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ORF ON Science :  News :  Umwelt und Klima 
 
Mangroven gegen Klimaerwärmung und Hunger  
  Mehrere Millionen Mangrovenbäume sollen nach dem Willen eines amerikanischen Wissenschaftlers weltweit entlang der Küsten in Trockengebieten gepflanzt werden. Die Pflanzen sollen sowohl gegen die globale Klimaerwärmung helfen, als auch parallel dazu Armut und Hunger unter der Bevölkerung bekämpfen. Die ersten 250.000 Mangroven wachsen bereits entlang der Ufergebiete Eritreas - doch nun schlagen Meeresbiologen Alarm: Sie befürchten negative Auswirkungen auf die marinen Ökosysteme.  
Hinter dem ehrgeizigen Mangroven-Projekt steht der amerikanische Zellbiologe Gordon Sato. Nach seinen Vorstelllungen könnten die Pflanzen in Zukunft an Hunderten Kilometern Küste in Mexiko und anderen Ländern wachsen, wie das Wissenschaftsmagazin "New Scientist" meldete.
Strategie gegen Armut und Klimaerwärmung
Der Zweck sei es, ganze Wälder von Mangrovenbäumen in großen Teilen der Welt neu zu erschaffen, wird Sato zitiert. Der seit elf Jahren pensionierte Zellbiologe glaubt, dass die Pflanzen gleich zwei Zielen dienen werden:

Zum einen sollen sie Armut und Hunger in der Bevölkerung bekämpfen, indem sie Tierfutter etwa für Ziegen bereitstellen. Zudem sollen die Mangroven aber auch der weltweiten Klimaerwärmung Einhalt gebieten, indem sie Kohlenstoff aus der Atmosphäre binden.

Tatsächlich gehören nach Angaben von Experten gerade die - bereits existierenden - Mangrovenwälder zu den durch den Klimawandel besonders gefährdeten Ökosystemen.
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Mangroven: Immergrüne, baumartige Salzpflanzen
Auch auf besonders salzreichen Standorten können Pflanzen gedeihen: Die Mangroven gehören zu den bekanntesten Salzpflanzen - die immergrünen, baumartigen Überlebenskünstler wachsen entlang tropischer Küsten, Sümpfe und Flussufer. Die verschiedenen Vertreter der etwa 70 bekannten Arten weisen so genannte Stelzwurzeln zur Befestigung im Schlamm auf, sowie aus dem Wasser herausragende Luftwurzeln, die die Pflanzen trotz des sauerstoffarmen Bodens vor dem Ersticken bewahren.
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200 Millionen Pflanzen am Golf von Kalifornien

Mangroven der Manzanar Initiative in Eritrea
Nach Satos Berechnungen könnten alleine rund um das Rote Meer etwa 50 Millionen Bäume gepflanzt werden, weitere 200 Millionen stellt sich der Wissenschaftler entlang der Ufer am Golf von Kalifornien in Mexiko vor.

Die ersten 250.000 von Sato uns seinem Team gepflanzten Mangroven wachsen bereits an der eritreischen Küste: Für dieses Manzanar-Projekt erhielt der Zellbiologe im Herbst 2002 den mit 100.000 US-Dollar nomminierten "Rolex Award for Enterprise".
->   Manzanar Mangrove Initiative
Künstliche Kanäle für noch mehr Uferfläche
Selbst diese Zahlen reichen dem Biologen aber nicht aus. Er träumt bereits davon, die Uferflächen durch künstliche Kanäle für das Seewasser zu vergrößern. So sollen etwa Mangrovenwälder auch in der Sahara oder der chilenischen Atacama-Wüste möglich werden.
Düngemittel unterstützt das Wachstum
Die Mangroven werden zwischen der Hoch- und Niedrigwassermarke angepflanzt. Um ihr Wachstum zu unterstützen, wird bis zu eine Tonne Düngemittel pro Hektar eingesetzt - in kleinen, im Sand vergrabenen Beuteln, die die Nährstoffe langsam freisetzen.
Kritik: Gefahr für Korallenriffe und Fische
Genau dieser Aspekt ist es allerdings, der nun Meeresbiologen nervös werden lässt. Sie befürchten, dass dieser Nährstoff-Fluss ins Meer nahegelegene Korallenriffe schädigen, sowie die Fischerei zerstören könnte, von der derzeit die an der Küste lebenden Gemeinden abhingen.

"Korallenriffe reagieren äußerst empfindlich auf Nährstoff-Verschmutzungen", kommentierte Mark Spalding das Projekt. Er ist einer der Autoren des von den UN unterstützten Weltatlas der Korallenriffe. Sato arbeite ohne externen wissenschaftlichen Rat, kritisierte Spalding.
->   World Atlas of Coral Reefs
Fehlende Umweltverträglichkeitsprüfung
Auch eine Umweltverträglichkeitsprüfung fehlt demnach. Sato dagegen gibt an, dass seinen eigenen Berechnungen zufolge die Stickstoff- und Phosphorkonzentration rund um die Mangroven nicht von den Werten im offenen Meer zu unterscheiden seien.

Der Zellbiologe hat das Projekt bislang größtenteils aus eigener Tasche finanziert. Nun hofft er auf Firmensponsoren, um das Mangroven-Programm möglichst schnell ausweiten zu können.
Mangroven: Gut für Fische und gegen Stürme
Zumindest auf den ersten Blick scheint das Projekt aber Sinn zu machen: Mangrovenwälder, die entlang tropischer Küsten wachsen, gehören zu den produktivsten Ökosystemen. Sie dienen als Brutgebiete für eine Vielzahl von Meeresfischen und helfen dabei, die Uferbereiche vor Erosion und Stürmen zu schützen.

Umweltschützer sind daher bestrebt, die heute existierenden Mangrovensümpfe zu erhalten. In Vietnam hat das Rote Kreuz vor einigen Jahren sogar erfolgreich Mangroven als "natürlichen" Küstenschutz gegen Wirbelstürme angepflanzt.

Dennoch sieht Mark Spalding Gordon Satos Pläne in kritischem Licht: "Im Allgemeinen fanden Erfolgsgeschichten in Gegenden statt, wo Mangroven schon zuvor gediehen", so der Experte. Doch das Anpflanzen von Mangroven in der Nähe der Riffe könnte diese beschädigen und "Lebensgrundlage an der Küste eher gefährden als unterstützen."
->   "New Scientist"
->   International Coral Reef Information Network
 
 
 
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01.01.2010