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Neue Anwendungsorientierung in Japans Forschung  
  Die ehrgeizigen Umstrukturierungen in der japanischen Forschungspolitik haben schon eine Reihe profilierter Wissenschaftler angezogen. Denn das Industrieministerium will in Zukunft verstärkt auf anwendungsbezogene Forschung setzen.  
Führende Forscher aus den USA sowie Sumio Iijima, der Entdecker der "carbon nanotubes", haben sich bereit erklärt, den neuen Institute vorzustehen, meldet "Nature" in seiner neuesten Ausgabe.
->   Carbon Nanotubes
Eigenständiges Institut für angewandte Forschung
Die Umstrukturierung der Forschungspolitik im Ministerium für Wirtschaft, Handel und Industrie leitet der ehemalige Präsident der Tokioter Universität, Hiroyuki Yoshikawa. Das Ministerium stellt selbst eine Neuerung dar: Es handelt sich um das frühere Ministerium für Internationalen Handel und Industrie.

Am 1. April wird innerhalb des Ministeriums das Nationale Institut für Angewandte Wissenschaft und Technologie als eigenständige Institution seine Pforten öffnen. Es wird die alte Geschäftstelle für Industrielle Wissenschaft und Technologie ersetzen.
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Die neue Institution wird 45 Institute und Wissenschaftszentren beherbergen. Anwendungsorientierte Ziele der Forschungen werden dort mit einer großen operativen Autonomie für die einzelnen Institute verbunden sein.
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Yoshikawa hat die Aufgabe, Institutsdirektoren zu benennen und finanzielle Mittel aufzustellen. Diese Verantwortungsbereiche hielten bisher Beamte im Ministerium inne.
Zu viel Freiheit, der Neugier nachzugehen
Yoshikawa ist sich der Verantwortung bewusst, die die institutionelle Autonomie mit sich bringt, nämlich Ergebnisse abzuliefern. "Eine nationale Institution dieser Art muss seinen Wert der Gesellschaft beweisen - sie muss zweckbezogen sein", sagt er. Das alte Ministerium habe den Wissenschaftlern zu viele Freiheiten gelassen, ihrer eigenen Neugier zu folgen, fügt er hinzu.
Gesellschaftliche Probleme angehen
Eine der Hauptaufgaben wird sein, die Forschung in Richtung nachhaltige Entwicklung zu steuern. Nachhaltigkeit bezieht sich dabei nicht nur auf die Umweltwissenschaften. Auch gesellschaftliche Probleme werden ins Auge gefasst, sagt Yoshikawa. Die rasch alternde japanische Gesellschaft könnte beispielsweise von den Anwendungen der Robotertechnologien profitieren.
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Größere Verantwortlichkeit der Institute
Die neuen Institute und Wissenschaftszentren werden aus den 15 ehemaligen Labors des alten Ministeriums hervorgehen. In jedem Institut sollen höchstens 100 Wissenschaftler forschen. Das steht in krassem Gegensatz zu früher, wo bis zu 600 wissenschaftliche Mitarbeiter in einem Institut beschäftigt waren. Durch die kleineren Einheiten soll eine größere Verantwortlichkeit der einzelnen Institute geschaffen werden. In drei bis fünf Jahren soll sich dann das ganze System einer Evaluierung unterziehen.
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Reif für eine straffere Organisation
Bisher hatten japanische Wissenschaftler die Freiheit, bei ihren Forschungen nicht all zu sehr auf die praktische Anwendbarkeit achten zu müssen - was sie wohl durchaus zu schätzen wussten. Nun sind einige der Meinung, reif zu sein für eine straffere Organisation.

"Um eine große Wirkung zu haben, braucht man ein starkes Management und klare Autoritäten", sagte Junji Itoh, der 16 Jahre lang im alten Ministerium gearbeitet hat und jetzt designierter Direktor des neuen Elektronik-Forschungsinstituts ist. Wie die meisten der Institute ist auch dieses in Tsukuba beheimatet.
Kommunikation ist alles
Kritiker befürchten, dass zu viele Institute wiederum zu Ineffizienz führen. "Die Kommunikation wird alles sein", sagt Fu-Kuo Chan, ein Luft- und Raumfahrtswissenschaftler an der Stanford University in Kalifornien. Er wird dem Smart Structures Forschungszentrum vorstehen.

Die Institute sollen stärker auf die Verbindung zwischen Grundlagenwissenschaften und ihrer praktischen Anwendbarkeit in der Industrie getrimmt werden. Bisher waren derartige Verbindungen in Japan eher dünn gesät.
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Beteiligung an Vereinbarungen mit der Wirtschaft
Derartige Zusammenarbeit wird unter anderem dadurch gefördert, dass Wissenschaftler direkt an den Vereinbarungen mit der Wirtschaft beteiligt werden. Die Forschungsinstitute wollen darüber hinaus auch kommerzielle Forschungsprojekte aus der Industrie annehmen.
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Späte Heimkehrer
Iijima wird das Forschungszentrum für Advanced Carbon Materials leiten. Und nach 30-jähriger Tätigkeit in den USA kehrt der Humangenetiker Kotoku Kurachi nach Japan zurück, um dem neuen Genforschungszentrum vorzustehen.

Dass die praktische Anwendbarkeit der Forschung nun mehr in den Vordergrund rückt, sei in Japan etwas neues. Denn die Forschung habe sich dort bislang eher an der reinen Wissenschaft orientiert, sagt er. Kurachi, der zuletzt an der University of Michigan tätig war, forscht über die Gene, die am zunehmenden Risiko beteiligt sind, im Alter an Herzkreislauferkrankungen zu leiden. Künftig will er sich mit der medizinischen Anwendung seiner Forschung beschäftigen.

Auch die Universitäten Japans begleiten die Umstrukturierung des Ministeriums mit wachem Interesse, denn sie sollen 2003 in die institutionelle Unabhängigkeit entlassen werden.
->   Nature
 
 
 
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01.01.2010