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DOBES - Bewahrung bedrohter Sprachen  
  6.500 verschiedene Sprachen gibt es laut UNESCO auf der Welt, 4.300 werden Schätzungen zufolge innerhalb der nächsten zwei Generationen verschwinden. Lingusiten sind weltweit im Einsatz, um seltene Sprachen zu dokumentieren, bevor sie endgültig aussterben.  
"Dokumentation Bedrohter Sprachen"
Beispiel dafür sind etwa Lacandon in Mexiko, Monguor in China oder Waima'a in Ost-Timor.30 Fachleute treffen sich noch bis Donnerstag in Frankfurt, um über ihre Forschungsprojekte zu beraten.

Sie arbeiten im Netzwerk "Dokumentation Bedrohter Sprachen", kurz DOBES, zusammen. Die Mitarbeiter in dem von der Volkswagen-Stiftung geförderten Forschungsverbund versuchen die Sprachen zu dokumentieren, indem sie Gespräche auf Video aufzeichnen und auswerten.

Sie erstellen Vokabellisten, analysieren Grammatik und notieren selbst die Gesten der Sprecher.
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13 Forschungsgruppen weltweit im Einsatz
Forscher der Frankfurter Goethe-Universität beschäftigen sich mit den georgischen Sprachen Tsova-Tush, Svan und Udi. Ein Team aus Mainz erfasst Salar und Monguor, zwei Sprachen aus China. 13 solcher Forschungsgruppen sind weltweit für DOBES im Einsatz. Sie wollen nicht nur die Sprache selbst festhalten, sondern auch die Lebensweisen und Vorstellungen, die mit ihr transportiert werden.

"Wenn eine Sprache ausstirbt, stirbt sehr vieles mit", erklärt Jost Gippert, Direktor des Instituts für vergleichende Sprachwissenschaft in Frankfurt: Geschichte, Märchen, Bräuche, gar Religionen verschwänden mit ihr.
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Hauptschuldige: Gobalisierte Medien
Hauptschuldige am Sprachen-Sterben sind Gippert zufolge die Massenmedien. Weil sich über Fernsehen und Radio zentrale Sprachen in den Vordergrund drängten, habe sich das Aussterben beschleunigt.

Was früher der Kolonialismus war, erledigt heute die Globalisierung: Wie das Französisch der Kolonialherren die Sprachen Nordafrika ausmerzte, dringt heute Englisch in alle Teile der Welt vor.

"Irgendwann spricht die ganze Welt irgendwas, was vielleicht ein Abkömmling des Englischen ist", sagt der Sprachenforscher voraus. "Aber in so vielen Varietäten, dass wir auch wieder Dolmetscher brauchen."
Nur wenige Sprachen entstehen neu
Kein rechter Trost ist die Tatsache, dass auch neue Sprachen geboren werden. Zum einen sind es viel weniger: Auf 4.000 aussterbende kommen vielleicht 30 neue, schätzt Gippert. Zum anderen passiere das immer seltener: "Das war vor allem ein Phänomen der Kolonialzeit."

In der Südsee entstand auf Basis der Sprache der französischen Kolonialherren das Kreolische. Heute verhindern Massenmedien und Schulpflicht, dass zum Beispiel die als "Kanaksprak" bekannte deutsch-türkische Mischsprache Jugendlicher sich wirklich etabliert.
Gute Überlebenschance für europäische Sprachen
Gute Chancen zu überleben haben dagegen seltene Sprachen in Europa, die durch die "Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen" geschützt sind. Das Bretonische und das Baskische könnten also durchaus noch einige Zeit erhalten bleiben.

Wenn Sprachen sterben, betrifft das zunächst nur wenige Menschen: Drei Viertel aller Menschen verteilen sich auf nicht mehr als 40 Sprachen, sagt das "Rote Buch gefährdeter Sprachen" der UNESCO. Das von Frankfurtern erforschte Udisch sprechen gerade noch 100 Leute in einem georgischen Dorf.
->   Mehr zum Thema Sprache in science.ORF.at
 
 
 
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01.01.2010