News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Umwelt und Klima 
 
Radioaktives Material als Wärmelieferant im Erdkern  
  Die genaue Zusammensetzung des Erdkerns ist zwar nicht bekannt, doch die heißen Strömungen aus flüssigem Gestein im Planeteninneren sind für das Magnetfeld verantwortlich, das die Erde vor schädlichen Strahlen aus dem All schützt. Die bekannten Wärmequellen reichen Berechnungen zufolge allerdings nicht aus, die lange Existenz des Erdmagnetfeldes zu erklären. Ein amerikanischer Forscher legt nun experimentelle Daten vor, die seine mehr als 30 Jahre alte Theorie beweisen sollen: Radioaktives Material könnte demnach des Rätsels Lösung sein.  
Der Geophysiker Rama Murthy von der University of Minnesota hat bereits 1971 in einer Publikation die Theorie aufgestellt, radioaktives Kalium-40 könne die lange Lebensdauer des Erdmagnetfeldes erklären.

Nun legt der Forscher im aktuellen "Nature" experimentelle Daten vor, die seine Idee von damals beweisen sollen.
...
"A substantial radioactive heat source in planetary cores"
Der Artikel "Experimental evidence that potassium is a substantial radioactive heat source in planetary cores" ist erschienen in "Nature", Bd. 423, Seiten 163 - 165, vom 8. Mai 2003.
->   Der Originalartikel (kostenpflichtig)
...
Wie sieht der Kern der Erde aus?
Der Heimatplanet der Menschheit hat ein mehr als biblisches Alter. Er ist vor rund 4,5 Milliarden Jahren entstanden. Das Erdmagnetfeld ist etwa eine Milliarde Jahre jünger, erzeugt wird es durch Flussbewegungen heißer Materialströme im Inneren des Planetenkerns.

Noch immer ist die genaue Zusammensetzung dieses Erdkerns nicht bekannt. Wissenschaftler gehen jedoch davon aus, dass dieser hauptsächlich aus geschmolzenem Eisen besteht.
Magnetfeld als Schutzschild der Erde
Das Magnetfeld der Erde funktioniert letztlich wie ein Schutzschild gegen schädliche kosmische Strahlung und den aggressiven Sonnenwind.

Der überwiegende Teil dieses Teilchenstromes wird abgelenkt und an der Erde vorbeigeleitet. Gelangt trotzdem Sonnenwind in die tieferen Schichten der Erdatmosphäre, entsteht etwa das als Polarlicht bekannte Phänomen.
->   Weitere Informationen bei der Ruhr-Universität Bochum
Beständiger Energieverlust der Erde
Wie Studienleiter Rama Murthy in einer Aussendung seiner Universität erläutert, verliert die Erde an ihrer Oberfläche beständig Energie - in immensem Ausmaß. "Rund 75 Prozent bestehen aus Hitze vom Erdmantel, 20 bis 25 Prozent aus Hitze vom Kern", erklärt der Geophysiker.

Messungen haben ergeben, dass - eingerechnet die möglichen Wärmequellen im Erdinneren - der Energieverlust eigentlich zu hoch ist, um das Magnetfeld über die 3,5 Milliarden Jahre seiner Existenz zu erhalten. Woher also kommt die zusätzliche Energie?
Radioaktive Elemente als Lösung?
Nach Murthys Ansicht liegt die Antwort bei radioaktiven Elementen wie Kalium - vielleicht auch Uran und Thorium, die demnach ebenfalls im Erdkern vorhanden sind. Die durch ihre Radioaktivität entstehende Hitze könnte den Kern heiß genug halten, um die Flussbewegungen und damit das Magnetfeld zu gewährleisten.
...
Der Erdkern: Metallisches Eisen und Eisensulfid
Der Erdkern besteht vermutlich zu großen Teilen aus metallischem Eisen und Eisensulfid. Kurz nachdem sich der Planet vor Milliarden Jahren aus einer heißen Gas- und Staubwolke gebildet hatte, war der Kern völlig flüssig. Seitdem hat er sich soweit abgekühlt, dass etwa zehn Prozent fest sind.
...
Simulation der Bedingungen im Labor
Den Erdkern kann allerdings niemand direkt untersuchen, wie also kann man solche Thesen überprüfen? Wissenschaftler verwenden dazu Gesteinsproben - und setzen diese im Labor enormer Hitze und extremem Druck aus, um die Bedingungen im Erdinneren zu simulieren.

Rama Murthy und seine Kollegen verwendeten Eisen sowie Eisensulfid für den Erdkern und Kalium-haltiges Silikatgestein für den Erdmantel. Dann setzten sie die Materialien Bedingungen aus, wie sie in etwa in einiger Tiefe des Erdmantels herrschen.
Kalium wandert in den "Kern"
Ihren Experimenten zufolge wanderte tatsächlich ein beträchtlicher Teil des radioaktiven Elements in den "Kern" aus Eisen und Eisensulfid. Ähnlich stellen sich die Forscher das Geschehen bei der "echten" Erdkern-Formation vor.

Der nächste Schritt sei es, die Experimente bei noch höherem Druck und Temperaturen - ähnlicher den Bedingungen im Kern - durchzuführen, kommentiert Murthy die Ergebnisse. Auch weitere radioaktive Elemente wie Uran oder Thorium wollen die Forscher untersuchen.

Mit dem Wissen um die Bestandteile des Erdkerns erhoffen sich die Geophysiker unter anderem auch neue Erkenntnisse darüber, wie die Kontinente sich bewegen.
Der Nordpol wird zum Südpol
Das echte Erdmagnetfeld stellt im Übrigen keinen statischen Zustand dar - tatsächlich scheint es derzeit im Begriff sich umzupolen. Dieses Phänomen hat sich im Laufe der Erdgeschichte schon mehrmals ereignet, wie Analysen von Lavagestein gezeigt haben.

Im Mittel kippt das Magnetfeld demnach etwa alle 200.000 Jahre. Die vorerst letzte Umpolung fand vor 700.000 Jahren statt. Angenehm wäre dies im Übrigen nicht - es gibt die Theorie, dass solche Umpolungen an den Massensterben der Erdgeschichte beteiligt gewesen sein könnten.

Sabine Aßmann, science.ORF.at
->   University of Minnesota Department of Geology and Geophysics
->   Umfassende Informationen zur Erde in www.meta-evolutions.de
Mehr zum Erdmagnetfeld in science.ORF.at:
->   Vögel orientieren sich am Erdmagnetfeld
->   Physiker: Erdmagnetfeld beeinflusst Schwerkraft
->   Anzeichen für Umpolung des Erdmagnetfeldes
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Umwelt und Klima 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010