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Das Supernova-Problem: Noch immer ungelöst  
  Wenn besonders massereiche Sterne instabil werden, kollabieren sie und explodieren schließlich in einer unglaublichen Explosion - einer so genannten Supernova, Geburtsstätte so exotischer Objekte wie Neutronensterne oder Schwarze Löcher. Bestehende Theorien wollen die dahinter liegenden Mechanismen eigentlich recht genau erkannt haben, doch eine darauf aufbauende Computersimulation zeigt nun, dass es ganz so einfach wohl doch nicht ist: Die erwartete Explosion blieb nämlich aus.  
Forscher vom Max-Planck-Institut für Astrophysik in Garching haben die nach eigener Aussage "weltweit beste Computersimulationen" zum Gravitationskollaps massereicher Sterne durchgeführt.

Doch obwohl dabei die Wechselwirkungen von Elementarteilchen mit bislang unerreichter Genauigkeit berücksichtigt worden sei, gelang es dennoch nicht, Supernova-Explosionen im Modell nachzuvollziehen, erklärte das Max-Planck-Institut in einer Aussendung.
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"Still no Explosion: What is Missing?"
Der Artikel "Improved Models of Stellar Core Collapse and Still no Explosions: What is Missing?" von R. Buras, M. Rampp, H.-Th. Janka, und K. Kifonidis erscheint in einer der kommenden Ausgaben des Fachmagazins "Physical Review Letters".
->   Abstract des Artikels in xxx.uni-augsburg.de
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Massereiche Sterne kollabieren zu Neutronensternen
Sterne mit einer Masse von mehr als dem Zehnfachen der Sonne entwickeln Zentralbereiche aus Eisen. Diese werden schließlich instabil und kollabieren unter ihrer eigenen Schwerkraft zu Neutronensternen.

Im Innern solcher Neutronensterne herrschen anfangs extrem hohe Temperaturen von weit über 100 Milliarden Grad. Bei solch extremen Bedingungen werden durch Teilchenreaktionen in riesiger Zahl so genannte Neutrinos erzeugt.
Welche Ursache hat eine Supernova?
Die Elementarteilchen sind elektrisch neutral und besitzen eine Masse von weniger als einem Millionstel eines Elektrons. Nach vielen Wechselwirkungen gelingt es ihnen schließlich, aus dem dichten Zentrum zu entweichen.

Bevor sie den Stern jedoch verlassen, übertragen sie einen kleinen Teil ihrer Energie an die immer noch zusammenstürzende Sternmaterie außerhalb des Neutronensterns. Dieses Neutrinoheizen gilt als Ursache für die gewaltige Supernova-Explosion, eines der hellsten Ereignisse im Universum.
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Warum sind Supernovae so wichtig?
Supernovae sind die Geburtsstätten von Neutronensternen und Schwarzen Löchern. Sie erzeugen zudem auch chemische Elemente wie Eisen, Silizium und Sauerstoff, ohne die es weder Planeten wie die Erde noch menschliches Leben gäbe. Ein genaues Verständnis des Mechanismus, der die Explosion auslöst, ist deshalb von grundlegender Wichtigkeit für eine Vielzahl astrophysikalischer Fragen.
->   "Wie explodieren massereiche Sterne?" in www.mpg.de
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Überprüfung der Theorie mittels Simulation
Eine Gruppe von Wissenschaftlern am Max-Planck-Institut für Astrophysik hatte sich das Ziel gesetzt, die bestehende Theorie mit bislang unerreichter Genauigkeit zu überprüfen.

Mit Hilfe eines neu entwickelten Computerprogramms wurden dazu Simulationen auf dem größten deutschen Supercomputer, dem IBM "Regatta" Parallelrechner des Rechenzentrums der Max-Planck-Gesellschaft in Garching, durchgeführt.
Erzeugung und Wechselwirkungen von Neutrinos
Mehrere hunderttausend Billionen Rechenoperationen waren notwendig, um erstmals die Erzeugung und Wechselwirkungen von Neutrinos mit großer Genauigkeit zu verfolgen. Auch die Rotation des kollabierenden Sterns und so genannte anisotrope Plasmabewegungen wurden berücksichtigt.

Die zuletzt erwähnten Vorgänge waren in früheren Modellrechnungen bereits als hilfreich für die Explosion erkannt worden, da sie einerseits den Energietransport im Neutronenstern beschleunigen, andererseits den Energieübertrag durch Neutrinos auf das umgebende stellare Gas erhöhen.
Das Ergebnis: Keine Explosion
Das Ergebnis der Supernova-Simulationen war allerdings für die Forscher eine Enttäuschung - denn die Modelle zeigten keine Explosionen. "Dieses negative Resultat erschüttert das weitgehend akzeptierte Bild vom Beginn der Explosion", heißt es in der Aussendung.
->   Eine Simulation als MPEG-Film
Alte Probleme im neuen Licht
Die Theorie müsse also ihre Vorstellungen revidieren und neu durchdenken. Für die Garchinger Wissenschaftler bleiben viele offenen Fragen: Was fehlt in den gegenwärtigen Modellen? Verstehen wir die Eigenschaften von Materie bei Neutronensterndichten hinreichend gut?

Verstehen wir, wie Neutrinos mit den Teilchen des dichten Plasmas wechselwirken? Sind dreidimensionale Effekte wichtig und erfassen somit die momentanen Simulationen in zwei Raumdimensionen entscheidende Physik nicht? Und schließlich: Kann man Magnetfelder wirklich vernachlässigen, wie dies im Augenblick geschieht?

"Die aktuellste Generation hochgenauer Supernova-Modelle lässt diese Probleme in neuem Licht erscheinen", schreiben die Wissenschaftler. Die ungelösten Rätsel der Supernova-Theorie werden Astrophysiker, Kernphysiker und Teilchenphysiker wohl noch für viele Jahre beschäftigen.
->   Max-Planck-Institut für Astrophysik
->   Alles zum Stichwort Supernova in science.ORF.at
 
 
 
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01.01.2010