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Weniger Biologie und Physik, gleich viel Turnen und Religion  
  Bildungsministerin Elisabeth Gehrer (ÖVP) hat am Montag den Verordnungsentwurf für die umstrittene Reduktion von Schulstunden zur Begutachtung ausgesendet. Wie angekündigt soll es in Zukunft - jeweils über vier Jahre gerechnet - je nach Schultyp zwischen zwei und acht Pflichtwochenstunden weniger geben. Reduktionen gibt es vor allem bei Geografie, Physik, Biologie, Latein sowie den Wahlpflichtfächern in der AHS-Oberstufe. Nicht betroffen von der Kürzung sind nur die Fächer Leibesübungen, Religion, Chemie und Informatik.  
Die beabsichtigten Kürzungen im Detail: in der Volksschule von 92 auf 90 Pflichtwochenstunden, in der Hauptschule von 127 auf 120, in der AHS-Unterstufe von 126 auf 120 und in der AHS-Oberstufe von 138 auf 130.
"Ersparnis" von einem halben Schuljahr
Insgesamt "ersparen" sich die Schüler durch die Stundenreduktion eine ganze Menge an Unterrichtsstunden: Über die gesamte Schulkarriere gerechnet sitzt ein HTL-Absolvent etwas mehr als 100 Schultage weniger in der Klasse, ein AHS-Absolvent etwas weniger als 100 Tage - das ist rund ein halbes Schuljahr.
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Ab Herbst 2003 gültig
Die mehr als 100-seitige "Wochenstundenentlastungs- und Rechtsbereinigungsverordnung 2003" des Bildungsministeriums ist bis 25. April in Begutachtung. Sie soll vor dem Sommer erlassen werden und mit Beginn des Schuljahres 2003/04 im Herbst gelten. Als Ziel der Verordnung werden im Vorblatt die "Entlastung der Schülerinnen und Schüler und gleichzeitig Eindämmung der Kostensteigerungen im Personalaufwand" genannt.
->   Wochenstundenentlastungs- und Rechtsbereinigungsverordnung 2003 (BMBWK)
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Schulen sollen selbst entscheiden
Die einzelnen Schulen können selbst entscheiden, ob sie eine vom Ministerium vorgegebene, sogenannte subsidiäre Stundentafel verwenden, oder Schwerpunkte in bestimmten Fächern setzen und dafür auf autonome Stundentafeln mit Bandbreiten und verpflichtenden Mindeststundenzahlen zurückgreifen.
Keine Vorgabe für BHMS
Für die berufsbildenden mittleren und höheren Schulen (BMHS) gibt es keine vorgegebenen Stundentafeln, sie müssen die Stundenkürzung im Ausmaß von zwei Wochenstunden pro Klasse (bei HTL z.B. bedeutet das eine Reduktion der gesamten Wochenstunden von 195 auf 185) in den Schulgemeinschaftsausschüssen festlegen. Gelingt ihnen das nicht, entscheidet der jeweilige Landesschulrat.

BMHS-Gewerkschafter Helmut Skala glaubt allerdings nicht, dass an vielen der rund 400 berufsbildenden Schulen Entscheidungen über die Kürzungen im SGA vorgenommen werden, "weil wir uns den Verteilungskampf nicht an die Schulen delegieren lassen, denn das ist ein Missbrauch der Autonomie".
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Nur Religion, Turnen, Chemie und IKT "ungeschoren"
Am stärksten betroffen sind Latein im Gymnasium (insgesamt drei Wochenstunden über die gesamte AHS-Zeit weniger) sowie Geografie und Physik (jeweils zwei Wochenstunden in der gesamten AHS-Zeit bzw. jeweils eine in der Hauptschule). Nur Religion, Leibesübungen, Chemie und Informatik (IKT - "Informations- und Kommunikationstechnologie") bleiben "ungeschoren".

Auch bei den lebenden Fremdsprachen werden Stunden reduziert: In der dritten und vierten Klasse Volksschule ist Englisch kein eigenes Fach mehr, sondern wird "integriert" in andere Fächer unterrichtet. In der AHS-Oberstufe wiederum fällt eine Wochenstunde bei der zweiten lebenden Fremdsprache bzw. (je nach Zweig) Griechisch oder Latein weg. Deutsch "trifft" es in der AHS-Unterstufe (minus eine Wochenstunde), Mathematik im AHS-Zweig Realgymnasium (jeweils eine Wochenstunde in Unter- und Oberstufe).
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Auswirkungen auf die Lehrer-Beschäftigung
Durch die Stundenreduktion erhofft man sich laut Verordnungs-Entwurf Einsparungen von jährlich rund 117 Mio. Euro. Dies ergibt sich durch die Verringerung der "Zahl der Mehrdienstleistungen und Nachbesetzungen im Lehrerbereich".

Eingespart wird vor allem bei den Bundeslehrern (AHS, BHS), da die Zahl der Pflichtschullehrer im Finanzausgleich geregelt ist.
SPÖ: Trend in Richtung "Minimalschule"
Kritik an der Maßnahme kommt von Schulpolitikern der SPÖ: Die Wiener Stadtschulratspräsidentin Susanne Brandsteidl befürchtete einen Trend in Richtung einer "Minimalschule", an der Lesen, Schreiben und Rechnen unterrichtet werde - alles andere müsse privat zugekauft werden.

Eine Verschärfung der ungünstigen Altersstruktur bei den Pädagogen erwartete der Vizepräsident des Salzburger Landesschulrats, Herbert Gimpl (SPÖ). Auf Grund des von Gehrer angekündigten Bremsens bei Neueinstellungen und der von der Regierung geplanten Anhebung des Pensionsalters würde die Überalterung des Lehrpersonals weiter zunehmen. Bald würden "die Sechs- bis Zehnjährigen nur mehr von Omis und Opas unterrichtet".
FPÖ: "Keine Kürzungen bei Turnstunden"
Einen Erfolg schrieb sich hingegen Sportstaatssekretär Karl Schweitzer (FPÖ) auf die Fahnen: Entgegen aller Unkenrufe der vergangenen Tage würden die Turnstunden an den heimischen Schulen doch nicht gekürzt.

"Dank der Unterstützung vieler haben wir in den Verhandlungen mit den Beamten erreicht, dass es zu keinen Kürzungen der bestehenden Mindestanzahl an Turnstunden kommt", so Schweitzer.
->   Weiter Diskussion um Schulstunden-Reduzierung (5.3.03)
->   Bildungsministerium
 
 
 
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01.01.2010