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Wechselwirkungen von Medikamenten  
  Werden mehrere Medikamente gleichzeitig eingenommen, so können sie sich in ihrer Wirkung gegenseitig beeinflussen: Wirkung und Nebenwirkungen der Medikamente können verstärkt, abgeschwächt oder neutralisiert werden. Dies kann ungewollt positive Effekte haben, oder aber den Heilungserfolg in Frage stellen und gar zu lebensbedrohlichen Symptomen führen. Der Ö1-Radiodoktor ging der Frage nach: Was passiert bei der Einnahme mehrerer unterschiedlicher Medikamente gleichzeitig?  
Wechselwirkungen können nicht nur von rezeptpflichtigen Medikamenten hervorgerufen werden, sondern auch von Arzneien, die oft in der Selbstmedikation verwendet werden. So können z.B. Mittel gegen Sodbrennen die Aufnahme anderer Arzneistoffe oder Vitamine hemmen.

Ständig eingenommene Abführmittel führen zu einem starken Kaliumverlust, der zu einer Wirkungsverstärkung anderer Arzneimittel oder sogar zu Vergiftungserscheinungen führen kann.
Unbewusstes Risiko
Viele Menschen sind sich dieser Wechselwirkungen aber nicht bewusst und achten daher auch nicht darauf, wenn sie zusätzliche neue Medikamente verschrieben bekommen oder aus aktuellen Gründen - wie z. B. Schmerzen - zur Selbstmedikation schreiten.
Das Grundproblem
Die meisten Medikamente werden in der Leber durch Enzyme verändert, um danach über die Niere oder Galle ausgeschieden zu werden. Werden nun zwei Medikamente vom selben Enzym abgebaut, so bleiben sie länger im Körper als vorgesehen - als Folge können Vergiftungserscheinungen auftreten.
Formen der Wechselwirkungen
Wechselwirkungen zwischen Medikamenten können an verschiedenen Punkten auf dem Weg zwischen der Einnahme eines Medikamentes und seiner Wirkung auftreten:

Bei den so genannten pharmakokinetischen Wechselwirkungen beeinflussen zwei Medikamente untereinander jeweils Vorgänge, die zur Aufnahme der Wirkstoffe aus dem Magen-Darm-Kanal, ihrer Verteilung im Körper und Verstoffwechslung oder aber ihrer Ausscheidung führen. Es geht also darum, wie der Organismus den Arzneistoff verarbeitet.

Bei den so genannten pharmakodynamischen Wechselwirkungen kommt es an Bindungsstellen der Medikamente am Wirkort zu einer wechselseitigen Beeinflussung.
Positive Wechselwirkungen
Manchmal macht sich die Beeinflussung aber auch positiv bemerkbar. Medikamente können sich in ihrer Wirkung steigern, während die Nebenwirkungen der einzelnen Stoffe schwächer ausfallen. Diese Erkenntnis nutzt man, indem man diese Wirkstoffe bereits in festen Dosierungen in einer Tablette kombiniert
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Zu langsam oder zu schnell
Gehemmter Abbau: Wenn Medikament A das Enzym, das für den Abbau von Medikament B verantwortlich ist, hemmt, liegt Medikament B in höherer Konzentration im Blut vor als gewünscht. Dadurch kann sich die Wirkung von B verstärken oder verlängern. Auch die entsprechenden Nebenwirkungen können stärker und häufiger auftreten. Sogar Vergiftungen sind möglich. Wenn Sie beide Medikamente zur gleichen Zeit benötigen, muss Medikament B daher geringer dosiert werden.

Zu schneller Abbau: Wenn Medikament A die Menge des Enzyms, das für den Abbau von Medikament B verantwortlich ist, steigern kann, wird Medikament B schneller abgebaut, als seine Wirkung einzutreten vermag. Der Arzt wird in diesem Fall die Dosis von Medikament B erhöhen.
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Bekannte und unbekannte Wechselwirkungen
Die blutverdünnende Wirkung von Aspirin ist ja bekannt und wird auch absichtlich genützt. Dass diese durch die gleichzeitige Einnahme bestimmter Rheumamedikamente aber beeinträchtigt werden kann, wahrscheinlich weniger.

Frauen, die rauchen und die Antibabypillen nehmen, haben ein deutlich erhöhtes Herzinfarkt- und Schlaganfallrisiko auf Grund der Wechselwirkungen von Nikotin und der Inhaltstoffe der Antibabypille.

Dass Johanniskraut eine Auswirkung auf die Enzymbildung in der Leber hat und dadurch andere Arzneistoffe beschleunigt abgebaut werden und so ihre Wirkung gemindert wird, wissen wahrscheinlich nur wenige, die sich dieses homöopathischen Mittels bedienen.
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Auch Nahrung beeinflusst Wirkungsweise
Nahrung kann die Wirkung von Medikamenten auf vielfältige Weise beeinflussen. Die Wirkstoffe gelangen zum Beispiel aus einem leeren Magen schneller in den Dünndarm, als wenn ihnen schwer verdauliche Nahrungsmittel den Weg dahin versperren. Anders ist es mit fettlöslichen Stoffen wie Vitaminen. Sie benötigen Gallensäure, um im Darm aufgenommen zu werden. Außerdem kann die Nahrung ein Arzneimittel so verändern, dass es nicht mehr wie gewünscht wirkt.
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Ernährung und Medikamenteneinnahme
Medikamente sollten immer mit ausreichend Flüssigkeit (reinem Wasser) eingenommen werden. Zu wenig Flüssigkeit kann auf die Dauer zu Geschwüren in der Speiseröhre führen.

Auch Lebensmittel können die Wirkung und Wechselwirkungen von Medikamenten beeinflussen. Hier einige Beispiele: Antibiotika sollen nicht zusammen mit Joghurt eingenommen werden, da Minerale wie Kalzium und Magnesium die Aufnahme der enthaltenen Wirkstoffe hemmen oder gar verhindern. Auch auf die tägliche Tasse Kaffee sollte bei der Einnahme von Antibiotika verzichtet werden, da sie die Wirkung des Koffeins verstärken.

Im Grapefruitsaft enthaltenen Flavonoide lassen die Wirkung zahlreicher Medikamente ansteigen und können z.B. Bluthochdruck auslösen. Dies gilt auch für Bitterorangen, die in manchen Orangenkonfitüren und -marmeladen enthalten sind.

Walter Gerischer-Landrock, Ö1-Radiodoktor
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Ö1-Radiodoktor: Infomappe bestellen
Eine kostenlose Infomappe zur Sendung vom 16.6.03 kann bestellt werden unter: ORF Redaktion Radiodoktor, Postfach 1000, Kennwort Wechselwirkungen, 1040 Wien oder E-Mail: radiodoktor@orf.at

Die Experten bei "Radiodoktor" Wolfgang Enenkel:
- Michael Freissmuth, Vorstand des Institutes für Pharmakologie der Medizinischen Fakultät der Universität Wien
- Max Wellan, Vizepräsident der Wiener Apothekerkammer
- Rolf Jens, praktischer Arzt
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->   Wechselwirkungen zwischen Medikamenten und Nahrungsmitteln (APO-net)
->   Mehr über Medikamente in science.ORF.at
 
 
 
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01.01.2010