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Kosmische Lupe enthüllt Sternentstehung in Quasaren  
  Quasare, frühe Galaxien in der Anfangszeit des Universums, beherbergen nicht nur supermassive Schwarze Löcher, sondern auch ungeheure Mengen Material für neue Sterne. Zu diesem Schluss kam ein internationales Radioastronomen-Team mit Hilfe so genannter Gravitationslinsen - "kosmische Lupen", die einen Blick in die Frühzeit des Universums erlauben.  
Dies berichten die Forscher im Rahmen einer online vorab erschienenen Studie in "Science".
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Die Studie ist unter dem Titel "Molecular Einstein Ring: Imaging a Starburst Disk Surrounding a Quasi-Stellar Object" in "Science Express" (3. April 2003; 10.1126/science.1082600) online veröffentlicht worden.
->   Original-Abstract
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Große Mengen Staub nachgewiesen ...
Den beteiligten Wissenschaftlern vom Bonner Max-Planck-Institut für Radioastronomie unter Leitung von Frank Bertoldi gelang es, große Mengen Staub nachzuweisen - also Material, aus dem sich neue Sterne bilden. Und zwar u.a. beim am weitesten (bisher bekannten) von der Erde entfernten Quasar SDSS J1148.
... mit Hilfe einer kosmischen Lupe
Bei dem Quasar PSS J2322 kam ihnen laut einer Aussendung des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie, der Zufall zu Hilfe:

Eine bislang noch nicht identifizierte Gravitationslinse in der Sichtlinie zwischen der Erde und diesem extrem weit entfernten Objekt verstärkt und verzerrt dessen Strahlung zu einem "Einstein-Ring" und erlaubt so, wie durch eine kosmische Lupe, einen unerwartet detaillierten Einblick in die Gasverteilung im Zentrum dieses Quasars.

Beide Beobachtungen belegen, dass bereits im frühen Universum, also etwa 700 Millionen Jahre nach dem Urknall, ungeheure Mengen an Sternen entstanden sind.
Der Quasar SDSS J1148+5251
 
Bild: Max-Planck-Institut f¿r Radioastronomie/Frank Bertoldi

Der bislang am weitesten entfernte Quasar SDSS J1148+5251 ist in der optischen Aufnahme im Bildzentrum als ein schwacher Punkt zu erkennen. Alle anderen Objekte sind Vordergrund-Galaxien, die mit dem Quasar in keiner Beziehung stehen. Die Konturlinien zeigen die Intensität der Strahlung bei Millimeter-Wellenlängen, deutlich erkennbar ist die starke Strahlung des Quasars.
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Einstein-Ring
Der Gravitationseffekt "Einstein-Ring" wurde 1936 von Albert Einstein als Konsequenz seiner Allgemeinen Relativitätstheorie vorausgesagt, aber für sehr unwahrscheinlich gehalten.

Dabei verbiegt die Schwerkraft einer Galaxie das Licht eines Objekts, das sich genau hinter ihr befindet. Der Beobachter sieht dann das Objekt mehrfach, weil die Lichtstrahlen unterschiedliche Wege nehmen. Befinden sich das Objekt, die Gravitationslinse und der Beobachter sogar exakt auf einer Linie, werden die Lichtstrahlen des hinteren Objekts zu einem perfekten Ring, einem Einstein-Ring, um die Galaxis abgelenkt.

Die erste Gravitationslinse entdeckte man im Jahre 1979, den ersten Einstein-Ring 1987. Mit PSS J2322 wurde der bisher am weitesten entfernte Einstein-Ring nachgewiesen.
->   Mehr über Gravitationslinsen
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Interesse an Wärmestrahlung der Quasare
Quasare sind die leuchtkräftigsten Objekte am Rand des bekannten Universums. Ihre Helligkeit kann Billiarden mal heller sein als die Sonne. Sie strahlen ungeheure Mengen an Energie ab, die dadurch entsteht, dass Materie in die supermassiven Schwarzen Löcher im Zentrum dieser frühen Galaxien fällt.

Das dabei hell aufleuchtende Gas macht die Quasare zu kosmischen Leuchtfeuern, die es ermöglichen, mit Hilfe von Teleskopen tief in die Vergangenheit und damit in die Anfangszeit des Universums zurück zu blicken.

Astrophysiker interessieren sich heute jedoch besonders für die Wärmestrahlung der Quasare, die als Indiz für die Entstehung extrem vieler Sterne gilt. Doch ein direkter Beweis für die Sternentstehung in den frühesten Epochen des Universums fehlte bisher.
Quasars PSS J2322: 12.000 Lichtjahre Durchmesser
Foto: NRAO/Chris Carilli
Das Radiobild von PSS J2322 zeigt eine runde, fragmentierte Verteilung der Kohlenmonoxid-Strahlung.
Mit Hilfe des "Einstein Ringes" ist es der internationalen Forschergruppe nun gelungen, einen genaueren Blick in das Innenleben des extrem weit entfernten Quasars PSS J2322 zu werfen.

Aus der Größe und relativen Position des Rings und der optischen Abbildung des Quasars konnten die Wissenschaftler ableiten, dass Staub und Gas auf eine ausgedehnte und wahrscheinlich abgeflachte Scheibe mit einem Durchmesser von etwa 12.000 Lichtjahren verteilt sind.

Hingegen konzentriert sich das Schwarze Loch mit seinem umgebenden heiß leuchtenden Gas auf eine Region von wenigen Lichttagen.
Entstehung zahlreicher Sterne
Frank Bertoldi und seine Kollegen sehen sich bestätigt: "Dieser Glücksfall eines durch eine Gravitationslinse verstärkten Quasars hat unsere Vermutung untermauert, dass in den staubigen Molekülwolken der Quasare in großer Zahl neue Sterne entstehen. Denn die Strahlungsintensität der Wolken ist so groß, dass sie bei einem so großen Abstand zum Schwarzen Loch nicht mehr durch dieses selbst verursacht werden kann," wird er in der Aussendung des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie zitiert.

In den Quasaren habe es demzufolge bereits nach wenigen hundert Millionen Jahren ähnliche Anreicherungen von Kohlenmonoxid und Staub gegeben wie heute - 13,6 Milliarden Jahre später.
->   Max-Planck-Instituts für Radioastronomie
->   "Science"
->   Mehr über Quasare in science.ORF.at
 
 
 
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01.01.2010