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Paramyxo-Viren: Wie gefährliche sind die potenziellen SARS-Erreger?  
  Dem Erreger der mysteriösen Lungenentzündung sind weltweit unterschiedliche Labors auf der Spur. Ärzte in Hongkong gehen nun von einem Virus aus der Gruppe der Paramyxo-Viren aus. Auch die Frankfurter Mediziner, die den vermutlich ersten Fall des "Schweren akuten Atemwegssyndroms" (SARS) in Deutschland behandeln, mutmaßten am Dienstag, der Erreger gehöre zu dieser Gruppe.  
Verdacht, keine Gewissheit
Paramyxo-Viren sind nicht als Erreger identifiziert. Aber Ärzte in Frankfurt und Hongkong haben allerdings den Verdacht, dass der Erreger der atypischen Lungenentzündung aus der Gruppe der Paramyxo-Viren stammt.

Der Virologe Franz Xaver Heinz - stellvertretender Vorstand des Klinischen Instituts für Virologie der Universität Wien - betont, dass es derzeit lediglich ein Verdacht sei. In Proben von erkrankten Personen habe man unter dem Elektronenmikroskop Virus-Partikel gefunden, die so ähnlich aussehen wie Paramyxo-Viren:

"Forscher in Singapur haben nach meinen Informationen auch Teile der genetischen Information eines solchen Virus identifiziert und die würde in die Gruppe der Paramyxo-Viren passen."
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Stichwort Paramyxo-Viren: Erreger von Mumps und Masern
Viren dieser Gruppe rufen bekannte Erkrankungen des Menschen hervor, sagt der Virologe Franz-Xaver Heinz: "Zum Beispiel das Mumps-Virus, das Masern-Virus, die so genannten Parainfluenza-Viren und auch das "respiratory syncytial virus". Vor kurzer Zeit ist auch ein neues Virus aus dieser Kategorie identifiziert worden, das so genannte Metapneumo-Virus, das auch Erkrankungen der Atemwege verursachen kann."
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Wie gefährlich sind Paramyxo-Viren?
Wie gefährlich Paramyxo-Viren grundsätzlich sind, ist nicht eindeutig zu beantworten: das sei je nach Typus unterschiedlich, sagt der Wiener Virologe. So könnten zum Beispiel Masern mit einer schweren Lungen- oder Gehirnentzündung einhergehen.

Ein anderes Beispiel: Verwandt mit den Paramyxo-Viren ist nach Auskunft des Experten der Influenza-Erreger, der immer wieder Epidemien auslöst.
Warnung vor übereilten Schlussfolgerungen
Der Virologe warnt vor übereilten Schlussfolgerungen: Die Virus-Partikel in Proben der erkrankten Personen, die unter dem Elektronenmikroskop entdeckt wurden, müssten nicht automatisch der SARS-Erreger sein, es könnte sich auch um eine Begleiterscheinung der Erkrankung handeln.
WHO: Berichte über Identifizierung des Erregers verfrüht
Auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) steht Berichten über eine angebliche Identifizierung des Virus, das hinter den mysteriösen Lungenentzündungen steckt, skeptisch gegenüber. Nach einem Bericht der Zeitung "Hongkong Standard" haben Ärzte in Hongkong das Virus weitgehend identifiziert.

"Wir halten es für verfrüht, daraus schon irgendwelche Schlüsse zu ziehen, weil der Erreger hinter einer Menge von Krankheiten stehen könnte", sagte WHO-Sprecherin Melinda Henry.
->   Science.ORF.at: Ärzte wollen SARS-Erreger identifiziert haben
Risiko erst nach eindeutiger Identifikation klar
Die WHO habe ein intensives Überwachungsprogramm aufgebaut, betont Franz-Xaver Heinz. Der Erreger werde in nächster Zeit identifiziert sein, hofft er.

Daraufhin könnten Tests entwickelt werden, um den Erreger bei erkrankten Personen leichter feststellen zu können. Erst dann könne man abschätzten, wie groß die Bedrohung durch den vermutlich neuen Erreger sei. Die nächsten Tage müssten abgewartet werden.
Welche Therapie ist denkbar?
Sollte sich tatsächlich ein neues Paramyxo-Virus als Erreger des schweren akuten Atemwegsyndroms bestätigen, könne man nicht in kurzer Zeit einen Impfstoff oder ein Medikament entwickeln, so der Wiener Mediziner.

Spezifische Medikamente müssten erst in langer Forschungsarbeit entwickelt werden. Doch: Noch ist der Erreger nicht identifiziert.

Grundsätzlich gelten jedoch bei einer Virus-Infektion als wichtigste Maßnahmen: den Allgemeinzustand des Patienten zu stärken und ihn von schädlichen Umwelteinflüssen fernzuhalten.

Barbara Daser, Ö1-Wissenschaft
->   Mehr zu diesem Thema in ORF.at
->   science.ORF.at: SARS - Wann besteht Verdacht?
->   Klinisches Institut für Virologie der Universität Wien
 
 
 
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01.01.2010