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Erbgut des Milzbrand-Erregers entziffert  
  Eine Arbeitsversion vom Erbgut des Milzbrand-Erregers steht bereits seit einiger Zeit im Internet zur Verfügung. Nun melden die verantwortlichen Forscher die "endgültige" Entzifferung des Anthrax-Genoms und berichten zudem von einem Vergleich mit nahen Bakterien-Verwandten. Die Unterschiede sind demnach minimal - doch sie reichen aus, um aus dem Bakterium einen tödlichen Erreger zu machen.  
Der Anthrax-Bakterienstamm Ames, dessen Erbgut das internationale Team um Claire Fraser vom Institute for Genomic Research (TIGR) in Rockville im US-Bundesstaat Maryland sequenzierte und analysierte, wurde 1981 aus einer toten Kuh isoliert und wird weltweit als Laborstamm verwendet.
Vergleich mit anderen Bakterien
Genau wie das Team um Claire Fraser verglich auch eine Forschergruppe um Nikos Kyrpides von dem Biotechnologie-Unternehmen Integrated Genomics (Chicago/US-Bundesstaat Illinois) das Erbgut des Anthrax-Erregers mit nah verwandten Bakterien-Stämmen:

Mit dem Bacillus cereus, einem verbreiteten Bodenbakterium, das beim Menschen eine Lebensmittel-Vergiftung hervorrufen kann, sowie mit dem Bacillus thuringiensis, der in der Landwirtschaft als Pestizid eingesetzt wird. Die Ergebnisse beider Forscherteams sind nun im aktuellen "Nature" erschienen.
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Die beiden Originalartikel in "Nature"
Der Artikel "The genome sequence of Bacillus anthracis Ames and comparison to closely related bacteria" von Claire Fraser et al. ist erschienen in "Nature", Bd. 423, Seiten 81-86, vom 1. Mai 2003. Der Artikel "Genome sequence of Bacillus cereus and comparative analysis with Bacillus anthracis" von der Forschergruppe um Nikos Kyrpides findet sich im selben Heft auf den Seiten 87-91.
->   "Nature"
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Neue Ansatzpunkte für eine Behandlung
In den Genen des Bakteriums Bacillus anthracis haben die Wissenschaftler demnach zahlreiche wichtige Ansatzpunkte für die Herstellung von Impfstoffen und Medikamenten gefunden.
Erbgut der Stämme fast identisch
Die Untersuchungen ergaben, dass das Erbgut der unterschiedlichen Stämme fast identisch ist. Die TIGR-Wissenschaftler berichten etwa von vermutlich nicht mehr als 150 signifikanten Unterschieden in den Genen von Bacillus anthracis und Bacillus cereus.
Plasmiden als Schlüssel zur tödlichen Wirkung
Insbesondere auf den so genannten Plasmiden - kleinen Erbgut-Abschnitten, die Bakterien häufig zusätzlich besitzen und untereinander austauschen können - fanden die Forscher aber einige Gene, die nur bei B. anthracis auftreten.

Vor allem diese Gene sind offenbar für die Produktion von Giftstoffen verwantwortlich, die zur besonderen Gefährlichkeit des Anthrax-Erregers für Menschen und Tiere beitragen: Drei einzeln für sich genommen ungiftige Komponenten können dabei gemeinsam zur gefürchteten Erkrankung führen.

Auch die unterschiedliche Expression der gleichen Gene könnte zur verschiedenen Wirkung der Bakterienarten beitragen, meinen die Forscher in "Nature" - vermutlich eine Folge jüngerer Anpassungen des Anthrax-Erregers.
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Milzbrand: Die drei Komponenten des Bakterien-Giftes
Das Milzbrand-Gift besteht tatsächlich aus drei verschiedenen Komponenten, die einzeln für sich genommen nicht giftig sind, zusammen aber tödlich wirken können: Das erste Protein, genannt PA (Protective Antigen), geleitet die beiden anderen Gifte des Anthraxbakteriums in die menschliche oder tierische Zelle. Das zweite, lethaler Faktor (LF) genannte Eiweiß zerstört die weißen Blutkörperchen des befallenen Organismus. Das dritte, genannt EF(oedema factor), führt eine Art "molekulares Täuschungsmanöver" aus und führt so letztlich zum Tod der Zelle.
->   Alles zu den drei Milzbrand-Toxinen
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"Ein unschätzbares Werkzeug"
Die DNA-Sequenz stelle ein unschätzbares Werkzeug für Wissenschaftler bereit, die an der Entwicklung neuer Medikamente oder Impfungen gegen Anthrax arbeiteten, wird die Leiterin der TIGR-Studie, Claire Fraser, in einer Aussendung des Instituts zitiert.

"Die Entzifferung des Anthrax-Genoms ist wichtig für eine große Bandbreite von biomedizinischer Forschung", so Fraser. Auch der Nachweis und die Diagnose des Erregers würden davon profitieren.

Das Institute for Genomic Research hat seit Beginn des Sequenzierungs-Projektes im Jahr 1999 immer wieder vorläufige Daten zum Anthrax-Genom im Internet veröffentlicht - auf einer für andere Wissenschaftler frei zugänglichen Seite.
Übertragung von Schweinen oder Rindern
Die Infektionskrankheit befällt meist Huftiere wie Schweine oder Rinder, kann aber - über engen Kontakt mit den Tieren - auch auf Menschen übertragen werden. Besonders gefährlich wird es, wenn der Bazillus durch Einatmen in den Körper gelangt - es entsteht der so genannte Lungenmilzbrand.

Die Infektion kann sich allerdings immer - unbehandelt - ausbreiten und zur namengebenden und letztlich tödlichen Milzbrandsepsis führen. Behandelt wird eine Erkrankung mit Antibiotika.
->   Institute for Genomic Research in Rockville (TIGR)
->   Mehr Informationen zu Milzbrand in www.medizin-weltweit.de
->   Alles zum Stichwort Milzbrand/Anthrax in science.ORF.at
 
 
 
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01.01.2010