News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Medizin und Gesundheit 
 
Schmerztherapie: Test auf das beste Mittel  
  Patienten mit schweren Schmerzen wollen möglichst schnell und möglichst wirksam behandelt werden. Einen Weg zur Bestimmung des optimalen Mittels dazu haben jetzt Fachleute am Wiener AKH entwickelt.  
Binnen ein bis zwei Stunden lässt sich dabei feststellen, ob die in vielen Fällen besten Schmerzmittel - Opiate - wirken. "Das erspart eine wochenlange und womöglich unwirksame Probetherapien", erklärte der Leiter der Abteilung für Allgemeine Anästhesie und Intensivmedizin B, Hans Georg Kress, gegenüber der APA.
...
Beispiel Phantomschmerzen: Wenn Opiate nicht wirken
Ob Morphin oder synthetisch hergestellte ähnliche Substanzen (Opiate, Opioide) - sie sind in vielen Fällen die wirksamsten Medikamente zur Beherrschung heftiger Schmerzen. Kress: "Praktisch alle Krebspatienten mit Tumorschmerzen sprechen darauf an. Doch es gibt auch Menschen mit schweren Schmerzformen, bei denen diese Medikamente nicht wirken." Das sind beispielsweise Neuralgie- oder Phantomschmerzen oder Beschwerden mit psychosomatischem Hintergrund. Speziell die angeführten Nervenschmerzen sind nur schlecht durch die Opiate beeinflussbar.
...
AKH- Anästhesisten entwickeln Versuchsandordnung
Nicht immer lässt sich von vornherein feststellen, ob "Morphin & Co." im Einzelfall wirken würden. Die Anästhesisten in einem Team um Burkhard Gustorff ließen sich daher eine besondere Versuchsanordnung samt Ausnutzung spezifischer Eigenschaften eines synthetischen Opiat-Analgetikums einfallen.

Kress: "Wir verwenden dabei das ultra-kurz wirksame Remifentanyl. Es hat nur eine Wirksamkeit von wenigen Minuten und wurde bisher vor allem bei bestimmten Operationen eingesetzt. Wir können bei dem Test langsam die Dosis unter entsprechender Beobachtung des Schmerzpatienten steigern und die Kranken befragen, ob die Symptome abnehmen oder nicht."
Kochsalzlösung als Placebo-Test
Um den Erwartungseffekt auszuschalten, kann man den Patienten sogar zwischenzeitlich bloß unwirksame Kochsalzlösung geben. Damit erhält man eine Art Placebo-Test. Kress: "Der Test dauert ein bis maximal zwei Stunden."

Dann kann bei vielen Betroffen eindeutig vorhergesagt werden, ob ein Opiat wirken würde. Der Experte: "Sonst musste man langsam länger wirksame derartige Mittel in steigender Dosierung ausprobieren." Wirkten sie nicht, hatte der Patient Opiate ohne Nutzen erhalten.
Präsentation beim Wiener Schmerzsymposium
Der neue Test wird in Kürze im Rahmen des 8. Internationalen Wiener Schmerzsymposiums (29. März) präsentiert, an dem an die 300 Fachleute teilnehmen werden. Es geht um "Neue Entwicklungen und Trends in der Schmerzmedizin".
Weiteres Thema: Opidoide und Straßenverkehr
Ein weiterer wichtiger Programmpunkt: "Opidoide und Straßenverkehr". "Wir haben gemeinsam mit anderen Experten ein Statement mit Empfehlungen für dieses Thema ausgearbeitet. Derzeit fallen Patienten, die wegen Schmerzen eine Opiat-Dauerbehandlung bekommen, unter die verschärften Strafbestimmungen der Drogenabhängigen", erläutert Experte Kress.
Sonderregelung für Schmerzpatienten?
Wissenschaftlich belegt ist aber, dass Schmerzpatienten unter Opiat-Einfluss - bei stabiler Behandlung - kein Problem im Straßenverkehr darstellen. Kress: "Hier bräuchten wir auch eine Sonderregelung in der Straßenverkehrsordnung sowie Extra-Ausweise für solche Patienten."

Gerade diese Betroffenen seien eine verantwortungsvolle Personengruppe, die man nicht noch zusätzlich benachteiligen dürfe. Die Problematik dürfte in Zukunft nur noch größer werden.

Der Spezialist: "Früher hat man Opioide fast ausschließlich Tumorpatienten gegeben. Jetzt verschreibt man sie auch zunehmend Nicht-Krebspatienten mit schweren Schmerzen, die oft voll im Berufsleben stehen." - Die kann man nicht gut mit Abhängigen gleichsetzen, die sich auf dem illegalen Markt irgendwelche Opiate besorgen und spritzen.
->   AKH Wien Allgemeine Anästhesie und Intensivmedizin B
->   Alles zum Stichwort Schmerz in science.ORF.at
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Medizin und Gesundheit 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010