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IIASA-Studie: Zahl der EU-Bürger schrumpft nachhaltig  
  Etwa seit dem Jahr 2000 schrumpft die Zahl der EU-Bürger. Laut einer Studie des Internationalen Instituts für Angewandte Systemanalyse (IIASA) wird diese Entwicklung nachhaltig sein. Ein wichtiger und bisher wenig beachteter Faktor ist dabei die Tatsache, dass das Gebäralter der Frauen ständig steigt.  
Dies betonte Studienleiter Wolfgang Lutz von der IIASA in Laxenburg (Niederösterreich) im Rahmen eines Gespräch mit der APA. Die Untersuchung wurde in der jüngsten Ausgabe der Wissenschaftszeitschrift "Science" veröffentlicht.
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"Europe's Population at a Turning Point"
Die Studie "Europe's Population at a Turning Point" von Wolfgang Lutz, Brian C. O'Neill und Sergei Scherbov erschien in der aktuellen Ausgabe des Fachblatts "Science" (Band 299, Ausgabe vom 28.3.2003).
->   Science
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Europa: Mehr alte als junge Menschen
Das nun negative Bevölkerungswachstum spiegelt gleichsam die Altersstruktur wider. In Europa gibt es mittlerweile mehr alte als junge Menschen, nachfolgende Generationen werden daher einen geringeren Anteil an potenziellen Müttern haben.
Bevölkerung schrumpft - selbst bei Geburtenzuwachs
Selbst wenn Frauen in Zukunft wieder durchschnittlich mehr Kinder bekommen, wird die Entwicklung der Abnahme der Bevölkerungszahlen auf Grund der Trägheit der Entwicklung nachhaltig sein und wenigstens noch einige Jahrzehnte andauern, so Lutz. Demographen sprechen in diesem Zusammenhang von einem "negativen Trägheitsmoment".

 
Bild: APA

Bisher unterschätzter Faktor: Späte Mutterschaft ...
Eine bisher weitgehend unterschätze Rolle spielt in diesem Zusammenhang die Tatsache, dass Frauen immer später Kinder bekommen. "Die durchschnittliche Kinderzahl pro Frau errechnet sich aus den jährlichen Geburten, derzeit kommt man damit in der EU auf durchschnittlich 1,5 Kinder", sagte Lutz.

Rechnet man dagegen in die Statistiken die Verzögerungen ein, die sich durch die Geburten im höheren Alter ergeben, so kommt man dagegen auf absolute Kinderzahlen von 1,8. Das zeige, wie stark sich dieser - im Fachjargon so genannte - "Tempo-Effekt" auswirke, betonte der Wissenschaftler.
... könnte Rückgang entgegenwirken
Lutz sieht darin aber auch eine Chance, wie den schrumpfenden Bevölkerungszahlen wenigstens teilweise entgegen gewirkt werden könnte, ohne dass jede einzelne Frau im Laufe ihres Lebens tatsächlich mehr Kinder bekommen müsste.

So könnten Maßnahmen ergriffen werden, die Kinderkriegen auch im jüngeren Alter attraktiv machen. Dabei müssten einerseits die immer noch auf Männer zugeschnittenen Muster der Berufskarrieren überdacht und etwa ein gesetzlicher Anspruch auf Teilzeitarbeit erwogen werden.
Auch Wohnungsmarkt hat Einfluss
Auch der Wohnungsmarkt spiele bei der Lebensplanung eine entscheidende Rolle, ist Lutz überzeugt. Je teurer Wohnungen sind, desto länger bleiben junge Menschen bei ihren Eltern wohnen, was sich wiederum negativ auf die Kinderzahlen auswirkt.
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Extrembeispiel Italien
Als krasses Beispiel nannte der Experte etwa Italien, hier würden junge Männer wegen des Mangels an leistbaren Wohnungen durchschnittlich bis zu einem Alter von 34 Jahren im Elternhaus bleiben. Während die italienischen Mütter noch in den sechziger Jahren durchschnittlich 2,4 Kinder bekamen, liegt der Wert mittlerweile bei rund 1,2.
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Österreich: Rückgang seit 1995
In Österreich wurde der in der EU im Jahr 2000 eingetretene Knick eines negativen Bevölkerungswachstums bereits 1995 erreicht. Eine Österreicherin bekam 2001 durchschnittlich 1,3 Kinder, eine Deutsche 1,4.

Deutlich über dem EU-Schnitt liegen Frankreich mit 1,9 Kindern und Irland mit knapp zwei. Niedrig sind die Geburtenraten auch in einigen Beitrittsländern, so Tschechien mit 1,14 oder die Slowakei mit 1,2. Den höchsten Wert innerhalb Europas weist die Türkei mit rund 2,5 Kindern pro Frau aus.
->   IIASA
->   Institut für Demographie der ÖAW
Mehr zu diesem Thema in science.ORF.at
->   Weltbevölkerungsbericht 2002: Warnung vor Armutsfalle (3.12.02)
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01.01.2010