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Wissenschaftspolitik in China  
  Das wissenschaftliche Potential Chinas ist groß. Neuere Regierungsinitiativen weisen auf hohe Forschungsambitionen. Andererseits fehlt eine öffentliche Wissenschaftspolitik und die Regierung mischt sich all zu oft ein.  
Forschung in China werde von den jüngsten Bemühungen seitens der Regierung enorm profitieren, meint das Wissenschaftsjournal "Nature" in seiner jüngsten Ausgabe. Seit Beginn des Jahres wird etwa an einer größeren Initiative in der Nanotechnologie gebastelt. Und im Fahrwasser des Human Genome Projects wird die Möglichkeit untersucht, andere Genome zu sequenzieren.
Vorstoß in den Wissenschaften
An den Universitäten in Peking und Tsinghua wird im Bereich der Biochip-Entwicklung gearbeitet. Dort soll ein Knotenpunkt der Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Wirtschaft entstehen.

Und vor just zwei Wochen verkündete das Ministerium für Wissenschaft und Technologie, 15 Milliarden Yuan (ATS 27 Mrd.) für zivile Wissenschaftsprogramme locker machen zu wollen.
Lauernde Gefahren
Auf der anderen Seite jedoch lauern Gefahren: Fruchtlose Projekte, möglicherweise gar ein Stillstand der Forschungsentwicklung, könnten das Resultat einer zu engen Verquickung der Wissenschaft mit der Regierung sein. Was fehlt, ist ein externes "Review system".
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Große Projekte könnten zum Selbstzweck werden. Denn sowohl Politiker und Wissenschaftler wollen ihre Macht durch die Größe des Budgets zeigen, das sie für ein bestimmtes Projekt acquiriert haben - ganz unabhängig von der Qualität des Projekts.
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Der Wunsch nach großen Projekten ist nicht unüblich. Doch werden Entscheidungen über Forschungsgelder in Hinterzimmern getroffen. Die Öffentlichkeit erfährt selten etwas über die Begründung für die Entscheidungen.
Die neuen Helden
Unter solchen Umständen herrschen die, die am lautesten sind. Forscher verkaufen ihre manchmal ausländischen Projekte an Bürokraten und Politiker. Und Politiker instrumentalisieren die Wissenschaftler für ihre eigenen Ambitionen, indem sie diese als die neuen Helden in der chinesischen Wissenschaft anpreisen und sie mit immer größeren Forschungsbudgets ausstatten.
Sich beim richtigen Beamten Gehör verschaffen
Der neueste finanzielle Vorstoß zielt zum Teil auch darauf, chinesische Wissenschaftler, die im Ausland tätig sind, wieder zurück zu holen. Und während es eine Vielzahl an erfolgreichen chinesischen Wissenschaftlern im Ausland gibt, ist die Zahl derer auch nicht gering, die wieder in China ihre Erfahrungen und ihre Expertise übertreiben, um sich beim richtigen Regierungsbeamten Gehör zu verschaffen.

Ist ein Projekt einmal angenommen, fällt es schwer, dieses wieder zu stoppen. Fehlgeschlagene Projekte werden weitergeführt, da die Regierung deren Fehlschlag nicht anerkennen will.
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Die "Nukleinsäure-Kekse"
Vor ein paar Jahren wurden "Nukleinsäure-Kekse" zu einem Renner. Dem lag die Erkenntnis zugrunde, dass Nukleinsäure ein essentieller Bestandteil der Nahrung ist. Einige wissenschaftliche Gutachten unterstützen die These, und die Kekse wurden mit staatlichem Segen verkauft. Kritik an der Vorstellung, dass DNA gute Nahrung ist, wurde ignoriert oder vertuscht.
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Finanzielle Belohnung von Forschungspublikationen
Wenig Nutzen werden auch die neuen Anreize für gesteigerte Produktivität bringen, die 1998 angebahnt wurden. Seit den 90er Jahren werden Veröffentlichungen in westlichen Medien unterstützt - im Gegensatz zum vorherigen Trend, wo Chinas Wissenschaft nur in chinesischen Fachpublikationen veröffentlicht werden durften.

Doch was derzeit geschieht, geht für manche zu weit: Veröffentlichungen werden finanziell belohnt. Die Höhe der Gratifikation richtet sich dabei nach dem Niveau des veröffentlichenden Magazins. Viele befürchten hierbei natürlich, dass das einen Druck ausübt, kurzfristig Ergebnisse produzieren zu müssen.

Ideen könnten nicht in so kurzer Zeit entstehen, meinte ein Mitglied der chinesischen Akademie der Wissenschaften. Längerfristige Projekte allerdings dürften es unter diesen Umständen schwer haben, eine Finanzierung zu bekommen.

 


Chinesische Astronomen aus der Sicht des Westens (19. Jhdt.)
Start-ups als Universitätsableger?
China unternimmt derzeit dramatische Schritte, in der Wissenschaft an den Westen aufzuschließen. Start-up Firmen als Universitätsableger werden unterstützt. Doch häufig ist die Universität an der Firma beteiligt, so dass berechtigte Skepsis besteht, das sich diese Firmen rentieren werden. Weit wahrscheinlicher scheint, dass sie auf staatliche Subventionen angewiesen bleiben.
Verbesserung der Peer-Reviews
In Abwesenheit einer angemessenen Entscheidungsgrundlage werden neue Initiativen mit scheinbar vielversprechendem Potential dazu führen, dass Projekte fehlschlagen und das Vertrauen schwindet.

Es wird daran gearbeitet, das Peer-Review-System zu verbessern. Doch selbst wenn Gutachter die anonymen Projekte beurteilen sollten, ist die Wissenschaftsgemeinschaft in China zu klein, als dass der Gutachter im Einzelfall nicht wüsste, wer sich hinter einem Antrag verbirgt.
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Wissenschaftliches Potential vergraulen
Die chinesische "scientific community" hat zwar ein großes wissenschaftliches Potential. Doch riskiert die Regierung, genau jene Menschen zu vergraulen, die über dieses Potential verfügen. Denn Wissenschaftler sind gerne bereit, die USA etwa wieder zu verlassen, um nach China zurückzukehren und dort der Wissenschaft zu dienen. Doch werden ihre hehren Absichten schnell zerschmettert, wenn sich die Regierung all zu sehr in verschiedene Bereiche einmischt.
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Ein Heimkehrer wurde von seinem chinesischen Mentor in den USA gewarnt: "Es ist großartig, wider zu Hause zu sein. Aber werde bitte bloß kein Beamter."
->   Nature
->   Association of Chinese Scientists & Engineers-USA
 
 
 
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01.01.2010