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Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Umwelt und Klima .  Leben 
 
Erbinformation von Bäumen wird erstmals entschlüsselt  
  Ob aus einer einjährigen Pflanze ein langlebiger Baum wird, wann dieser Baum Knospen austreibt oder wie er sich extremen Klimabedingungen anpassen kann, hängt von seinen Genen ab. Wissenschaftler sind dabei, erstmals die gesamte Erbinformation eines Baumes zu entschlüsseln. An der Aufarbeitung der ersten Rohdaten war auch ein Österreicher beteiligt: Berthold Heinze vom Institut für Forstgenetik des Bundesamtes und Forschungszentrums für Wald.  
Das Forscherteam am Oak Ridge National Laboratory in Tennessee, USA, wählte dafür Populus trichocarpa, die westliche Balsampappel aus Nordamerika. In ein paar Monaten soll die Abschrift der gesamten DNA-Sequenz vorliegen.
Erkenntnisse für modernes Waldmanagement
Davon erwarten sich Forstexperten einen Einblick in die Prozesse und Mechanismen, die zu den jeweiligen äußeren Eigenschaften der Bäume führen. Dieses Wissen soll dann in Zusammenarbeit mit Forstbetrieben im modernen Waldmanagement umgesetzt werden, um die vielfältigen Funktionen von Wäldern zu optimieren.
->   International Populus Genome Konsortium
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Die Ackerschmalwand als Vorreiter
Nach der Genomsequenz des Menschen und der Maus wurde die komplette Erbsubstanz einer Pflanze erstmals 2000 von einem Forscherkonsortium aus Europa, den USA und Japan ermittelt, die dafür Arabidopsis thaliana, die gemeine Ackerschmalwand, eine Verwandte von Raps, Ackersenf und Bohne, genau unter die Lupe nahmen.
->   International Plant Genome Initiative
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Forschungsprojekte in Europa ...
Europaweit laufen derzeit verschiedene Projekte, um wichtige Gene in Bäumen zu erforschen, die für Holzqualität, Kältestress oder etwa Blühverhalten verantwortlich sind. In Schweden beschäftigen sich Wissenschaftler mit der Hybridaspe Populus tremula x tremuloides, am Institut National de la Recherche Agronomique Bordeaux vor allem mit der Eiche und der Seestrandkiefer und an der deutschen Bundesforschungsanstalt für Forst- und Holzwirtschaft (BFH) in Hamburg mit transgenen Aspen.

In Finnland arbeiten die Genomforscher an der Birke, während italienische Molekularbiologen das riesige Genom der Fichte untersuchen. Die europäischen Forscherteams haben sich in der COST-Aktion E 28 "Genosilva" zusammen geschlossen.
->   Genosilva: European Forest Genomics Network
Forstgenetik in Österreich
In Österreich, das zu knapp 50 Prozent aus Wald besteht, wurden die Möglichkeiten der modernen Genetik im Forstbereich bisher kaum wahrgenommen. Obwohl ein Österreicher wichtige Grundsteine für die Genetik der Waldbäume geschaffen hat.

Adolf Cieslar, Professor für forstliche Produktionsweise an der Hochschule für Bodenkultur und Entdecker der "Rassen" bei Forstpflanzen, machte mit seinen Veröffentlichungen in den Jahren 1904 bis 1907 auf die Bedeutung der Herkunft für das Gedeihen der Baumarten aufmerksam.
->   Adolf Cieslar, Begründer der Forstgenetik (Boku Wien)
Eigener Schwerpunkt Genomforschung
Heuer wurde am Institut für Forstgenetik des Bundesamtes und Forschungszentrums für Wald ein Schwerpunkt "Genomforschung" installiert. Ziel ist eine Genomkartierung mit Blickpunkt auf anpassungsfähige und wirtschaftlich bedeutsame Gene und Genkomplexe in allen Haupt- und wichtigen Nebenbaumarten.

Die ersten nationalen und internationalen Genom-Forschungsprojekte wurden bereits initiiert.
Wachstumsverhalten der Fichten
Gerade für Österreich von besonderem Interesse sind Bäume in Hochlagen, die oft als lebenswichtiger Schutzwald für Ortschaften und Verkehrswege dienen. Bäume in diesen extremen Klimabedingungen müssen genetisch angepasst sein, sonst wachsen sie etwa im Herbst noch weiter, wenn die Vegetation in dieser Höhe schon im winterlichen Ruhezustand ist, und erfrieren bei den ersten schweren Frösten.

In einem Pilotprojekt sollen deshalb bei Fichten diejenigen Gene, die auf die Tageslänge reagieren, aus dem komplexen Genom herausgefiltert werden.
->   Institut für Forstgenetik
Für jeden Standort und Zweck der richtige Baum
Damit soll es künftig möglich sein, schon beim Sämling oder bei Jungpflanzen die zukünftige Leistung der Pflanze und ihre Wuchseigenschaften beschreiben zu können.

Daraus könnten für die Forstwirtschaft Empfehlungen für die Auswahl der passendsten Baumarten- und Herkunftsmischungen für einen bestimmten Standort und eine bestimmte Funktion - etwa Holzproduktion, Landschaftsschutz, Wasserrückhaltung, Erholungswert u.a.- abgeleitet werden.
Keine gentechnisch modifizierten Bäume in Österreich
Für gentechnisch modifizierte Bäume sehen die Forstexperten in Österreich vorerst keinen Bedarf. Die meisten der heimischen Waldbaumarten haben sich ein so großes Reservoir an genetischen Informationen und Kombinationsmöglichkeiten erhalten, dass durch gezielte Auswahl (Selektion) und Kombinationszüchtung vorerst viel erreicht werden kann.

In einigen Ländern wird allerdings schon an transgenen Bäumen für die Plantagenwirtschaft, etwa mit Pappeln, Eukalyptus oder manchen Kiefernarten, gearbeitet.
 
 
 
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01.01.2010