chronisch kranke Menschen. Die Dauerverschreibung bezeichnete der Ärztevertreter Pjeta als "widersinnig". Im Laufe eines Jahres könne sich viel ändern (z.B. im Krankheitsbild oder auch bei den Medikamentenkosten), die Kontrolle über die Art und Konsequenz der Medikamenteneinnahme falle durch eine Dauerverschreibung schwerer. Dafür wollen die Ärzte nicht die Verantwortung tragen:

¿Letztendlich darf es nicht sein, dass für 12 Monate die Verantwortung an uns [Anm. den Ärzten] hängen bleibt. Wer die Verantwortung dafür rechtlich übernimmt, werden wir mit Hilfe einer Überprüfung der Rechtslage noch feststellen.¿
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Chefarztpflicht überdenken
Laut Regierungsprogramm sollen die Aufgaben der Chefärzte überprüft werden. (Die Pharma-Industrie zum Beispiel will die Bewilligungspflicht durch Chefärzte auf teure Medikamente gänzlich abgeschafft sehen.) Ärztekammer-Präsident Otto Pjeta meinte dazu gegenüber dem ö1-Mittagsjournal:

¿Ich bin auf der Seite derjenigen, die entweder sagen, man sollte es abschaffen - oder: dass man in Abhängigkeit der Pflegestufe bzw. des Alters die chefärztliche Genehmigung aufhebt.¿

Als Beispiele für die teilweise Abschaffung der Chefarztpflicht nannte Pjeta Personen ab Pflegegeld-Stufe 3 sowie Patienten ab einem Alter von 85 Jahren.
Mehr Generika ¿ ja, aber
Im Regierungsprogramm ist vorgesehen, dass künftig mehr Generika verschrieben werden sollen, also billigere Medikamente ohne Patentschutz. Diese Form der Einsparung akzeptiere die Ärztekammer, sagte Kammer-Präsident Pjeta.

Doch dürfte es nicht dazu führen, dass zum Beispiel einem chronisch kranken Patient ständig neue - weil günstigere - Medikamente für dieselbe Erkrankung verschrieben würden, so Pjeta. Der Patient wäre dadurch [Anm.: ständig andere Produkte und Dosierungen] verwirrt, meinte Pjeta.

Barbara Daser, Ö1-Wissenschaft
->   Zum Regierungsprogramm (pdf-File)
->   Österreichische Ärztekammer
 
 
 
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01.01.2010