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ORF ON Science :  News :  Umwelt und Klima 
 
Kyoto-Protokoll: Falsche Daten als Grundlage  
  Seit Jahren wird um die weltweite Ratifizierung des so genannten Kyoto-Protokolls zur Verringerung der Treibhausgase gerungen. Ausgangspunkt für die dort genannten Zielsetzungen ist vor allem der vom UNO-Klimabeirat prognostizierte Temperaturanstieg. Wirtschaftsforscher und Statistiker bezweifeln diese Prognose jedoch massiv.  
Wirtschaftsdaten als Grundlage
Es ist schon fast so etwas wie ein Stehsatz in jeder Diskussion über Umweltpolitik: in den nächsten 100 Jahren wird die Erdtemperatur um 1,4 bis 5,8 Grad steigen. Diese Zahlen basieren auf Szenarien, die das IPCC, das Expertengremium der UNO zum Thema Klima-Veränderung, ausgearbeitet hat.

Grundlage für diese Temperatur-Prognosen sind Annahmen über die künftige Entwicklung der Weltwirtschaft, denn das Wirtschaftswachstum ist ein maßgeblicher Faktor für den Ausstoß von Treibhausgasen.
Renommierte Kritiker
Genau an diesen Annahmen zur Entwicklung der Weltwirtschaft entzündet sich nun die Kritik von Wirtschaftsforschern und Statistikern. Unter den Kritikern befindet sich etwa David Henderson, der ehemalige Chefökonom der OECD, Ian Castles, der ehemalige Chef des statistischen Büros von Australien, oder auch John Reilly, Experte für ökonomische Modelle am Massachusets Institute of Technology.

Hauptstoßrichtung der Kritik ist, dass der UN-Klima-Beirat das Wirtschaftswachstum in den Entwicklungsländern in den nächsten 100 Jahren massiv überschätzt. Der Beirat geht davon aus, dass sich die Lücke zwischen Entwicklungsländern und der Industrialisierten Welt schließt.
Zu wenig Daten herangezogen
Zur Berechnung dieser Lücke werden aber Wechselkurse anstelle der allgemein üblichen Kaufkraft-Paritäten herangezogen. Das führt dazu, dass sowohl der wirtschaftliche Abstand zwischen Entwicklungsländern und Industrienationen als auch das Aufholpotential viel zu hoch eingeschätzt wird, und zu teils absurden Resultaten führt.
Unrealistische Einkommensprognosen
Um zum Ergebnis einer Erwärmung von 1,4 bis 5,8 Grad bis 2100 zu kommen, müssten sich beispielsweise die Einkommen in Asien versiebzig- bis verhundertvierzigfachen. Ein solcher Einkommensanstieg wäre absolut beispiellos in der Geschichte. Zum Vergleich: im Verlauf des gesamten 20. Jahrhunderts haben sich die Einkommen in Japan nur knapp verzwanzigfacht.

Selbst wenn man davon ausgeht, dass nur eine Erwärmung von 1,4 Grad bis 2100 stattfindet - also der untere Rand der Prognosebandbreite - impliziert das beispielsweise laut David Henderson, dass die Wirtschaftsleistung pro Kopf in Südafrika bis zum Jahr 2050 auf die doppelte Höhe der USA steigt.
Südafrikaner und Russen reicher als Amerikaner
Im Jahr 2100 wäre dann der durchschnittliche Südafrikaner sogar viermal so reich wie der durchschnittliche US-Amerikaner. Aber nicht nur Südafrika müsste die USA wirtschaftlich überholen, sollte die Prognose stimmen.

Auch Länder wie Russland, Lybien, Algerien oder sogar Nordkorea hätten im Jahr 2100 ein höheres Bruttoinlandsprodukt als die USA - Länder, die bisher eher nicht als Wirtschaftslokomotiven in Erscheinung getreten sind.
UNO zieht erste Konsequenzen
Der UNO-Klimabeirat hat die Kritik der Experten mittlerweile zur Kenntnis genommen, eine offizielle Antwort steht allerdings noch aus. Offensichtlich werden aber die Wirtschaftsannahmen der IPCC-Prognose derzeit überarbeitet. Auf der Homepage des Klimabeirates sind sie seit kurzem nicht mehr öffentlich zugänglich.

Die Kritiker der Klimaprognosen legen übrigens Wert auf die Feststellung, dass sie die globale Erwärmung an sich nicht anzweifeln. Sie fordern allerdings, dass für die nächste Prognose auch Ökonomen auf breiter Basis einbezogen werden, um so zu realistischeren Ergebnissen zu kommen.

Harald Waiglein, ORF-Radio
->   IPPC - Intergovernmental Panel on Climate Change
->   Mehr Informationen über das Kyoto-Protokoll und seine Auswirkungen in science.ORF.at
 
 
 
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01.01.2010