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BSE-Erreger überspringt Artgrenze  
  Amerikanischen Wissenschaftlern gelang erstmals der Nachweis, dass BSE-Erreger von einer Art zur nächsten springen und dabei Krankheiten auslösen können. Dies könnte neue Antworten auf die Frage geben, wie sich die Rinderseuche auf den Menschen überträgt.  
Artgrenze überschritten
Um die Artgrenze auszutricksen, bauten Peter Chien und Jonathan Weissman vom Howard Hughes Medical Institute der University of California in San Francisco aus den Prion-Proteinen von zwei Hefearten ein Mischprion - zusammengesetzt aus jeweils einem Abschnitt von Saccharomyces cerevisiae sowie Candida albicans. Dann ließen die Forscher ihr künstliches Chimären-Protein auf die Prion-Proteine ("Sup35") der beiden Arten los, so das Nature Magazine in seiner aktuellen Ausgabe.

"Wir fanden heraus, dass sich dieses Mischprotein promiskuitiv verhält", erzählt Weissman. "Das heißt, es konnte von beiden Hefearten in die krankheitserregende Prionenform umgewandelt werden und so die Artbarriere überschreiten."

Doch die Wissenschaftler waren noch viel überraschter, als sie entdeckten, dass ihre Mischproteine, einmal in einer Hefeart etabliert, ausschließlich für diese infektiös waren und nicht für die andere Art.
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Skepsis noch weit verbreitet
Einige Wissenschaftler bleiben diesen Ergebnissen gegenüber weiter skeptisch. Sie stützen sich dabei im wesentlichen auf ein Argument: Obwohl Prionen auch unter verschiedenen Arten sehr ähnlich sind, gibt es Stämme, die unterschiedlich krankheitserregend sind. Dies spräche eher für noch nicht entdeckte Virenstämme, welche die Krankheit auslösen.

Die Verfechter der Prionen-Hypothese vermuten dagegen, dass das krankheitsauslösende Protein in verschiedenen Varianten mit unterschiedlicher Infektiösität vorliegt.
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Bestimmte Variante entscheidend
Weissman und Chien glauben, dass jeweils nur eine bestimmte Variante des Prions für eine Hefeart kranheitserregend ist. Das Misch-Prion ist jedoch in der Lage, verschiedene Prionformen einzunehmen und kann deshalb die Artschranke überwinden.

Das erklärt auch die unterschiedlich infektiösen Prionenstämme. Die beiden Forscher gehen davon aus, dass Artbarriere und Prionenstämme zwei Seiten einer Medaille sind: Durch die Struktur(Aminosäuresequenz) eines Prions ist das Spektrum der möglichen Formen und damit von unterschiedlichen Stämmen festgelegt. Ein bestimmter Stamm kann wiederum nur die Art infizieren, die für diese Form kompatibel ist.
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Prionen ...
... sind sehr kleine Proteinpartikel, die eine ursächliche Rolle bei der Entstehung der Alzheimer'schen Krankheit und der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit spielen. Prionen, die selbst keinerlei Erbinformation besitzen, können dem normalen, insbesondere in den Nervenzellen des Gehirns vorkommenden Prion-Protein durch Kontakt ihre krankmachende Form aufzwingen. Dieser Vorgang kann sich wie eine Kettenreaktion fortpflanzen und zerstört dann die betroffene Nervenzelle. Erkranktes Gehirngewebe erscheint durchlöchert wie ein Schwamm. Der Aufbau der Prion-Proteine bei verschiedenen Arten ist sehr unterschiedlich. Sehr selten können die krank machenden Prion-Formen auch durch Mutationen oder ohne ersichtlichen Grund entstehen, wie vermutlich bei der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit.
->   Mehr zu Prionen
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'Beunruhigende Konsequenz'
Ihr Ergebnis hat, laut Weissman, eine beunruhigende Konsequenz: "Wir können uns nicht damit trösten, dass das Rinder-Prion eine andere Sequenz als das menschliche Prion hat, denn sobald das Rinder-Prion eine für den Menschen ansteckende Form einnimmt, wird es durch die Artbarriere nicht mehr aufgehalten."

Eine Einschätzung, die von Susan Liebman von der University of Illinois in Chicago geteilt wird: "Es ist an der Zeit, die bestürzende Möglichkeit zu bedenken, dass gewisse Rinder-Prion-Formen eine ausgeprägte Fähigkeit besitzen, die Artbarriere zum Menschen zu überschreiten."
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Mehr zur Proteineinfaltung von Prionen
Auf science.orf.at
->   Proteineinfaltung von Prionen
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->   Kurzartikel zu den Misch-Prionen auf Nature Science Update
Originalartikel im Nature Magazine unter
Conformational diversity in a yeast prion dictates its seeding specificity. Nature 410, 223¿227 (2001).(kostenpflichtig).
->   Originalartikel im Nature Magazine
->   Graduate Group in Biophysics, University of California
->   Howard Hughes Medical Institute
 
 
 
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01.01.2010