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Jüdische Identität im Wien der Zwischenkriegszeit  
  Jüdische Frauen waren im Wien der Zwischenkriegszeit doppelten Anfeindungen ausgesetzt: antisemitischen und misogynen. Die Politikwissenschaftlerin Lisa Silverman, Junior Fellow am IFK in Wien, geht der Frage nach, wie sich in dieser Phase des Umbruchs ihre "jüdische Identität" verändert hat - und porträtiert drei herausragende intellektuelle Frauen.  
Konzentration auf Kultur wich ...
Untersuchungen über das jüdische Erbe Wiens vor seiner Zerstörung durch den Holocaust konzentrieren sich gewöhnlich auf eine Phase ungewöhnlich dichter kultureller Produktion in Wien: auf das Fin-de-Siecle. Diese Perspektive lässt jedoch unbeachtet, in welcher besonderen Situation sich die Wiener Juden zwischen dem Ende des Ersten Weltkriegs und Hitlers Aufstieg zur Macht befanden.
... Interesse an Politik und Arbeit
Im Gegensatz zu den Jahrzehnten zuvor, waren die zwanzig Jahre zwischen 1918 und 1938 von sozialer und wirtschaftlicher Härte und Entkräftung geprägt - und das Ergebnis war, dass das intensive Interesse an den Künsten im Fin-de-Siecle jenem ganz unmittelbaren an Politik und Arbeit wich.

Diese unsicheren, instabilen und unbeständigen Jahre der Zwischenkriegszeit wirkten sich auf alle ÖsterreicherInnen aus, sie veränderten das Leben der jüdischen ÖsterreicherInnen aber ganz besonders.
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Der Vortrag
Am 26. Mai 2003 um 18.00 Uhr sprach Lisa Silverman zum Thema "The Transformation of Jewish Identity in Vienna, 1918-1938" am IFK Internationales Forschungszentrum Kulturwissenschaften. Reichsratsstraße 17, A-1010 Wien.
->   IFK
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Identitäts-Frage für Frauen noch drängender
Die Frage nach der Identität stellte sich für jüdische Frauen noch drängender, da sie nicht im Ausmaß der jüdischen Männer direkt an der öffentlich-politischen Sphäre partizipierten.

Im Vortrag am IFK werden drei außerordentliche jüdische intellektuelle Frauen im Mittelpunkt stehen, die im öffentlichen Leben im Wien der Zwischenkriegszeit zwar präsent waren, aber im Kontext der Judaistik selten genannt werden.
Porträts von drei Frauen
Eugenie Schwarzwald führte eine Reihe von reformpädagogischen und sozialen Projekten - und war die Gastgeberin eines der bedeutendsten intellektuellen Salons.

Berta Zuckerkandl, bekannt als Theater- und Kunstkritikerin sowie als Literaturagentin, führte ebenfalls einen Salon und übernahm inoffizielle diplomatische Aufgaben zu einer Zeit, in der wenige Frauen - ob jüdisch oder nicht - in der Politik ernst genommen wurden.

Und schließlich wird es noch um die Karriere von Alice Schalek gehen, der ersten und einzigen Frau, die während des Ersten Weltkriegs Mitglied des Österreichischen Kriegspressediensts war.
Antisemitische und misogyne Diskriminierung
Alle drei Frauen standen den Vor- und Nachteilen ihres jüdischen Hintergrunds gegenüber. Allerdings waren alle drei als jüdische Frauen antisemitischer und misogyner Diskriminierung durch Männer, auch durch jüdische Männer, ausgesetzt; ihr berühmtester Gegner und Lästerer war Karl Kraus.

Die negativen Portraits dieser Frauen zeigen die Schwierigkeiten, mit denen jede von ihnen bei der Durchsetzung ihrer Ideen umzugehen hatte, und sie zeigen auch die Verflechtungen von Misogynie und Antisemitismus, die sich während dieser Jahre entwickelten.
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Über die Vortragende
Lisa Silverman studierte Politikwissenschaft und Germanistik an der Yale University, ist Doktorandin in Yale und IFK_Junior Fellow. Ihre Publikationen zum Thema:
Repossessing the Past? Property, Memory and Austrian Jewish Narrative Histories, in: Austrian Studies, 11:1, 2003
Veza Canetti, Hilde Spiel and Jewish Identity in Interwar Vienna, in: Transversal: Zeitschrift des David-Herzog-Centrums für Jüdische Studien, 3:2, 2002
Der Richtige Riecher: The Reconfiguration of Jewish and Austrian Identities in the Work of Doron Rabinovici, in: German Quarterly 72:3, 1999
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Links zu den drei Frauen (Projekt Ariadne der ONB):
->   Eugenie Schwarzwald
->   Bertha Zuckerkandl
->   Alice Schalek
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Biographische Artikel zu Madame D¿Ora, Lotte Errell, Trude Fleischmann und Alice Schalek in: Paula Hyman and Dalia Ofer (Eds.): Jewish Women: a Comprehensive Historical Encyclopedia (Jerusalem: Shalvi Publishing Ltd., forthcoming)
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->   Weitere Gastbeiträge des IFK
 
 
 
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01.01.2010