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Herrscherkult der Antike  
  Einen sakralen Rundbau haben österreichische Archäologen im türkischen Limyra freigelegt. Der Altar und die Bauinschrift zu dem Gebäude sind bis jetzt aber noch nicht gefunden worden. Die Wissenschaftler versuchen nun, mit Hilfe historischer Schriften und kunstgeschichtlicher Vergleiche die Bedeutung des Gebäudes zu entschlüsseln.  
Die Grabung in Limyra liegt südwestlich der türkischen Hafenstadt Antalya. In der Antike war Limyra Residenzstadt von Lykien gewesen. Geographisch lag das Königreich Lykien am Schnittpunkt der drei antiken Weltmächte: Persien, Ägypten und Griechenland. Das diplomatische Geschick der Lykier und die militärstrategische Bedeutung der Stadt hat Limyra auch unter fremder Herrschaft eine relative Autonomie gewährt.

 


Auszüge aus dem Stadtplan von Limyra
Ein keltischer Fußring als Indiz
Jurgen Borchhardt, Leiter der österreichischen Grabung, datiert das Heiligtum in Limyra auf das 3. Jhd. v. Chr. Er vermutet, dass es dem ägyptischen Heerführer Ptolemaios I gewidmet war. Denn Lykien wurde von Alexandrien verwaltet und Limyra als Garnisonstadt ausgebaut. Die ägyptische Armee verteidigte die Stadt gegen feindliche Gallater und Kelten, die aus Norden über das Hochland von Anatolien vorgedrungen waren. Zum Dank erbauten die Bürger von Limyra einen Tempel, den sie Ptolemaios I. weihten.

Diese These wird bestätigt durch einen keltischen Fußring, der in der benachbarten Hafenstadt Finike gefunden worden ist und auf das 3. Jhd. v. Chr. datiert werden konnte.
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Jürgen Borchhardt ist Vorstand des Institutes für klassische Archäologie der Universität Wien. Als Mitglied der Deutschen Archäologischen Gesellschaft forschte er seit 1969 in Limyra. Mit seiner Berufung an die Universität Wien 1982 hat er die Grabungslizenz mitgebracht, die nach türkischem Recht personengebunden ist. Limyra zählt heute zu den großen archäologischen Projekten Österreichs im Vorderen Orient.
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Limyra vergleichbar mit bedeutendsten Bauten der Antike
Die Architektur des Ptolemaions in Limyra lässt sich mit dem Philippeion im griechischen Olympia vergleichen. Dieser Tempel verherrlichte Alexander den Großen und seine Familie und ist eines der bedeutendsten Herrscherkultbauten der Antike.

Während der jüngsten Grabungskampagne im Sommer 2000 fanden die Archäologen einen Pferdekopf. Er ergänzt die Fragmente eines kolossalen Rosses, das von seinem Reiter am Halfter geführt wird. Ross und Krieger waren ein Weihegeschenk für den Tempel. Sie verweisen auf die in Limyra stationierte Kavallerie von Ptolemaios III.
Die Schweiz der Antike
Limyra liegt zwischen dem schneebedeckten Taurus ¿ Gebirge und der Mittelmeerküste. Die Hügel um die Stadt waren in der Antike dicht bewaldet gewesen. Die Häuser der Lykier waren aus Holz gebaut. Den Beweis liefern die Hausgräber der Lykier. Sie kopieren die Siedlungsarchitektur der Stadt in Stein.

In den sieben Nekropolen von Limyra spiegelt sich auch die religiöse Toleranz der Bewohner wider. Neben den lykischen Traditionen gibt es griechische und persische Bestattungsformen.

 
Die Grabinschriften sind in lykischer, griechischer und aramäischer Sprache.


Eine beispielgebende Verfassung
Die politische Verfassung der Lykier ist von dem antiken Autor Strabon aufgezeichnet worden. Er dokumentiert, dass der lykische Staatenbund dezentral organisiert war und die Gewaltenteilung verfassungsmäßig verankert hatte. Diese Schriften haben noch Politiker und Philosophen der Neuzeit beschäftigt. Der Aufklärer und Philosoph Montesquieu und der Amerikanische Präsident George Washington beziehen sich in ihren Schriften auf die Lykier.
->   Mehr Informationen über die Ausgrabungen in Limyra
 
 
 
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01.01.2010