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Biomechanik beweist: Die Fruchtfliege fliegt wirklich  
  Obwohl die Fruchtfliege zu den wichtigsten Modellorganismen der Biologie zählt, birgt auch sie noch Geheimnisse. Neueste Forschungen zur Biomechanik ihres Fluges kamen nun - entgegen bisherigen Annahmen - zu dem Schluss: die Fliege fliegt wirklich.  
Und sie "schwimmt" nicht
Die Trägheit und nicht die Reibung ist der bestimmende Faktor, wenn sich die Drosophila melanogaster im Fluge dreht. Damit fällt ein über Jahrzehnte gehaltenes Dogma, das besagt, dass Fliegen wegen ihrer geringen Größe gleichermaßen in der Luft "schwimmen".

Das berichtet Steven N. Fry vom Institut für Neuroinformatik der Universität Zürich und der ETH Zürich in einer Studie, die in der aktuellen Ausgabe von "Science" publiziert wurde.
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Die Studie von Steven N. Fry, Rosalyn Sayaman und Michael H. Dickinson ist unter dem Titel "The Aerodynamics of Free-Flight Maneuvers in Drosophila" in der aktuellen Ausgabe von "Science" (Bd. 300, S. 495-498, Ausgabe vom 18. April 2003) erschienen.
->   Die Originalstudie (kostenpflichtig)
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5.000 Bilder pro Sekunde für Flugaufnahmen
Für seine Arbeit filmte das Forscherteam die Fruchtfliegen mit drei Kameras bei einer Auflösung von 5.000 Bildern pro Sekunde. Dabei wurden nicht nur der freie Flug von Drosophila, sondern auch blitzschnelle 90-Grad-Wendemanöver, die so genannten Sakkaden, aufgezeichnet.

Während diesen für den Fliegenflug typischen Manövern, die weniger als eine Zehntelsekunde dauern, sollten die größten Auffälligkeiten bei den Flügelbewegungen zu finden sein, so spekulierten die Forscher.
Extreme Flugmanöver mit wenig Änderung der Bewegung
Schon die Analyse des geraden Fluges zeigte laut einer Aussendung der Universität Zürich: Bisher als unabdingbar erachtete instationäre aerodynamische Mechanismen zur Luftkrafterzeugung, z.B. hervorgebracht durch das Zusammenschlagen der Flügel über dem Körper ("clap-and-fling"), spielten eine untergeordnete Rolle.

Eine genauere Analyse der Drehmanöver brachte weitere Überraschungen: Die Flügelschläge sahen selbst bei den extremen Wendemanövern praktisch gleich aus wie beim Geradeausfliegen.

Die Flügel der Fruchtfliege bewirken also extreme Flugmanöver mit geringfügigsten Änderungen ihrer Bewegung.
Von Trägheit dominiert
Das während Sakkaden von den Flügeln erzeugte aerodynamische Drehmoment korreliere mit der gemessenen Winkelbeschleunigung des Körpers, aber nicht mit der Winkelgeschwindigkeit, so der Schluss der Forscher .

Daraus könne man schließen, dass die Dynamik des Fliegenkörpers von der Trägheit dominiert wird und nicht von der Reibung, wie bisher angenommen.

Um den Körper in Rotation zu versetzen, erzeuge die Fliege ein Drehmoment durch geringfügig unterschiedliche Bewegung ihrer zwei Flügel.
Schub und Gegenschub
Damit aber die Fruchtfliege sich dem Trägheitsprinzip entsprechend nicht einfach weiter um die eigene Achse dreht, brauche es schnell Gegensteuer anhand von wohl dosierten Flügelschlägen, die ein entgegenwirkendes Drehmoment erzeugen.

Das Steuerungsprinzip heißt nach Ansicht der Forscher also Schub und Gegenschub - und zwar innerhalb von etwa zehn Flügelschlägen, die für eine Sakkade benötigt werden. Diese Erkenntnis liefere die Basis, um die dazugehörigen neuronalen und physiologischen Steuerungsmechanismen zu analysieren.
->   ETH Zürich
->   Drosophila: Kleine Geschichte der Laborzoologie
 
 
 
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01.01.2010