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Dramatischer Rückgang der Raubfisch-Bestände  
  Die Zahl von Tunfischen, Schwertfischen und anderen großen Raubfischen in den Weltmeeren sinkt dramatisch. Um bis zu 90 Prozent sind die Bestände seit Beginn des kommerziellen Fischfangs in den 50er Jahren zurückgegangen, berichtet ein deutsch-kanadisches Forscherteam. Für den Erhalt der Artenvielfalt müssten nun schleunigst weltweit Schutzmaßnahmen ergriffen werden, etwa eine deutliche Beschränkung der Fangquoten und eine Reduzierung des unerwünschten Beifangs.  
Über einen Zeitraum von fast 50 Jahren habenen Ransom Myers von der Dalhousie Universität in Halifax (Nova Scotia/Kanada) und der Kieler Meeresbiologe Boris Worm, die ihre Ergebnisse nun im britischen Fachblatt "Nature" veröffentlichen, die Entwicklung der Raubfisch-Bestände zurückverfolgt.
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Der Artikel "Rapid worldwide depletion of predatory fish communities" ist erschienen in "Nature", Bd. 423 Seiten 280-283, vom 15. Mai 2003.
->   Der Originalartikel (kostenpflichtig)
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Überraschendes Ausmaß der Zerstörung
Die Forscher analysierten Daten zu den Populationsgrößen in neun offenen, sowie vier küstennahen Meeren, dem so genannten Kontinentalschelf.

Dass die Fischbestände seit den Anfängen der kommerziellen Fischerei kontinuierlich geschrumpft sind, ist zwar bekannt, das Ausmaß der Zerstörung der Ökosysteme war jedoch auch für die Experten überraschend.
Geschrumpfte Bestände selbst in offenen Meeren
Selbst in den offenen Meeren, wo Wissenschaftler bislang noch relativ unberührte Fischpopulationen vermutet hatten, sind die Bestände innerhalb kürzester Zeit auf zehn Prozent ihrer ursprünglichen Größe geschrumpft.

Machen Fischer erst einmal in großem Maßstab Jagd auf eine Art, seien im Durchschnitt 15 Jahre ausreichend, um eine Spezies derart zu minimieren, schreiben die Wissenschaftler. Ein fast ebenso starker Rückgang ist bei den Fischbeständen im Kontinentalschelf festzustellen
Komplette Ökosysteme vom Aussterben bedroht
So hat etwa die Zahl von Haien und Rochen im Golf von Thailand innerhalb von fünf Jahren nach Beginn des industriellen Fischfangs um 60 Prozent abgenommen.

Ihre Daten zeigten, dass nicht nur einzelne Arten in einigen Regionen, sondern komplette Ökosysteme von den Tropen bis zu den Polen vom Aussterben bedroht sind, berichten die Wissenschaftler weiter.
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Die schädlichen Methoden der Hochseefischerei
Mit ein Grund des allgemeinen Artenrückgangs ist auch der Einsatz nicht selektiver und zumeist tödlicher Fanggeräte wie etwa Treib- und Grundschleppnetze oder die so genannten Langleinen für den Fang von Schwertfischen. Dabei werden an bis zu 50 Kilometer langen Leinen Tausende mit je einem Haken und Köder versehene Seitenschnüre angebracht.

An die Köder gehen aber nicht nur Schwertfische. Schätzungen zufolge verenden jedes Jahr an Langleinen bis zu 12 Millionen Haie, 30.000 Schildkröten, Hunderttausende Seevögel, sowie unzählige kleiner Baby-Schwertfische, die als "unerwünschter Beifang" wieder über Bord gehen.
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Basisdaten für erfolgreiche Schutzmaßnahmen
Häufig werde der Rückgang einzelner Arten durch das gleichzeitige Anwachsen anderer Populationen kompensiert, heißt es weiter in dem "Nature"-Artikel. Dass die Fischer dann oft diese stabilen Bestände bejagten, trage zum Kollaps der Ökosysteme bei.

Ihre Untersuchung liefere die Basisdaten, die für die Einführung erfolgreicher Schutzmaßnahmen notwendig seien. Die ältesten bislang vorhandenen Daten wurden erst einige Zeit nach Beginn der kommerziellen Fischerei erhoben, also zu einem Zeitpunkt, als die Bestände schon erschreckend geschrumpft waren.

Deswegen gingen selbst Experten bei der Festlegung von Schutzzielen und wünschenswerten Populationsgrößen von viel zu geringen Ursprungswerten aus.
EU Mitverursacher von Überfischung der Meere
Einer der Hauptverursacher der Überfischung ist auch die Fangflotte der EU. Sie umfasst derzeit nach Angaben des World Wildlife Funds knapp 100.000 Schiffe, die bis zu sieben Millionen Tonnen Fisch im Jahr fangen.

Obwohl etwa der Kabeljaubestand in Nord- und Ostsee zusammengebrochen ist und 40 von 60 Fischbeständen im Nordost-Atlantik stark überfischt sind, werden immer noch Milliarden Steuergelder in den Ausbau der EU-Fischereiflotille investiert.

Die Subventionen für den Zeitraum 2000-2006 sind laut WWF fast doppelt so hoch wie jene für den Zeitraum 1994-1999 und betragen 3,7 Milliarden Euro. Davon werden knapp 1,2 Milliarden für den Bau und die Modernisierung von Fangschiffen zur Verfügung gestellt und nur gut eine Milliarde für den Abbau von Überkapazitäten.
->   Dalhousie University
->   WWF Österreich
Mehr zu diesem Thema in science.ORF.at:
->   Wissenschaftler: Methoden bedrohen die Fischerei
->   UN-Weltgipfel: Abkommen zum Schutz der Meere (28.8.02)
->   Moderne Fischerei und ihre Folgen für die Evolution
 
 
 
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01.01.2010