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Die Zusammensetzung von Sternenstaub  
  Als Sternenstaub bezeichnen Wissenschaftler winzig kleine Partikel im interstellaren Raum, die vermutlich bei der Explosion von Sternen entstanden sind und Aufschluss über verschiedenste Fragen zum Kosmos geben sollen. Doch die Körnchen lassen sich nur schwer beobachten. Wiener Astronomen - unter ihnen Thomas Posch, DOC-Stipendiat der Österreichischen Akademie der Wissenschaften - konnten zeigen, dass auch im nahezu schwerelosen Raum Mineralbildung vonstatten geht. In einem Gastbeitrag in der Reihe "Young Science" erläutert der Physiker die neuen Erkenntnisse über die Zusammensetzung des kosmischen Staubes.  
Edle Steine von Sternen: Neue Erkenntnisse über die Zusammensetzung von Sternenstaub

Der Infrarotsatellit ISO
Von Thomas Posch

Bis Mitte der 1990er Jahre hielt man die mikroskopisch kleinen Staubpartikel des im interstellaren Raum beheimateten kosmischen Staubes im großen und ganzen für amorph. Die Bildung kristalliner Mineralien sollte dagegen - dieser Vorstellung zufolge - auf Planetenoberflächen beschränkt sein.

Doch seit etwa 1996 wandelte sich dieses Bild. In diesem Jahr startete die europäische Weltraumagentur ESA ihren Infrarotsatelliten ISO (Infrared Space Observatory). Im Zuge der Beobachtungen mit ISO - an deren Planung und Auswertung auch österreichische Astronomen beteiligt waren - ergab sich ein völlig neues Bild von der Verteilung und Zusammensetzung von Staub und Molekülen im Universum.

Infrarotbeobachtungen waren dazu deshalb nötig, weil Moleküle und staubförmige Materie, falls sie nicht auf Temperaturen von mehreren tausend Grad erhitzt (und dadurch großteils zerstört) wird, vorwiegend im infraroten Spektralbereich Strahlung aussenden. Vom Erdboden aus ist diese Strahlung nur teilweise nachweisbar, da die Erdatmosphäre für weite Bereiche der infraroten Strahlung undurchsichtig ist.
->   Infrared Space Observatory ISO
Die Nachweistechnik
Durch eine sorgfältige Analyse von ISO-Daten konnten Wiener Astronomen zeigen, dass auch im nahezu schwerelosen Raum Mineralbildung vonstatten geht. Sie vollzieht sich, bei extrem geringen Gasdichten, in den ausgedehnten Hüllen pulsierender roter Riesensterne, wo Temperaturen unterhalb von 2.000 Grad Celsius herrschen.
Kristalliner Staub erzeugt spezifische Spektrallinien

Ein roter Riesenstern
Wie kann man kristalline Staubpartikel anhand von Infrarotspektren nachweisen? Das Prinzip ist einfach: Sieht man von gasförmiger Materie ab, so kommt nur kristalliner Sternenstaub für die Erzeugung scharf ausgeprägter Spektrallinienkomplexe im infraroten Wellenlängenbereich in Frage.

Amorpher (nicht-kristalliner) Sternenstaub dagegen ist - als Folge seiner stark reduzierten inneren Symmetrie - durch breite, verwaschene Emissions- oder Absorptionsbanden gekennzeichnet.

Wo immer man also schmale spektrale Linien in Infrarotspektren roter Riesensterne beobachtet und eine Erzeugung durch gasförmige Materie ausschließen kann, ist davon auszugehen, dass kristalliner Sternenstaub als Urheber dahinter steht. Nicht immer einfach ist jedoch die Identifikation der spektroskopisch beobachteten Mineralien.
Edelsteine bevorzugt
Ein natürliches Auswahlkriterium ist dabei die notwendige Hitzebeständigkeit der meisten kosmischen Mineralien. Nur Substanzen, die hohen Temperaturen standhalten, können sich in den Hochatmosphären roter Riesensterne bilden und von dort aus in den interstellaren Raum gelangen.

Viele hitzebeständige Mineralien sind aber bei uns auf Erden auch als Edelsteine bekannt. So kommt es, dass im Sternenstaub Edelsteine verhältnismäßig häufig sind: beispielsweise Diamanten, Korunde, Spinelle und Olivine.
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Wie farbig sind die kosmischen Edelsteine?
Freilich hat man sich die kosmischen Edelsteine nicht unbedingt so farbenprächtig vorzustellen wie ihre irdischen Gegenstücke. Denn die Farbenpracht der irdischen Edelsteine wird meist durch Einbau geringfügiger Mengen von Fremdatomen verursacht. Ob dieser Einbau von färbenden Fremdatomen auch bei den kosmischen Mineralien stattfindet, lässt sich aber mittels Infrarotspektroskopie nicht entscheiden. Wir können aber vermuten, dass z. B. die Korunde als Saphire vorliegen, da das färbende Titanium auch ein Element der Hochtemperatur-Kondensate ist.
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Exponate im Naturhistorischen Museum
Unerachtet dessen bieten Exponate in der Mineralogischen Sammlung des Wiener Naturhistorischen Museums einen farbenfrohen Einblick in die Welt der kosmischen Mineralogie.

Der Grundgedanke bei der Neugestaltung einer Vitrine des dortigen Meteoritensaals war, anhand von irdischen Mineralien und teleskopischen Aufnahmen staubbildender Sterne die kosmischen "Edelsteinfabriken" anschaulich zu machen, obwohl es gegenwärtig nicht möglich ist, Original-Proben des Sternenstaubes zur Erde zu bringen und im irdischen Labor zu untersuchen.
Präsolare Körner in primitiven Meteoriten

Eine Ausnahme bilden allerdings so genannte präsolare Körner in primitiven Meteoriten. Diese präsolaren Körner stammen - wie ihr Name schon sagt - aus der Zeit vor der Entstehung unseres Sonnensystems und sind nichts Anderes als Staub-Reste längst nicht mehr strahlender Sonnen.

Ein besonderes Exponat in dieser Schau ist eine unscheinbare Phiole, welche eine wässrige Suspension von präsolaren Diamanten enthält, die durch Auflösen von etwa zehn Gramm des Chondriten von Allende gewonnen wurden.

In dem Gefäß befinden sich viele Milliarden Diamanten mit einer durchschnittlichen Größe von nur zwei bis drei nm (etwa 0,0000025 mm!). Dieses Ensemble enthält Diamanten von mehreren Sternen, welche vor der Entstehung der Sonne schienen und inzwischen längst erloschen sind.
->   Institut für Astronomie der Universität Wien
->   Meteoritensaal des Naturhistorischen Museums Wien
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Informationen zum Autoren Thomas Posch
Thomas Posch (geb. 1974) ist DOC-Stipendiat der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Er studierte Physik, Astronomie und Philosophie in Graz, Berlin und Wien (Studienabschluss 1999 [Mag. rer. nat.] sowie 2002 [Dr. phil.]). Gegenwärtig arbeitet er als Doktorand am Institut für Astronomie der Universität Wien und am Astrophysikalischen Institut der Universität Jena. Sein Dissertationsprojekt trägt den Titel "Zur Mineralogie des zirkumstellaren Staubes"; es wird von Franz Kerschbaum betreut. Dieses Projekt hat die Erforschung der Zusammensetzung der Staubhüllen um rote Riesensterne zum Gegenstand, und zwar auf der Grundlage von Infrarotbeobachtungen und Laborexperimenten, welche an den Instituten in Wien und Jena bereits seit einigen Jahren durchgeführt werden.
Arbeitsgruppe "AGB-Sterne" am Institut für Astronomie der Uni Wien
Astrophysikalisches Institut Jena
->   Homepage von Thomas Posch
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->   Alle Beiträge in der Reihe "Young Science"

Die Österreichische Akademie der Wissenschaften fördert im Rahmen von DOC [DOKTORANDENPROGRAMM DER ÖSTERREICHISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN] junge österreichische DoktorandInnen für Forschungsvorhaben im In- und Ausland.
->   Informationen zum DOC-Programm bei der ÖAW
 
 
 
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01.01.2010