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Philip-Morris-Preis für österreichischen Physiker  
  Für die Entwicklung eines quantenkryptographischen Systems, mit dem sich Botschaften abhörsicher übertragen lassen, werden der aus Österreich stammende Physiker Harald Weinfurter und ein Kollege mit dem Philip-Morris-Forschungspreis 2003 ausgezeichnet.  
Weinfurtner und sein Kollege Chrisitan Kurtsiefer (beide Ludwig-Maximilians-Universität München), die am Donnerstag ihre Arbeit in München präsentierten, haben das komplexe System vereinfacht, verkleinert und in der Praxis erprobt.

Damit sei ihnen ein entscheidender Schritt in Richtung Alltagstauglichkeit für sichere Datenübertragung gelungen, begründet man seitens der Preis-Stiftung die Auszeichnung, die am 4. Juni verliehen wird.
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Bild: APA
Harald Weinfurter: Ein Pionier der Quanten-Kryptografie
Harald Weinfurter (42) gilt als Pionier auf dem Gebiet der so genannten Quanten-Kryptografie, also der Verschlüsselung von Nachrichten mit Hilfe von quantenphysikalischen Phänomenen. Der gebürtige Österreicher ist seit 1999 Professor an der Universität München, wo er eine mittlerweile 15 Forscher umfassende Quantenoptik-Gruppe aufgebaut hat. 1997 war Weinfurter in jener Gruppe um Zeilinger, der erstmals eine experimentelle Quanten-Teleportation gelang - jenes Experiment, das Anton Zeilinger berühmt gemacht hat.
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Kryptographie: Verschlüsselte Botschaften
Verschlüsselte Botschaften und Tresore haben eines gemeinsam: Ihr Inhalt ist nur geschützt, solange der Schlüssel nicht in unbefugte Hände fällt. Bei Botschaften besteht dieser Schlüssel meist auf einer zufälligen Zahlenfolge, mit deren Hilfe die zu übertragende Information ver- und entschlüsselt wird.

Um sicher kommunizieren zu können, müssen also die Sendestation, von Kryptologen (Kryptographie ist die Kunst, verschlüsselte Botschaften auszutauschen) traditionell "Alice" genannt, und "Bob", der Empfänger, schon zuvor abhörsicher die Schlüsselsequenz austauschen.
Quantenphysik statt mathematischer Tricks
Derzeit macht man dies mit mathematischen Tricks und hofft dabei, dass neugierigen Mithörern die Rechenkapazität fehlt, die Sequenz zu knacken. Das neue System der beiden Preisträger nutzt nun die Möglichkeiten der Quantenphysik, um das Problem der Schlüsselverteilung eleganter und absolut sicher zu lösen.

Damit lassen sich zwar keine Botschaften selbst, sondern nur der Schlüssel übermitteln. Da diesen aber niemand kennen kann, ist es möglich, die Informationen selbst auf herkömmlichen Weg, etwa über das Internet, zu übertragen.

Die Schlüssel-Info wird dabei mit einzelnen Lichtteilchen (Photonen) übermittelt, ein feindlicher Lauscher würde sich unweigerlich verraten, weil er den Quantenzustand dieser Teilchen stört und das von "Alice" oder "Bob" bemerkt würde.
Freiland-Testversuch mit Weltrekord
Nach erfolgreichen Versuchen im Labor haben die beiden Preisträger ihr System im Freiland getestet und dabei gleich einen Weltrekord aufgestellt: Sie schickten die Schlüssel-Informationen vom Gipfel der Zugspitze 23 Kilometer weit zur Westlichen Karwendelspitze.

Nach Abzug aller Verluste konnten die zwei Wissenschafter Schlüssel mit einer Rate von 1.000 Bit pro Sekunde verteilen. Im Alltagseinsatz müssten solche Systeme eine fünfzigfach höhere Übertragungsrate leisten, schätzt Weinfurter.
Preis für "konsequente Vereinfachung des Systems"
Die besondere Leistung von Weinfurter und Kurtsiefer liegt nach Angaben der Preis-Stiftung in der konsequenten Vereinfachung des Systems. Sie kommen mit einem Minimum an optischen Bauteilen aus, ihre Sende- und Empfangsmodule passen in Aluminiumkästchen von der Größe eines Stücks Seife.

In Kleinserie hergestellt könnte das System für rund 15.000 Euro zu kaufen sein. Damit wäre es weit billiger als die ersten Quanten-Schlüsselverteiler über Glasfaserkabel, die seit kurzem auf dem Markt seien.
Weitere Preisträger 2003
Weinfurter und Kurtsiefer teilen sich den mit insgesamt 100.000 Euro dotierten Philip-Morris-Forschungspreis mit drei weiteren ausgezeichneten Forscherteams:

Roland Wiesendanger und Matthias Bode von der Uni Hamburg können mit Hilfe Spin-sensitiver Mikroskope die magnetische Ausrichtung einzelner Atome sichtbar machen, Horst Kessler von der Technischen Universität München findet für biologische Makromoleküle passende synthetische Partner und August-Wilhelm Scheer von der Universität des Saarlandes macht mit Hilfe einer Software komplexe Unternehmensprozesse steuerbar.
->   Mehr zum Philip Morris Forschungspreis in www.pmintl.de
->   Alles zum Stichwort Quanten in science.ORF.at
 
 
 
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01.01.2010