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Modellfall Zypern: Insel ohne Wasser  
  Die Welt steuert nach Einschätzung der Vereinten Nationen auf eine dramatische Wasserkrise zu - umso wichtiger wird daher die nachhaltige Nutzung der Ressource Wasser. Die Insel Zypern gilt hierbei als ein besonderer Modellfall: Sie ist völlig vom Regenfall abhängig. Am Agricultural Research Institute in Nikosia arbeiten daher rund 40 Wissenschaftler an effektiven Bewässerungsmethoden und nachhaltigem Wassermanagement, das in allen euro-mediterranen Regionen angewendet werden kann. Das Institut wurde zum "Center of Excellence" der Europäischen Union bestimmt.  
Als Insel ist Zypern für die Wasserressourcen völlig vom Regenfall abhängig. Da der Regenfall während des Jahres und außerdem von Jahr zu Jahr großen Schwankungen unterliegt, müssen große Wasservorräte angelegt werden.
Platz Eins der EU-Staudamm-Rangliste
Deshalb hat die Regierung im Jahr 1960 ein Damm-Errichtungsprogramm gestartet. Zwischen 1960 und 1988 wurde die Dammkapazität um ein 50-Faches gesteigert - heute können 307,5 Millionen Kubikmeter Wasser in Staudämmen gespeichert werden.

Auf einer Rangliste der EU liegt Zypern mit seiner Anzahl von Staudämmen auf Platz Eins - wenn man die Größe des Landes berücksichtigt.
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Zypern: Keine natürlichen Süßwasserseen
Es gibt keine Flüsse, die das ganze Jahr über Wasser führen und es gibt keine natürlichen Süßwasserseen. Es regnet nur während der vier Wintermonate, im Durchschnitt 460 Millimeter im Jahr. Zum Vergleich: In Österreich liegt die Niederschlagsmenge bei 1.200 Millimetern pro Jahr und Quadratmeter. Auf Zypern verdunsten allerdings 86 Prozent des Regens in die Atmosphäre, nur 14 Prozent können wirklich genutzt werden. Zudem macht sich der Klimawandel schon bemerkbar. Die Regenfälle gingen in den vergangenen 30 Jahren deutlich zurück. Die Temperatur ist im selben Zeitraum um ein halbes Grad gestiegen.
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Folgen für den Anbau
Doch auch die Staudämme konnten das Land nicht vor einer Dürre bewahren. "Wir hatten jahrelange Trockenperioden, in dieser Dekade mussten wir in sieben von zehn Jahren mit einer unterdurchschnittlichen Regenmenge auskommen", schildert der Wasserexperte George Eliades vom Agricultural Research Institute (ARI) in Nikosia.

"Die Wasservorräte in den Staudämmen waren schon aufgebraucht, die Landwirte hatten kein Wasser mehr für die Bewässerung. Wir brauchten also dringend eine Studie, die zeigt, wie die Hauptanbausorten in Zypern reagieren, wenn sie viel weniger Wasser bekommen."
Möglichst effektiver Einsatz
Das Ministerium, das über die zugeteilte Wassermenge entscheidet, musste das Wasser an jene Landwirte verteilen, die es besonders effektiv einsetzen konnten. Die Studie zeigte, wenn Wasser bei bestimmten Gemüsesorten um 40 Prozent reduziert wird, ging die Ernte um 30 Prozent zurück.

Die Forscher haben für alle Hauptanbausorten wie Zitronen, Kartoffeln, Gurken oder Bananen, aber auch für Pfeffer oder Weintrauben zahlreiche Versuche durchgeführt. Die Bewässerung ist der Schlüssel zur ertragreichen Ernte.
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Hauptnutzer des Wassers ist die Landwirtschaft
Die Industrie verbraucht noch immer wenig Wasser. Hauptnutzer ist die Landwirtschaft, die das Wasser für die Bewässerung braucht - sie beansprucht 69 Prozent des gesamten Wasserbedarfes. Diese Nachfrage entspricht den internationalen Zahlen: Weltweit fließen sogar 70 bis 80 Prozent des Wasserbedarfes in die Bewässerung. Der Rest des Wassers wird hauptsächlich für die Haushalte und den Tourismus benötigt. Und nur zwei bis drei Prozent landen in der Industrie.
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95 Prozent moderne Bewässerung
"Wir sind Pioniere in der Bewässerung und in der Installation von modernen Bewässerungssystemen. Mehr als 95 Prozent der bewässerten Landstriche in Zypern nutzen bereits moderne Bewässerungssysteme", sagt George Eliades vom ARI.

"Wir benutzen alles von Tropf-Anlagen, über Sprinkler bis zur Wasserdüngung, wir verbessern die Ernte mit geringen Wassermengen und wir nutzen das Wasser wirklich effizient, bei uns geht auch kein Wassertropfen verloren."
Auch die Abwasser-Anwendung wird erforscht
Am "Center of Excellence" wird auch die Anwendung von Abwasser erforscht. "Wir dürfen das Abwasser aus Umweltschutzgründen nicht ins Meer leiten, deshalb müssen wir es für die Bewässerung einsetzen", erklärt Christakis Metochis.

"Wir haben mit Abwasser aus der Industrie für den Anbau von Früchten begonnen, dann haben wir zu einigen Gemüsearten gewechselt und auch bestimmte Blumensorten damit bewässert. Mit Erfolg, kann ich sagen."
Salztolerante Pflanzen suchen
Abwasser sei zuallererst verfügbares Wasser, außerdem enthalte es jede Menge Dünger, der wiederum ist gut für viele Sorten. Es sei außerdem salzhaltig - damit müsse man allerdings vorsichtig umgehen und es nur für bestimmte Sorten verwenden, die dies auch vertragen, so der Experte.

"Wir haben auch ein Forschungsprojekt mit der EU, bei dem es um die Kultivierung von Gemüsesorten in Gewächshäusern geht. Auch hier ist die Kernfrage die Nutzung von Salzwasser für die Bewässerung", sagt Metochis.

"Wir haben bereits herausgefunden, dass wir damit Tomaten und Gurken bestens bewässern können."
Ernteverluste sind bereits einkalkuliert
Tomaten sind natürlich toleranter, dennoch verliert man Ernteerträge, wie Metochis weiter ausführt.

"Wir haben berechnet, dass man zehn Prozent der Ernte verliert, bei Gurken sind es sogar 20 Prozent, wenn man Salzwasser verwendet. Aber wir müssen mit diesen Verlusten leben und das saubere Wasser den anderen Wirtschaftssektoren überlassen." Denn der Tourismus und die Industrie brauchen Wasser bester Qualität.
Ein Beitrag von Ulrike Schmitzer für die "Dimensionen" am 9.4.2003 um 19.05 Uhr in Ö1. Im Rahmen des Programmschwerpunktes "Nebenan" - Erkundungen in Österreichs Nachbarschaft.
->   Radio Österreich 1
->   Agricultural Research Institute
->   Alles zum Stichwort Wasser in science.ORF.at
 
 
 
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01.01.2010