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Gen für männliche Fruchtbarkeit entdeckt  
  Wissenschaftler haben - mehr oder minder unbeabsichtigt - ein Gen entdeckt, das eine wesentliche Rolle für die männliche Fruchtbarkeit spielt. Der österreichische Molekularbiologe Josef Penninger war an der Entdeckung maßgeblich beteiligt, die neue Wege zu Verhütungsmitteln für Männer öffnen könnte.  
Eigentlich wollte das kanadische Forscherteam unter der Leitung des Direktors des Instituts für Molekulare Biotechnologie, Josef Penninger, die Verbindung zwischen Herzerkrankungen und dem Gen Fkbp6 erforschen. Denn diesem Gen wurde bisher eine zentrale Bedeutung für die Herzfunktion zugeschrieben. "Gefunden wurde es aber nur in Spermien und Eizellen", so Penninger.
Überraschende Erkenntnisse
Die Überraschung war groß, als bei den Versuchsmäusen kein Zusammenhang zwischen Fkbp6 und Herzerkrankungen fest gestellt werden konnte, wohl aber eine Auswirkung auf die Fruchtbarkeit der männlichen Mäuse. Fehlte den genetisch veränderten Mäusen das Gen Fkbp6, so starben ihre Spermienzellen ab.

Die Ergebnisse ihrer Studien veröffentlichten die Wissenschaftler in "Science".
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Der Artikel "Essential Role of Fkbp6 in Male Fertility and Homologous Chromosome Pairing in Meiosis" ist in der aktuellen Ausgabe von in "Science" (Bd. 300, S. 1291, Ausgabe vom 23. Mai 2003) erschienen.
->   Der Artikel (kostenpflichtig)
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Spermienzellen fehlten völlig

Das obere Bild zeigt eine normale Spermienentwicklung. Im unteren Bild fehlen die Spermienzellen.
"Zuerst stellten wir fest, dass es unseren männlichen Mäusen unmöglich war sich fortzupflanzen. Als wir der Sache nachgingen, stellten wir fest, das die Hoden der Mäuse geschrumpft waren und sie keine Spermienzellen produzierten", so Penninger laut BBC Online.

Offensichtlich beeinflusst das Gen den Reifungsprozess der Spermien. Denn bei Gewebeuntersuchungen stellten die Wissenschaftler der Universität Toronto fest, dass den Mäusen die Spermatiden - die aus der zweiten Reifeteilung der Spermatogenese hervorgehenden männlichen Keimzellen - vollständig fehlten. Dadurch wird die Entwicklung befruchtungsfähiger Spermazellen verhindert. Die Forscher führten dies auf den Verlust des Fkbp6-Gens zurück.
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Die Spermienentwicklung
Bei der Herstellung von Eizellen in den Eierstöcken und Spermien in den Hoden müssen die 40 Chromosomen der Keimzellen-Vorläufer auf 20 reduziert werden. Aus dem doppelten Chromosomensatz der Körperzellen wird so der einfache Chromosomensatz, der für Keimzellen typisch ist. Nach der Befruchtung, also der Vereinigung von zwei Keimzellen von Mutter und Vater, kann dann wieder ein Organismus mit 40 Chromosomen entstehen.

Der Verlust des Gens unterbricht den Reifeprozess genau in der Phase, in der die Chromosomenzahl halbiert werden soll. Das Fkbp6-Gen scheint also die Reduktionsteilung der Chromosomenteilung beim Mann zu steuern.
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Ansatz für männliches Verhütungsmittel
Diese Entdeckung ist auch für die Erforschung der Unfruchtbarkeit beim Menschen interessant. So sind ca. 15 Prozent aller Paare weltweit auf Grund von Unfruchtbarkeit kinderlos. Möglicherweise ist das Fehlen des Fkbp6 Gens dafür verantwortlich.

Außerdem bietet das Gen einen neuen Ansatz für die Entwicklung eines männlichen Verhütungsmittels. Denn Fkbp6 hat keine Auswirkungen auf weibliche Zellen, es bewirkt also nur die männliche Unfruchtbarkeit. "Außerdem hatten die genetischen veränderten Mäuseriche ein normales Sexualverhalten und normale Werte an Sexualhormonen", so Penninger.
Beeinflusst Fkbp6 auch Chromosomenpaarung?
Die Wissenschaftler fanden auch heraus, dass Fkbp6 ein Teil jenes Proteinkomplexes ist, der für die richtige Chromosomenpaarung zuständig ist. Normalerweise verbindet sich jedes Chromosom mit einem Chromosom gleicher Struktur und Position. In den Mäusen ohne Fkbp6 war es den Chromosomen unmöglich, ihre korrekten Partner zu finden, sie paarten sich daher mit nicht korrespondierenden Chromosomen.

Dieser Art von Chromosomendefekt kann zu spontanen Fehlgeburten führen. Außerdem ist laut Penninger falsche Chromosomenpaarung ein Kennzeichen für Krebs.
->   Universität von Toronto
->   Institut für Molekulare Biotechnologie GmbH (IMBA)
->   Mehr zum Thema Unfruchtbarkeit in science.ORF.at
 
 
 
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01.01.2010