News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Leben .  Medizin und Gesundheit 
 
An Alkoholkonsum in Stresszeiten ist Gen beteiligt  
  Alkoholsucht und vor allem der Griff zur Flasche bei Stress können Bonner Forschern zufolge genetische Ursachen haben. Verantwortlich dafür ist demnach der so genannte Cannabis-Rezeptor CB1.  
Dies stellten Mediziner des Bonner Universitäts-Instituts für molekulare Neurobiologie und des Labors für Neuromorphologie in Budapest fest. Sie haben in mehreren Experimenten das Verhalten von Mäusen untersucht, wie die Universität Bonn am Mittwoch mitteilte.
...
"CB1 Receptors in Alcohol Dependence"
Die Ergebnisse wurden im "Journal of Neuroscience" veröffentlicht: "A Critical Role for the Cannabinoid CB1 Receptors in Alcohol Dependence and Stress-Stimulated Ethanol Drinking" (Vol. 23[6], 2003).
->   Abstract des Originalartikels
...
Wirkung von Alkohol und Marihuana ähnelt sich
Alkohol und Marihuana ähneln sich in ihrer Wirkung, obwohl sie an ganz unterschiedlichen Stellschrauben im Gehirn drehen: Die Konsumenten reagieren mit Euphorie, sie können ihre Bewegungen schlechter koordinieren, ihre Körpertemperatur sinkt.

Schnittstelle beider Drogen scheint der Cannabis-Rezeptor CB1 zu sein: So ist seit 1999 auch bekannt, dass Mäuse bei chronischem Alkoholkonsum vermehrt körpereigene Cannabis-Derivate produzieren; gleichzeitig sinkt in ihrem Gehirn die Zahl der CB1-Rezeptoren.

"Wir fragten uns daher, ob ein kompletter Verlust des Rezeptors Trinkverhalten und physiologische Wirkung von Alkohol in Mäusen beeinflusst", erklärte Andreas Zimmer vom Bonner Institut für molekulare Neurobiologie.
Mäuse mit Hang zur Alkoholsucht ...
Die Wissenschaftler arbeiteten dazu mit Mäusen, die besonders leicht eine Alhoholsucht entwickeln.

Bei einem Stamm hatte man allerdings die Information für den Cannabis-Rezeptor gentechnisch entfernt; der zweite Stamm verfügte über ein normales CB1-Gen. Ansonsten unterschieden sich die Nager nicht.

Fünf Wochen nach Versuchsbeginn nahmen beide Gruppen täglich etwa die gleiche Menge Alkohol zu sich. Zusätzlich boten die Wissenschaftler ihnen sowohl achtprozentigen Alkohol als auch Wasser als Durstlöscher an.
Ohne CB1-Gen weniger Alkohol unter Stress
Unter Stress zeigten beide Gruppen deutliche Anzeichen von Unbehagen, auch ihre Hirnaktivität änderte sich auf ähnliche Weise - doch nur die Tiere mit dem intakten Cannabis-Rezeptor nahmen in den 24 Stunden nach der Stresssituation mehr Alkohol zu sich - und zwar durchschnittlich um fast 50 Prozent.

Die genetisch veränderten Mäuse dagegen griffen in solchen Situationen nicht schneller "zur Flasche". Außerdem litten sie im Gegensatz zur Kontrollgruppe nicht unter Entzugssymptomen.
Keine Auswirkungen unter Normalbedingungen
"Der Cannabis-Rezeptor hat in unseren Versuchen zwar keine Auswirkungen auf das Trinkverhalten unter Normalbedingungen", fasst Andreas Zimmer die Ergebnisse zusammen.

"Bei stressinduziertem Alkoholkonsum und beim Entzug scheint ihm jedoch eine Schlüsselrolle zuzukommen. Medikamente, die den CB1-Rezeptor hemmen, könnten daher bei der Behandlung der Alkoholsucht sehr nützlich sein."
->   Medizinische Fakultät der Universität Bonn
Alles zum Stichwort Alkoholsucht in science.ORF.at:
->   Teufelskreis: Depressionen und Alkohol
->   Alkoholsucht: Geruch aktiviert bestimmte Hirnregion
->   Gendefekt als Ursache für Alkoholkrankheit?
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Leben .  Medizin und Gesundheit 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010