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SARS-Virus bleibt gefährlich und schwächt sich nicht ab  
  Binnen zwei Monaten sind weltweit rund 500 Menschen an der Lungenkrankheit SARS gestorben. Ein genetischer Vergleich verschiedener Virus-Isolate von Patienten durch Experten in Hongkong zeigt nun, dass trotz einiger Unterschiede zwischen einzelnen Stämmen der prinzipiell Genotyp erhalten bleibt. SARS-CoV, der Erreger, schwächt sich demnach nicht - wie erhofft - ab, sondern behält seine krank machenden Eigenschaften. Letztere allerdings gehen einer weiteren Studie zufolge weniger auf die Viren selbst als vielmehr auf die Immunreaktion der Infizierten zurück.  
Das berichten zwei Forschergruppen in der britischen Fachzeitschrift "The Lancet".
Vergleich der Genom-Sequenzen: Genotyp bleibt
Edison Liu vom Genom-Forschungszentrum in Singapur und seine Arbeitsgruppe haben das gesamte Genom der SARS-Erreger des ersten Falles, von drei Kontaktpersonen und zwei weiteren Erkrankten in dem Stadtstaat entschlüsselt.

Dann erfolgte ein Vergleich der Genom-Sequenzen mit Virus-Isolaten aus Kanada, Hongkong, Hanoi, Guangzhou und Peking.

Das Ergebnis laut einer Aussendung des "Lancet": "Der Vergleich (...) deutet darauf hin, dass es Hauptkomponenten des Virus gibt, die bei der Ausbreitung auf verschiedene Staaten gleich blieben. Trotzdem können spezifische Veränderungen in der genetischen Struktur Hinweise auf den Ursprung der Infektion geben." Das könnte in Zukunft dazu benutzt werden, bei Erkrankungsfällen den Ablauf der Ansteckungen zurück zu verfolgen.
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Anpassung des Virus an Laborbedingungen?
Die kanadischen Fachleute Earl Brown und Jason Tetro von der Universität Ottawa meinen allerdings in einem Kommentar, dass das Virus auch als Folge der Weitervermehrung im Labor seine genetische Struktur geändert haben könnte. Dies wäre dann eine Art Anpassung an die Laborbedingungen.
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Experten: Virus wird nicht gutartig
Die Zukunftsaussichten sind wenig hoffnungsvoll: "Man kann annehmen, dass das Virus den Menschen passiert. SARS-CoV behält dabei seinen Genotyp und ist daher offenbar gut an den Menschen als 'Wirtsmechanismus' adaptiert", schreiben die Forscher.

"Unglücklicherweise bedeutet das auch die Schlussfolgerung, dass SARS-CoV sich nicht sehr schnell verändern wird und nicht zu einer gutartigeren Infektion werden dürfte, wie man es sich erhofft bzw. wie dies bei den meisten anderen Epidemien beobachtet wurde."

Laut Evolutionstheorie müssten Krankheitserreger mit der Zeit "gutartiger" werden, weil sie kein "Interesse" daran haben sollten, mit ihrem "Wirt" zu sterben.
Schaden durch Immunreaktion
Neue Erkenntnisse gibt es auch zum Krankheitsverlauf. Offenbar ist weniger das Virus selbst als die Immunreaktion der Kranken auf die SARS-Erreger jener Mechanismus, der gefährlich ist.

K. Y. Yuen und Malik Peiris vom United Christian Hospital in Hongkong sowie Experten der dortigen Universität haben im "Lancet" die Analysen des Krankheitsverlaufes von 75 Patienten aus dem Appartmentblock Amoy Garden publiziert. Alle hatten die selbe Therapie (Ribavirin und Kortison) bekommen.
Ähnlicher Krankheitsverlauf bei allen Patienten
"Bei vielen Patienten kam es zu einem ähnlichen Muster. Die Symptome wurden in der ersten Woche nach der Spitalsaufnahme besser, verschlechterten sich aber in der zweiten Woche. Fieber und Lungenentzündung gingen zurück. Doch bei 85 Prozent der Kranken kam es zu neuerlichem Fieber nach neun Tagen, 73 Prozent hatten Durchfälle nach einer Woche im Spital, 80 Prozent zeigten im Röntgen eine Verschlechterung der Lungensituation (...)."

Bei 45 Prozent hätten sich schließlich neue Lungenschäden entwickelt, jeder Fünfte hätte ein schweres Atemversagen (acute respiratory distress syndrome - ARDS) entwickelt, das künstliche Beatmung erforderte.
Überschießende Immunreaktion - wie bei anderen Viren
Die Schlussfolgerung: Da sich der Krankheitsverlauf offenbar unabhängig von der Vermehrungsrate der Viren verschlechterte, könnte er seine Ursache in einer überschießenden Immunreaktion der Patienten liegen.

Das ist von mehreren Virus-Erkrankungen bekannt, bei denen die körpereigene Abwehr - und nicht die Erreger selbst - den Schaden anrichtet. Theoretisch könnten also eventuell immunsupprimierende Maßnahmen einen Ausweg darstellen.
WHO korrigiert SARS-Todesrate nach oben
Weltweit sind nun binnen zwei Monaten rund 500 Menschen an der Lungenerkrankung gestorben. Die Weltgesundheitsorganisation WHO musste die Angaben zur SARS-Todesrate nach oben korriegieren:

Nach neuen Erkenntnissen liege sie bei 14 bis 15 Prozent, sagte der WHO-Exekutivdirektor für Infektionskrankheiten, David Heymann, am Donnerstag in Genf.
->   "The Lancet"
->   Aktuelle Informationen der WHO zu SARS
Mehr zu SARS im science.ORF.at-Archiv:
->   SARS-Virus überlebt außerhalb des Menschen (5.5.03)
->   SARS: Erste globale Epidemie des 21. Jahrhunderts? (28.4.03)
->   Alle Beiträge zum Stichwort SARS in science.ORF.at
 
 
 
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01.01.2010