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Das Scheitern faschistischer Bewegungen in der Schweiz  
  Wie fast überall in Europa gab es auch in der Schweiz der 30er Jahre faschistische Bewegungen. Im Gegensatz zu den Nachbarländern waren sie dort allerdings relativ erfolglos, schreibt der Geschichtswissenschaftler Peter Ofner in seiner Seminararbeit "Helvetofaschismus", die - erschienen in mnemopol.net und als Rezension nachzulesen in science.ORF.at - auch die Gründe für diese so andere Entwicklung beleuchtet.  
Faschismus a la Suisse
Rezensiert von Thomas Müller

Auslöser für die Gründung erster nationaler Verbände war der Erste Weltkrieg, genauer gesagt die darauf folgende Krise, die auch die Schweiz nicht verschonte. Während des Landesgeneralstreikes im November 1918 wurden zahlreiche so genannte Bürgerwehren gegründet.

Im Laufe der 20er Jahre schlossen sich einige dieser Bürgerwehren und andere konservativ-militaristische Bünde zum Vaterländischen Verband zusammen. Bis zum Frühjahr 1933 führten dieser und andere nationale Verbände ein Schattendasein in der schweizerischen Politik.
Frühling für Fronten
Dass es im Frühjahr 1933 einen plötzlichen Aufschwung der faschistischen Organisationen (so genannte Fronten) in der Schweiz gab, hatte mehrere Gründe. Zum einen wirkte sich die Machtergreifung der NSDAP im Jänner desselben Jahres aus, zum anderen war die innenpolitische Lage in der Schweiz eine gespannte.

Ähnlich wie in Österreich verschärften sich die Gegensätze zwischen dem rechten und linken Lager. Dadurch fand die nationale Zusammenarbeit über Klassengrenzen hinweg, die den sozialen Frieden versprach, bei der Bevölkerung Anklang.

Die Weltwirtschaftskrise ließ auch die Schweiz nicht unberührt. Vor allem den Mittelstand traf es hart, und dieser bildete auch die Hauptstütze der Frontenbewegung. Hinzu gesellten sich Teile der jungen "Intelligentia", die von kollektiven Tugenden wie Ehre und Hilfsbereitschaft träumten.
Gegen links, gegen rechts
Im Wesentlichen strebten die Fronten die Ersetzung der liberalen Demokratie durch eine autoritäre Demokratie oder durch eine Diktatur an. Dabei lehnten sie sowohl den Individualismus und die freie Marktwirtschaft der Liberalen ab, als auch den Klassenkampf und die Verstaatlichung bei den Sozialisten.

Die Lösung war für sie die ständische Wirtschaftsordnung, deren Umsetzung in Österreich scheitern sollte. Rassenideologie hatte eine eher untergeordnete Rolle, wäre aber im Vielvölkerstaat Schweiz auch ein Anachronismus gewesen.
Glück und Ende
Die größte und bedeutendste Frontistenpartei war die Nationale Front. Sie konnte 1933 bei Regionalwahlen einige Sitze gewinnen, aber im Jahr darauf begann auch schon ihr Niedergang.

Außer dem Boykott der demokratischen Institutionen und der Anzettelung einer Abstimmung über eine Totalrevision der Verfassung konnten die Frontisten politisch nichts vorweisen.

Innere Zerwürfnisse und Parteispaltungen besiegelten das schleichende Ende der Bewegung. Die bereits in die Bedeutungslosigkeit versunkene Nationale Front wurde schließlich 1943 per Beschluss des Bundesrates verboten.
Sonderfall Schweiz
Warum erwies sich nun die schweizerische Demokratie als resistenter gegen den Faschismus als die ihrer Nachbarn? Einerseits scheinen es die heterogene Bevölkerung und die regionale Zersplitterung zu sein, die der faschistischen Ideologie widerstrebten.

Auch die etablierten Parteien waren der Herausforderung besser gewachsen als in Deutschland oder Österreich. Nachdem die Konservativen zunächst noch mit den Fronten paktiert hatten, begannen auch sie bald diese zu bekämpfen.
Finaler Todesstoß: Interne Querelen
Der von den Faschisten umworbene Mittelstand erwies sich zudem als äußerst opportunistisch und konnte von den demokratischen Parteien wieder gewonnen werden. Den finalen Todesstoß allerdings gaben sich Frontisten durch interne Querelen selbst.
->   Die Arbeit nachzulesen bei mnemopol.net
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Informationen zum Autor Peter Ofner
Peter Ofner (geb. 1965) ist seit vielen Jahren beruflich im Sozialbereich tätig. Seit 1987 studiert er Germanistik und Geschichte an der Universität Wien. Derzeit beschäftigt er sich im Rahmen seiner Diplomarbeit mit dem österreichischen Dramatiker Wolfgang Bauer. Als Historiker behandelt er schwerpunktmäßig Themen aus Wissenschaftsgeschichte, Technikgeschichte und Zeitgeschichte. Zu seinen persönlichen Interessen gehört die Erforschung ur- und frühgeschichtlicher Kultstätten und Heiligtümer sowohl in Österreich (insb. Waldviertel) als auch in Europa (England, Frankreich, Deutschland) und Übersee.
->   Weitere Rezensionen aus mnemopol.net in science.ORF.at
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01.01.2010