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Kosmische Strahlen als Detektor für Nuklearmaterial  
  Kosmische Strahlen könnten nach Ansicht amerikanischer Wissenschaftler dabei helfen, verstecktes Nuklearmaterial wie Uran aufzuspüren. Die Forscher haben einen Detektor entwickelt, der die Flugbahn der so genannten Myonen aufzeichnet. Diese exotischen Teilchen treffen ständig auf die Erde - und durchqueren dabei alle Materie auf so charakteristische Art und Weise, dass sich daraus 3-D-Bilder von Gegenständen - wie z.B. Strahlungsquellen - ableiten lassen.  
Das Gerät könnte eines Tages bei der grenzüberschreitenden Überwachung helfen, schreiben die Forscher vom Los Alamos National Laboratory in ihrer Studie. Die Ergebnisse wurden im Fachmagazin "Nature" veröffentlicht.
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"Radiographic imaging with cosmic-ray muons"
Der Artikel "Radiographic imaging with cosmic-ray muons" ist erschienen in "Nature", Bd. 422, Seite 277, vom 20. März 2003 (doi:10.1038/422277a).
->   Der Originalartikel in "Nature"
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Kosmische Strahlung "bombardiert" Erde
Die Erde wird permanent von so genannter kosmischer Strahlung "bombardiert" - pro Sekunde treffen etwa 1.000 hochenergetische kosmische Teilchen mit hoher Geschwindigkeit auf einen Quadratmeter der Erdatmosphäre.

In Wechselwirkung mit der Erdatmosphäre zerfallen diese Teilchen - überwiegend Protonen -, dabei entstehen schließlich auch die exotischen Myonen. Das Myon ist als Teilchen mit dem Elektron vergleichbar, allerdings mit ungefähr der 207-fachen Masse.
Atomkerne lenken Myonen ab
Viele dieser Myonen treffen dann auf die Erdoberfläche und dringen in den Erdboden ein bzw. durchqueren einfach alle Materie. Da es sich um negativ geladene Teilchen handelt, werden die Myonen von den positiv geladenen Atomkernen abgelenkt.

Die dabei entstehende "Umlenkung" der Teilchen-Flugbahn nennt sich Coulomb-Streuung. Die These der Wissenschaftler: Je nach durchquertem Material sollte sich ein charakteristischer Winkel dieser Streuung feststellen lassen - also auch für Nuklearmaterial wie beispielsweise Uran.

Myonen seien harmlos, meinen die Forscher. Röntgenstrahlen dagegen sind - neben anderen Nachteilen - gesundheitsschädlich und können zudem Nuklearmaterial nicht von anderen Materialien wie Stahl unterscheiden.
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Das Myon: Lange Lebensdauer, große "Schlagkraft"
Charakteristisch für Myonen ist deren vergleichsweise lange Lebensdauer und die große "Durchschlagkraft" in Materie - sie können mehrere Kilometer tief in die Erde eindringen. Diese rührt von ihrer hohen Masse her, wodurch die Bremsstrahlung stark unterdrückt ist. Myonen machen den Hauptanteil der die Erdoberfläche erreichenden kosmischen Strahlung aus. Sie entstehen jedoch erst in der Atmosphäre, sind also eigentlich keine Teilchen aus der "primären" kosmischen Strahlung.
->   Mehr zu Myonen bei der University of California in Santa Barbara
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Detektor zeigt Wolfram und Stahl
Die Forscher bauten eine Versuchsanordnung, um ihre These zu überprüfen: Sie platzierten einen Zylinder aus Wolfram als Testobjekt auf eine Plastikplatte mit zwei Stahlbalken. Ein Myonen-Detektor wurde mit einem Computer verbunden, um ein Bild des Zylinders anzeigen zu können.

Wie die Forscher in "Nature" berichten, bildete das auf diese Weise erzeugte 3-D-Bild sowohl den Wolfram-Zylinder als auch die Stahlbalken deutlich ab. Eine Simulation erbrachte genau dieselben Ergebnisse.
Ein Klumpen Uran in einem Lastwagen voller Schafe
"Wir glauben, dass wir innerhalb eines Jahres ein solches System bauen können", zitiert "Nature Science Update" den Nuklearphysiker Christopher Morris vom Los Alamos National Laboratory.

Mit dem Detektor lasse sich ein nur Grapefruit-großer Klumpen Uran in einem Transporter voller Schaffe ausmachen, gibt sich Morris überzeugt.
Ein Myonen-Detektor an jeder Grenze?
In den Zukunftsvisionen der Wissenschaftler vom Los Alamos National Laboratory könnte ein solcher Detektor einst an Grenzen stehen und jedes passierende Fahrzeug durchleuchten - "in der gleichen Zeit, die für die Kontrolle eines Passes notwendig ist", so Christopher Morris.

Dass dies möglich ist, davon gibt sich auch der Physiker Arnold Wolfendale überzeugt. Er weist allerdings darauf hin, dass es auch andere Möglichkeiten gibt, um etwa Uran zu entdecken: zum Beispiel einen Geigerzähler.
->   Los Alamos National Laboratory
Mehr zu Myonen in science.ORF.at:
->   Unerwartetes Ergebnis unterstützt neue Physik-Theorie
 
 
 
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01.01.2010